Predigt vom 2.Sonntag nach Trinitatis, 21. Juni 2020

Predigt zu Matthäus 11, 25-30; 2. Sonntag nach Trinitatis, 21.06.2020, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Andreas Wahl

Unser Predigttext steht im Matthäusevangelium im 11. Kapitel:

25 Zu der Zeit fing Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies Weisen und Klugen verborgen hast und hast es Unmündigen offenbart.

26 Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen.

27 Alles ist mir übergeben von meinem Vater, und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.

28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.

30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Liebe Schwestern und Brüder,

ich vermute, Sie alle wissen, was ein Joch ist. Dieser schwere Holzbalken, der einem oder zwei Tieren, meistens Ochsen, auf die Schultern gelegt wird, damit eine große Last, ein Wagen oder ein Pflug, gezogen werden kann. Ich kenne solche Gespanne eigentlich nur aus Kindertagen von Festumzügen, bei denen Pferde oder Ochsengespanne unter das Joch genommen wurden. Und es hat mich damals sehr fasziniert. Diese enorme Kraft, die zwei Ochsen haben, das ist schon sehr beeindruckend! Zugleich aber haben mir die Tiere auch immer ein wenig leid getan.

Das sah doch sehr schwer aus! Die Tiere können übrigens von Menschen durch das Joch besser oder überhaupt erst gelenkt werden, und auf diese Weise können die Tiere etwas leisten, was sie ohne das Joch nicht schaffen könnten. Wie sonst sollten sie einen Wagen bewegen oder einen Pflug ziehen? Ich habe mir sagen lassen, dass es den Tieren, seien es Ochsen, Kühe oder auch Pferde, keine Schmerzen bereitet, das Joch zu tragen, aber ich vermute, dass es dennoch auch für sie sehr anstrengend ist.

Nicht ohne Grund spricht man auch davon, Menschen zu unterjochen, wenn man ihnen eine große Last auferlegt und sie so fest einspannt, dass sie keine Freiheit mehr haben.

Liebe Schwestern und Brüder, Sie merken, ich bin am Bild des Jochs hängen geblieben, das Jesus hier in unserem Predigttext verwendet. Und ich gestehe: Dieses Bild vom Joch hat mir schon immer Schwierigkeiten gemacht, seit Kindertagen, wenn Jesus zu uns sagt: Nehmt auf euch mein Joch.

Ich möchte nicht unterjocht werden. Weder damals als Kind im Kindergottesdienst, noch heute als erwachsener Mensch. Und das Bild, das ich von Gott und von Jesus Christus habe, das passt auch nicht mit einem Joch zusammen.

Und so habe ich in den vergangenen Tagen versucht, die beiden Dinge, Joch und Evangelium, zusammenzubringen. Die Last, die Christus uns abnehmen will und die Last, die wir von ihm übernehmen sollen. Letztlich geht es dabei um Nachfolge. Christus ruft uns in seine Nachfolge. Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Dieser Ruf Jesu steht am Anfang. Jesus ruft uns aus dem alten Leben heraus mit seiner Last und seiner Mühe und lädt uns ein, ihm nachzufolgen. Er verheißt Befreiung und Erleichterung und Ruhe für die Seele. Und zugleich lädt er uns ein, von ihm zu lernen. Von ihm zu lernen und sein Joch zu tragen, seine Last zu schultern.

So kann man denn fragen: Was ist der Unterschied zur ersten Last, von der er uns doch befreien wollte? - Ich musste dabei an Lasten denken, die ich in meinem Leben tragen musste, im übertragenen Sinn und im ganz realen. Schwierigkeiten in meinem Leben, mit denen ich klar kommen musste, oder die ich lernen musste auszuhalten, und Lasten, Gewichte, die man aufheben, tragen, bewegen soll und muss.

Und ein Beispiel ist mir eingefallen, das den Unterschied der verschiedenen Lasten vielleicht gut veranschaulicht. Vor 1,5 Jahren sind meine Frau und ich Eltern geworden. Drei Tage nach der Geburt habe ich als stolzer Vater die beiden aus dem Krankenhaus abgeholt. Jetzt muss man wissen, dass beim Klinikum Bamberg, wo unser Sohn geboren ist, die Parkplatzsituation schwierig ist. So musste ich mit der Babyschale ein ganz schönes Stück laufen. Der Hinweg war noch nicht so schwer, aber auf dem Rückweg aus der Entbindungsstation durch das große Klinikum, über das weitläufige Gelände, die Straße entlang, bis wir den Parkplatz erreicht hatten, wurde der Weg ganz schön lang. Plötzlich war das neugeborene Baby in seiner Babyschale und dem Koffer mit den restlichen Sachen ganz schön schwer. Aber war das eine schwere Last? Nein, im Gegenteil: Es war etwas sehr Besonderes, unser neugeborenes Kind nach Hause holen zu dürfen, nachdem die Geburt gut gelaufen war und wir unseren Sohn gesund in den Armen halten durften. Wenn auch körperlich anstrengend, war das Tragen keine Last, sondern ein Segen.

Eine Last wäre gewesen, dieselbe Strecke zwei Getränkekästen zu tragen.

Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

Manche schwere Last in unserem Leben kann uns belasten, uns niederdrücken, ja uns vielleicht sogar erdrücken:

  • · physische und psychische Krankheiten und Gebrechen, die uns die Freude am Leben nehmen
  • · der Abschied von einem Menschen, mit dem auch ein Stück in uns stirbt
  • · vergiftete Konflikte und Strukturen in Familie oder Beruf
  • · oder andere belastende Situationen, welchen Namen sie auch immer tragen mögen

Bei solchen Lasten will Gott uns beistehen. Er will uns helfen zu tragen, was uns zu schwer ist. Er will uns erquicken, neue Kraft und Lebensmut geben. Wie bei einer Rast auf einer langen Wanderung. Den schweren Rucksack für einen Moment vom Rücken nehmen und sich erfrischen und erholen.

28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. 29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. 30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Dasselbe Gewicht, das man trägt, kann erdrückend schwer sein oder federleicht, ja, es kann ein Segen sein. Es kommt ganz darauf an, aus welcher Perspektive man darauf schaut.

Ich musste dabei an eine Geschichte denken, die ich Ihnen zum Abschluss mitgebracht habe:

Vor langer Zeit kam ein Wanderer an einem Steinbruch vorbei. Er sah einen Arbeiter, der Steine klopfte, er hielt an und fragte ihn: „Was machst Du da?“„Siehst Du das nicht? Ich klopfe Steine!“ antwortete der Mann. Der Wanderer ging weiter, und er traf einen anderen Mann, der im selben Steinbruch arbeitete. Er fragte wieder: „Was machst Du da?“ Dieser sagte: „Ich verdiene hier mein täglich Brot, ich muss meine Familie ernähren.“ Als der Wanderer gerade den Steinbruch verlassen wollte, sah er einen Mann, der sang, während er die Steine klopfte. Überrascht und neugierig ging er zu ihm hin und fragte: „Was machst Du da?“ Jener hob den Kopf und sagte: „Ich baue einer Kathedrale.“

Steine klopfen, die Familie ernähren oder eine Kathedrale bauen. So unterschiedlich kann ein und dieselbe Arbeit - oder soll ich sagen, ein und dieselbe Last - wahrgenommen werden

28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. 29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. 30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Liebe Schwestern und Brüder, lassen wir uns rufen in die Nachfolge Jesu. Im festen Vertrauen auf die Verheißung, dass er uns tragen hilft und keine Last zu groß sein lässt, als dass wir sie nicht im Vertrauen auf seine Gegenwart und Begleitung tragen könnten. Wollen wir uns immer wieder daran erinnern, dass wir in seiner Nachfolge das Größte tun, was ein Mensch tun kann, nämlich am Reich Gottes mitbauen. 

AMEN

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