Predigt vom Sonntag Exaudi, 24. Mai 2020

Predigt zu Jeremia 31, 31ff; Sonntag Exaudi, 24.05.2020, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Andreas Wahl

Liebe Schwestern und Brüder,

ich habe Ihnen heute eine Computer- Festplatte mitgebracht. Sie ist der Teil im Computer, auf dem alle Informationen gespeichert sind. Es ist das Herz eines Computers. Ohne die Festplatte geht es nicht.

Sie müssen dazu wissen, dass ich vor ein paar Monaten ein Virus auf meinem Computer hatte. Das führte dazu, dass der Computer nicht mehr richtig funktionierte. Manchmal schaltete er sich einfach aus und die Arbeit von mehreren Stunden war plötzlich weg. Gelöscht. Und das passierte immer wieder. Ich versuchte, dem Computervirus durch Anti-Viren-Programme Herr zu werden, aber das gelang mir nicht. Immer wieder dasselbe Problem. So blieb mir nur, den Ratschlag eines befreundeten Informatikers zu befolgen, nämlich die ganze Festplatte zu löschen und neu zu formatieren. Die Festplatte zu formatieren bedeutet, dass damit alle Informationen gelöscht sind. Erst einmal war alles weg. Die Festplatte war komplett leer, aber auch das Computervirus besiegt.

Danach musste ich die Programme und andere Dateien in einem längeren Prozess wieder auf die Festplatte spielen, wobei ich allerdings überlegen konnte, welche Programme ich noch brauchte und welche nicht. Ach, dachte ich mir, wenn das bei uns Menschen doch auch so leicht ginge! „Alte Programme“ und Muster unseres Handelns einfach löschen und durch neue ersetzen. Alte Angewohnheiten, alte Probleme, Bosheiten, alte Schuld, alte Verletzungen, Scheitern, Verzweiflung und Angst, alles was auf unserem Herzen lastet - alles einfach löschen. Tabula rasa. Wie bei einem unbeschriebenen Blatt neu beginnen.

Aber wie würden wir dann, also danach, leben? Würden wir dann nicht doch wieder dort weitermachen, wo wir aufgehört haben? Mit den alten „Dateien“, wie bei meinem Computer? Bräuchten wir dann nicht auch neue Programme?

Vielleicht dachte Gott dasselbe, als er einen neuen Bund mit seinem Volk verheißen hat?

Ich lese unseren heutigen Predigttext aus dem Propheten Jeremia aus dem 31. Kapitel:

Jeremia 31, 31ff

31 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, 32 nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den sie gebrochen haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der Herr; 33 sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der Herr: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. 34 Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den Herrn«, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der Herr; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.

Die Verheißung eines neuen Bundes, denn den alten Bund haben die Menschen gebrochen. Im Hebräischen heißt es wörtlich: „Dass sie selber diesen meinen Bund trennen konnten.“ Beim ersten Bund konnte der Mensch also Gott hinter sich lassen, er konnte sich von Gott trennen. Das lag daran, weil es ein Bund von außen war. Der erste Bund zwischen Gott und den Menschen, dem Volk Israel, beinhaltete viele Gesetze, Vorschriften, Gebote, die Teil des Bundes waren. Bedingungen, an denen man eben auch scheitern kann. Aus Schwachheit, Trotz oder Bosheit. Auch wenn man sich noch so viel Mühe gibt, wenn man es so sehr versucht und sich immer wieder neu bemüht. Die Menschen sind daran gescheitert.

Bei dem neuen Bund, den Gott durch die Worte des Propheten verheißt, werden keine äußeren Bedingungen mehr nötig sein. Beim neuen Bund heißt es:

Ich gebe meine Weisungen in ihr Inneres,

auf ihr Herz will ich sie schreiben,

so werde ich Ihnen zum Gott

und sie, sie werden mir zu Volk.

Gott will im neuen Bund die Menschen in ihrem Innersten berühren. Auf ihr Herz will er sein Wort schreiben. Damit kommt Gott uns näher als wir uns selbst. Damit kommt Gott uns näher als unsere Schuld, unser Versagen, unsere Zweifel, unsere Angst – bevor all dies nach unserem Herzen greifen kann, ist Gottes Wort, sein Bund, schon da. Wir müssen uns dann auch nicht mehr gegenseitig ermahnen oder ermahnen lassen. Gott selbst wohnt schon in uns.

Wann das sein wird, werden manche jetzt vielleicht fragen. Bei so vielem Schlimmen und Bösen auf der Welt, das Menschen einander antun? Bei dem Leid und den Tränen, denen die Menschen immer noch ausgesetzt sind? Und doch hat es schon begonnen: In Jesus Christus. Gott wurde in ihm selbst Mensch. Er wandte sich all den Menschen zu, die gefangen waren in ihrer Schuld, die ausgeschlossen waren durch die Gesetze und Gebote, die verloren waren in Krankheit, Sorge und Angst.

Im Schrei am Kreuz, „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – in diesem Schrei erlebte, ja erlitt Gott selbst in seinem Sohn die tiefste Menschlichkeit, nämlich die Gottverlassenheit im Sterben. Doch das war eben nicht das Ende. Am Ostermorgen hat dieser Gott eine neue Wirklichkeit ans Licht gebracht. Eine Wirklichkeit, die keine Grenzen mehr kennt. Noch nicht einmal die Grenze des Todes. Am Pfingstfest dann hat Gott den Jüngern seinen heiligen Geist gesandt. Er hat die Jünger erfüllt mit seiner Kraft und Gegenwart. Einer Gegenwart, die nichts mehr ließ wie es war. Die Jünger hatten neue Sprachen und Worte, um das Evangelium Gottes in die Welt zu tragen. Seitdem können wir darauf vertrauen, dass wir in diesen neuen Bund mit hineingenommen sind. Dass Gott uns sein Wort ins Innere gegeben hat:

- Der Trost, der uns aus tiefster Verzweiflung geführt hat, oder den wir an andere Menschen weitergeben durften.

- Die Angst, die unser Herz umklammerte und dann durch ein Gebet, ein Wort oder den Beistand eines anderen Menschen aufgelöst wurde.

- Die Einsamkeit und Traurigkeit, die manchmal unsere Tage dunkel macht und dann von einem göttlichen Licht durchbrochen wird.

All dies sind Momente, in denen wir spüren, dass Gott uns sein Wort ins Innerste, auf unser Herz, geschrieben hat. Dass uns die Verheißung des neuen Bundes gilt:

Gott spricht:

Ich gebe meine Weisungen in ihr Inneres,

auf ihr Herz will ich sie schreiben,

so werde ich Ihnen zum Gott

und sie, sie werden mir zu Volk.

Damit kommt Gott uns näher als wir uns selbst. Damit kommt Gott uns näher als unsere Schuld, unser Versagen, unsere Zweifel, unsere Angst – bevor all dies nach unserem Herzen greifen kann, ist Gottes Wort, sein neuer Bund, schon da.

Halleluja Amen.

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