Predigt zum 5. Sonntag nach Trinitatis, 9. Juli 2023

Liebe Schwestern und Brüder,

zu Beginn des Johannesevangeliums wird berichtet, wie Jesus von Johannes dem Täufer getauft wird. Danach kommen die ersten Jünger auf Jesus zu und folgen ihm nach.

Davon erzählt jetzt Johannes:

Johannesevangelium 1, 35-51 (Übersetzung: Hoffnung für alle)

Die ersten Jünger von Jesus

35 Johannes der Täufer und zwei seiner Jünger waren am nächsten Tag wieder an dieser Stelle, 36 als Jesus vorüberging. Da schaute Johannes ihn an und sagte: »Seht, dies ist Gottes Opferlamm!« 37 Als die beiden Jünger das hörten, folgten sie Jesus. 38 Jesus drehte sich zu ihnen um, sah sie kommen und fragte: »Was sucht ihr?« Sie antworteten: »Rabbi, wo wohnst du?« 39 »Kommt mit, dann werdet ihr es sehen!«, sagte Jesus. Also gingen sie mit Jesus dorthin, wo er wohnte. Es war ungefähr vier Uhr nachmittags, und sie blieben bei ihm bis zum Abend. 40 Einer der beiden, die Jesus auf das Wort von Johannes hin gefolgt waren, hieß Andreas. Er war der Bruder von Simon Petrus. 41 Wenig später traf er seinen Bruder Simon und erzählte ihm: »Wir haben den Messias gefunden, den von Gott versprochenen Retter!« 42 Dann nahm Andreas seinen Bruder mit zu Jesus. Der sah ihn an und sagte: »Du bist Simon, der Sohn von Johannes. Von jetzt an sollst du Petrus heißen!«

Jesus beruft Philippus und überzeugt Nathanael

43 Als Jesus am nächsten Tag nach Galiläa gehen wollte, traf er unterwegs Philippus. Auch ihn forderte er auf: »Komm, folge mir nach!« 44 Philippus stammte wie Andreas und Petrus aus Betsaida. 45 Später begegnete Philippus Nathanael und erzählte ihm: »Wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz geschrieben hat und den die Propheten angekündigt haben. Es ist Jesus aus Nazareth, der Sohn von Josef.« 46 »Nazareth?«, entgegnete Nathanael. »Was kann von da schon Gutes kommen!« Doch Philippus antwortete ihm: »Komm mit und überzeuge dich selbst!« 47 Als Jesus Nathanael erblickte, sagte er: »Hier kommt ein wahrer Israelit, ein ganz und gar aufrichtiger Mensch!« 48 Nathanael staunte: »Woher kennst du mich?« Jesus erwiderte: »Noch bevor Philippus dich rief, habe ich dich unter dem Feigenbaum gesehen.« 49 »Rabbi, du bist wirklich Gottes Sohn!«, rief Nathanael. »Du bist der König von Israel!« 50 Jesus sagte: »Das glaubst du, weil ich dir gesagt habe, dass ich dich unter dem Feigenbaum sah. Aber du wirst noch viel größere Dinge zu sehen bekommen.« 51 Und er fuhr fort: »Ich sage euch die Wahrheit: Ihr werdet den Himmel offen und die Engel Gottes hinauf- und herabsteigen sehen zwischen Gott und dem Menschensohn!«

Es ist ein langer Text, der viele Begebenheiten Jesu mit den Jüngern schildert. Ich möchte gerne auf drei kurze Worte aus diesen Versen eingehen. Sie erscheinen mir als das innere Motiv dieser Verse.

Die Jünger folgen Jesus nach, als er vorbeikommt. Sie gehen einfach hinter ihm her. Das bleibt natürlich nicht unbemerkt von Jesus. Er kennt sie ja und fragt sie: „Was sucht ihr?“

„Was sucht Ihr?“ -  Über genau diese drei Worte möchte ich gerne ein paar Gedanken mit Ihnen teilen. Was sucht Ihr? Was suchst Du? Oder anders gefragt: Wonach sehnst Du Dich? Was ist Dir wichtig? - Gesundheit, Frieden, natürlich die Dinge, die unser Leben grundsätzlich bestimmen, ein sicheres Auskommen, eine gute Versorgung im Alter, Arbeit, eine gute und sinnerfüllende Arbeit, vielleicht auch schlicht ein wenig Ruhe, ein guter Schlaf, eine hoffentlich kühle Nacht und am Morgen einen guten Appetit und eine gesunde Verdauung… warum nicht. Wenn der Körper nicht ganz rund läuft, ist es auch für die Seele schwer.

 Ich möchte noch einmal prägnanter fragen, so wie es wohl auch die Jünger getan haben, als sie Jesus sahen:

„Was sucht Ihr von Jesus?“ Denn die Jünger sahen Jesus und folgten ihm nach. Johannes der Täufer sagte noch, das sei Gottes Lamm.

„Was sucht Ihr von Jesus? Was sucht Ihr vom Glauben?“ - Was sucht Ihr im Glauben, wenn Ihr Jesus nachfolgt? Es sind eigentlich ganz einfache Fragen, doch manchmal ist es gar nicht so einfach, sie zu beantworten.

Ich versuche es mal: Der Glaube an Jesus gibt mir die Gewissheit, dass er mich im Leben begleitet. Er geht mit.

Sie kennen die Liedverse: “Ich möcht‘, dass einer mit mir geht, der‘s Leben kennt, der mich versteht, der mich zu allen Zeiten kann geleiten. Ich möcht, dass einer mit mir geht.“ Gott geht mit. Er begleitet uns im Leben.

Ein guter Freund sagte mir, Gott sei für ihn eine schöpferische Lebenskraft, die er überall in der Natur wahrnimmt. Eine immer wieder Leben schaffende Kraft, aus der wir täglich leben.

Jemand anderes versteht das Leben als einen langen Pilgerweg. Für ihn ist Gott eine begleitende Geisteskraft, die ihn auf diesem Pilgerweg begleitet und immer bei ihm ist.

Für eine Freundin, die sehr gerne meditiert, ist Gott dagegen die große Stille, so wie man sie auch immer wieder in Klöstern erlebt. Eine Stille, ein innerer Frieden, ein Gefühl des Aufgehoben-Seins, das sich beim stillen Gebet, bei der Meditation einstellt.

Glauben und Nachfolge Jesu lebt von der Gemeinschaft.

„Was sucht Ihr in der Kirche?“ - Das wäre meine dritte und letzte Frage. Auch hier gäbe es wohl viele Antworten, sehr verschiedene Antworten. Jede und jeder von uns hat in ihrem oder seinem Leben verschiedene Gemeinden, Kirchen oder auch Prediger*innen erlebt, in ganz verschiedenen Lebenslagen, zu ganz unterschiedlichen Zeiten.

Im Johannesevangelium ist es ganz klar, wie wir Jesus nachfolgen können. Es ist einfach, weil Johannes sagt: „Folgt dem Licht und ergreift es. Folgt Jesus nach und bekennt euch zu ihm.“

Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Er ist das Licht, das Brot, die Tür, der Weinstock, der gute Hirte sowie die Auferstehung und das ewige Leben.

Jesus ist vieles und kann vieles für uns sein, vor allem der gute Hirte. Gestern Abend haben wir in der Klinikkapelle in Schwabach neue textile Vorhänge aus unserer Paramentenwerkstatt vorgestellt. Die Kapelle sieht richtig toll aus. Ein Vorhang hat den Psalm 23 zum Thema: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln…

Das sind Worte, die uns mit Jesus, mit Gott verbinden, Worte der Geborgenheit und des Trostes, Worte, die eine tiefe innere Beziehung zu Gott ausdrücken, etwas, das nur der Glaube vermag.

Dazu geben Räume, geben Kirchen besondere Gelegenheit. Kirchen sind besondere Räume, abgeschlossen für sich, sie geben Raum zum Gebet, zur Stille, aber auch zum Musizieren und Singen. Sie sind Räume, in denen wir uns sammeln, als Gemeinschaft zusammenkommen und uns auf Gott ausrichten können.

Denn die Jünger in unserer Erzählung fragen danach, wo Jesus wohnt. Der Evangelist Johannes zitiert diese Worte nicht zufällig. Später lesen wir von Jesus, wie er sagt: In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen. Und diese Wohnungen stehen uns allen offen. Sie sind zwischen Himmel und Erde, sie sind in uns und doch himmlisch, nicht von dieser Welt.

Jesus sagt: »Ich sage euch die Wahrheit: Ihr werdet den Himmel offen und die Engel Gottes hinauf- und herabsteigen sehen zwischen Gott und dem Menschensohn!« - Diese Verse erinnern an das Alte Testament, an Jakobs Traum von der Himmelsleiter, wie die Engel Gottes auf- und abstiegen. Der Ort bekam den Namen Bethel – Haus Gottes.

Das Haus Gottes ist nun nicht mehr ein Stück Land, sondern es ist Jesus selbst, in dem Gott wohnt, in dem Gott sich zeigt. Jesus ist die Verbindung zu Gott. Er verbindet Himmel und Erde, das Reich Gottes mit dieser Welt.

Wer seiner Sehnsucht nachspürt und nachfolgt, den Glauben erprobt und pflegt, sich bei Gott weiß, der lässt sich gerne in die Nachfolge rufen, die lässt sich gerne in den Dienst Jesu nehmen.

Jesus spricht zu ihnen: „Kommt mit, dann werdet ihr es sehen!“, und ihnen ist verheißen: „Gutes und Barmherziges werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“

Amen.

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