Predigt vom 2. Sonntag nach dem Christfest, 05. Januar 2020

Predigt zu Jesaja 61, 1-11 (Reihe II+V), 2. Sonntag nach dem Christfest, 5.1.2020, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Peter Schwarz

In meiner niederbayerischen Heimat fragt man Kinder, die man nicht kennt: Wem gehörst du? Nicht der Name ist es, der interessiert, sondern die Herkunft, der Platz und die Familie, zu dem ein Mensch gehört: Wem gehörst du?

Das ist auch die Frage, die uns dieser Sonntag und seine biblischen Lesungen stellen: Jesus, wem gehörst du? Woher kommst du, was ist dein Platz in unserer Welt, in meinem Leben?

Das Evangelium zeigt den heranwachsenden Jesus bei seiner Familie, es zeigt, wie sie ihn im Trubel verlieren und dann wiederfinden im Tempel.

Die Eltern sind mit dem 12-jährigen Jesus auf dem Weg nach Jerusalem, dem Ort, wo alle Sehnsucht und Hoffnung der Frommen des jüdischen Volkes wie in einem Brennglas gebündelt sind. Im Zentrum dieser Stadt, dem Tempel, finden sie ihn wieder und müssen dabei entdecken: Er gehört nicht nur uns. „Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“ Um die Herkunft Jesu und seine Zukunft rankt sich ein Geheimnis. Er gehört zu uns – und ist doch ganz anders.

Die Worte aus dem Buch Jesaja beschreiben das: Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen, zu verkündigen ein gnädiges Jahr des HERRN.“

Die uralte Verheißung sehen wir Christen in Jesus erfüllt. Sie sagt uns, wem er gehört: Jesus Christus gehört zu Gott, weil Gottes Heiliger Geist auf ihm ruht. Eine gute Nachricht für uns und alle Menschen: Sein Platz ist bei uns, bei ihm finden wir Heilung, Freiheit.

Danach sehnen sich Menschen, gerade heute, angesichts der Kriegsgefahr und der Bedrohung unserer Welt. Sind das nur Träume, Sehnsucht von Menschen, die sich danach sehnen, dass sie gewiss werden, wo ihr Platz, ihre innere und äußere Heimat ist. Menschen, die wissen wollen: Wem gehören wir?

Manchmal ist das keine Frage. Manchmal ist Gott fraglos nahe, seine Nähe geradezu spürbar und fühlbar. Aber manchmal scheint ER ganz weit weg. Der Blick auf Gott, das Vertrauen auf ihn – unmöglich, verstellt durch Angst und Sorge, durch das eigene schlechte Gewissen oder durch die Gewissenlosigkeit der Mächtigen.

Darum gehen Menschen auf die Pilgerreise: Weil sie Gott suchen. Doch der Weg zu ihm, die Pilgerreise unseres Lebens, führt uns nicht zurück in die Vergangenheit. Sie führt ins Hier und Heute. Hier und heute schenkt ER Zukunft - indem ER heute bei uns ist, wie ER zu allen Zeiten bei seinen Menschen war.

In der zurückliegenden Zeit unseres Lebens war Gott bei uns, ER ist es in der Gegenwart, und auch in der Zukunft wird Er bei uns sein: Gott lässt sich auf jede Zeit und jeden Menschen ein. Ja, ER geht in die Zeit ein und in unser zeitliches Leben: Sein Geist wohnt auch in uns. Deshalb: Wir gehören ihm! Wir gehören IHM, der unseren Weg mitgeht - den Weg durch die Zeit, den Weg durch dieses Jahr, den Weg unseres Lebens.

Ein schönes Bild, wie sich der 12-Jährige einreiht in die Schar der pilgernden Menschen: Jesus Christus begleitet uns auf unserer Pilgerreise. Keine Zeit sind wir ohne Gott, weil er, Christus, mit uns geht. Eine gewaltige Perspektive für unser Leben, eine großartige Verheißung am Beginn eines neuen Jahres: ER geht mit uns.

Die Eltern Jesu führt die Suche nach Jesus zurück in den Tempel. Dort haben sie ihn als Säugling in die Arme des alten Simeon gelegt, und der und Hanna, die Prophetin, haben Großes über ihn gesagt: Er ist „(…) das Licht, das die Völker erleuchtet, er ist Herrlichkeit für sein Volk Israel.“ Die ganze Hoffnung Israels zusammengefasst in einem Menschenkind, in Jesus von Nazareth.

Nun finden sie ihn nicht mehr als Kind auf den Armen des Simeon, sondern ganz anders: Er sitzt unter denen, „(…) die über dem Gesetz murmeln bei Tag und Nacht (…).“ So beschreibt der Psalm 1 die Frömmigkeit Israels, das geistliche Leben seiner Frommen. Auf die Stimme Gottes hören lernen, indem seine Worte wieder und wieder gesprochen, gemurmelt oder gesungen werden. Auch Jesus lernt so. Mit allen Frommen seines Volkes hört er auf die Stimme Gottes und sucht seinen Willen für heute.

Die Pilgerreise unseres Lebens führt uns zu Gott und sie führt uns zugleich zu uns selbst, denn er wohnt ja schon in uns. Er ist uns nahe, manchmal näher als wir uns selber sind. Im Hören und Wiederholen seines Wortes erfahren wir, wo Jesu Platz ist in unserem Leben. Wollte uns jemand fragen: „Wem gehörst du?“ - die Antwort könnte heißen: „Gott ist mit mir unterwegs, darum gehöre ich zu ihm. Der Geist, den er auf Christus gelegt hat, er wohnt auch in meinem Herzen und führt mich auch durch dieses neue Jahr“. Eine großartige Perspektive für uns und dieses neue Jahr.

Am Ende sehen wir die drei zurückgehen nach Nazareth, in die kleine, enge Stadt in Galiläa. Und damit sind sie wieder in ihrem Alltag: Maria und Josef und Jesus. Josef in seiner Werkstatt, getragen durch sein Können als Handwerker und durch das Kind, dessen Geheimnis er mehr erahnt als versteht. Maria, mit der Sorge um das heranwachsende Kind und mit den Worten über dieses Kind, die sie in ihr Herz aufgenommen hat und dort bewegt. Und Jesus bei ihnen, das göttliche Kind. Gott, der in die Welt gekommen und in unser Leben getreten ist.

Doch nun gehört auch dieses Nazareth mit seinem Alltag Gott. Was Wunder, dass sich die Freude immer wieder Bahn bricht und der Alltag zum Fest wird, weil Gott bei uns ist und wir ihm gehören: „Ich freue mich im HERRN, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet, wie einen Bräutigam mit priesterlichem Kopfschmuck geziert und wie eine Braut, die in ihrem Geschmeide prangt.

Wir wissen, wem wir gehören, und das macht es uns leichter, in dieses neue Jahr zu gehen.

Pfarrer Peter Schwarz, Diakoneo

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