Predigt bei der Christvesper, 24.12.2023

Predigt – „Mary did you know?“

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde!

Kurz war sie heuer, die Adventszeit – nur drei Wochen vom ersten Advent bis zum Heiligen Abend. Und doch hat es wieder dafür gereicht, dass „All I want for Christmas Is you“ von Mariah Carey Nummer eins der Charts weltweit werden konnte – wie schon in den letzten Jahren. Und natürlich sind auch „Last Christmas“ von Wham! und „Driving Home for Christmas“ von Chris Rea und viele, viele andere moderne Weihnachtslieder wieder vertreten. Das sind alles Lieder, die ganz viele Menschen gerne in der Vorweihnachtszeit und an Weihnachten hören. Zur Advents- und Weihnachtszeit gehört Musik einfach zwingend dazu – sie ist mit weihnachtlichen Gefühlen verbunden, sie weckt schöne Erinnerungen oder drückt das aus, was viele Menschen mit Weihnachten verbinden. Vor einigen Jahren habe ich ein modernes Weihnachtslied gehört, das mich seitdem nicht mehr losgelassen hat. Und ich hatte mir fest vorgenommen, mit diesem Lied einmal einen Weihnachtsgottesdienst zu gestalten. Ich freue mich sehr, dass das heute Wirklichkeit wird, weil unser Gospelchor dieses Lied eingeübt und jetzt gesungen hat. Sie finden den englischen Liedtext und eine deutsche Übersetzung auf den letzten Seiten des Liedblattes.

„Mary did you know?“ – „Maria wusstest du?“ – ein moderner Gospelsong, der in den USA entstanden ist, aber inzwischen weltweite Bekanntheit erlangt hat. Der Text wurde 1984 von Mark Lowry gedichtet, einem Singer/Vocalist aus der „Contemporary-Christian-Music“-Szene. Die Bands und Musiker dieser Musikszene machen sogenannte „moderne christliche Musik“ – was in den USA auch ziemlich bekannt und populär ist. Sie haben oft einen kirchlichen Hintergrund, ziemlich oft kommen sie aus einer eher evangelikalen Tradition und sind von den Glaubensinhalten stark bibelorientiert. Mark Lowry ist Baptist und hatte den Auftrag, den Text für ein Krippenspiel an Weihnachten zu verfassen. Die Grundidee seines Songs „Mary did you know“ war, die Fragen aufzuschreiben, die er Maria, der Mutter Jesu, gerne einmal stellen würde, wenn er die Chance hätte, eine Tasse Kaffee mit ihr zu trinken. Diese Fragen ergaben dann die Gliederung für das Krippenspiel. Der Text von Mark Lowry wurde dann 1991 von Buddy Greene, einem anderen Singer/Songwriter aus der CCM-Szene, vertont und von da an immer bekannter. Ganz viele bekannte Künstler*innen nahmen den Song in ihr Repertoire auf – die bekanntesten Coverversionen stammen von Kenny Rogers im Duett mit Wynonna Judd und von den Pentatonix. 1999 wurde der Song zur Grundlage für das Musical „Mary did you know?“, das sogar einen Preis gewann.

Das Lied besteht eigentlich nur aus vielen Fragen, die der Verfasser Maria stellt. „Maria wusstest du, als du deinen Sohn Jesus bei seiner Geburt in den Armen gehalten hast, was aus ihm einmal werden und was er bewirken würde?“, könnte man die Fragen zusammenfassen. Und natürlich sind das alles rhetorische Fragen – also Fragen, auf die keine Antwort erfolgen muss, weil die Antwort klar ist: Nein, Maria wusste es natürlich nicht. Und auch wenn die Antwort klar ist, können uns die Fragen, kann uns das Lied etwas über die Weihnachtsbotschaft sagen, das für uns heute von Bedeutung sein kann.

Ich möchte über zwei Impulse des Liedes gerne mit Ihnen nachdenken:

Der erste Impuls: Weihnachten bedeutet, aus kleinen alltäglichen Ereignissen kann sich etwas Großes entwickeln.

Dieser Grundgedanke von Weihnachten zieht sich durch das ganze Lied: Das kleine neugeborene Baby wird zu einem Menschen, der anderen Menschen in existentiellen Notlagen weiterhilft, der für ihr Leben und später auch für ihren Glauben eine zentrale Bedeutung einnimmt. „Die Blinden werden sehen, die Tauben werden hören, die Toten werden wieder leben, die Lahmen werden springen, die Stummen werden sprechen…“. Jesus heilte Menschen, er wendete sich ihnen auf eine besondere Weise zu und er hatte eine Botschaft, die ihr Leben veränderte. Und er lebte ihnen vor, wie Menschen miteinander leben können, ohne dass Hass und Unfriede ihr Leben zur Hölle macht.

„Mary did you know?“ - Nein, zum Zeitpunkt seiner Geburt wusste niemand, dass dieses Potenzial in Jesus steckte. Und doch veränderte sein Leben die Menschen, es veränderte die Welt. So alltäglich diese Geburt war, steckte in dem Geschehen ein enormes Entwicklungspotential. Das Lied „Mary did you know?“ und die Weihnachtsgeschichte fordern uns dazu auf, dieses Entwicklungspotential auch in anderen Ereignissen und Menschen zu sehen. In einer Begegnung, die wir haben. In Worten, die wir sagen. In etwas, das wir erleben. Alles das trägt das Potential in sich, entscheidende Veränderungen auszulösen.

Ich habe als Führungskraft bei Diakoneo viel mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun. Und ab und zu begegne ich Menschen, die ich bereits kenne und die mir berichten, was ich bei einer früheren Begegnung zu ihnen gesagt habe. „Wissen Sie noch? Sie haben mir damals Mut gemacht, die Fortbildung zu machen. Dadurch habe ich mich beruflich weiterentwickeln können.“ – „Erinnern Sie sich? Sie haben mir eine Aufgabe zugetraut und mir vertraut, dadurch habe ich Kompetenzen entwickelt, von denen ich vorher keine Ahnung hatte.“ Das waren Sätze von Menschen, die durch wenige Worte, an die ich mich oft gar nicht mehr erinnerte, positiv beeinflusst wurden. Mir ist durch solche Sätze bewusst geworden, was Worte, die wir - manchmal vielleicht auch unbedacht - sagen, bei anderen Menschen auslösen können. Sie haben eine enorme Kraft. Vielleicht haben Sie das auch schon erlebt. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie etwas Kleines etwas Großes auslösen kann. Eine kleine motivierende Geste, ein kleines Geschenk, die helfende Hand in einer Notsituation, Zeit die wir mit Menschen verbringen. All das trägt enormes Entwicklungspotential in sich. Ich möchte mich von diesem Lied und von der Weihnachtsbotschaft anregen lassen, auf das Kleine im täglichen Alltag zu achten und diesem Kleinen großes Entwicklungspotential zuzutrauen.

Und der zweite Impuls: Weihnachten bedeutet, selbst in dunklen und schwierigen Zeiten Hoffnung und Vertrauen in die Zukunft zu haben.

Mit dem ersten Gedanken, dass aus Kleinem Großes entstehen kann, ist dieser zweite Gedanke eng verbunden. Die Geburt Jesu fand in einer Situation statt, die für die Eltern herausfordernd und nicht besonders rosig war. Sie lebten in einem von den Römern besetzten Land mit einer ungewissen Zukunftsperspektive, mussten auf behördliche Anordnung wegen einer Volkszählung durch das Land reisen, hatten keine Bleibe und bekamen ihr Kind in einem Stall auf der Reise. Direkt nach der Geburt mussten sie wegen einer Verfolgungssituation fliehen und kamen erst nach einiger Zeit an ihren Heimatort nach Nazareth zurück. Das Lied „Mary did you know?“ macht deutlich, dass trotz dieser Situation eine gute, ja eine großartige Zukunft auf das Kind und auf viele Menschen zukommen sollte.

Neben den Aussagen zum Leben Jesu sind in dem Lied auch einige Glaubensaussagen zur Bedeutung Jesu aufgeführt: „Maria wusstest du, dass dein neugeborener Sohn der Herr der ganzen Schöpfung ist, dass dein neugeborener Sohn eines Tages die Völker regieren wird? Wusstest du, dass dein neugeborener Sohn des Himmels vollendetes Lamm ist, dass dieses schlafende Kind, das du hältst, der große "Ich bin" ist?“ Diese Aussagen sind aus unterschiedlichen biblischen Texten zusammengestellt. Sie enthalten Glaubensaussagen über Jesus, die seine positive Bedeutung für die ganze Menschheit als Sohn Gottes zum Ausdruck bringen sollen. Für viele Menschen zu Zeiten Jesu und für viele Christen in den Jahrhunderten danach bildete und bildet dieser Glaube die Grundlage für eine positive Zukunftshoffnung.

 Wir Menschen sind Krisen nicht einfach ausgeliefert, sondern haben Grund, gerade in Krisensituationen Hoffnung und Vertrauen in die Zukunft zu haben. Weil Gott uns in Krisensituationen nicht alleine lässt, sondern an unserer Seite steht und uns Hoffnung für die Zukunft geben will. Diese Botschaft ist für unsere aktuelle gesellschaftliche Situation von besonderer Bedeutung, in der wir mit zahlreichen Krisen gleichzeitig konfrontiert sind – von den Folgen der Corona-Pandemie, der Wirtschaftskrise, der Klimakrise bis hin zu den weltweiten Folgen der Kriege in der Ukraine und dem Nahen Osten.

In diesen Situationen ist es wichtig, dass wir nicht hoffnungslos werden, sondern die Hoffnung aufrechterhalten und aus dieser Hoffnung unser Zusammenleben gestalten. Wir brauchen Hoffnung zum Leben, und die Weihnachtsbotschaft lautet: Wir haben Grund zur Hoffnung! Die Geschichte von der Geburt Jesu soll deutlich machen: Diese Welt wird nicht im Chaos versinken, weil Gott sie nicht alleine lässt. Darum dürfen wir Weihnachten feiern, uns an allem freuen, was wir Schönes erleben, und darum dürfen wir auch in schwierigen Zeiten hoffnungsvoll sein. Diesen Gedanken sollten wir festhalten: Wir dürfen Hoffnung haben – auch in schwierigen Zeiten!

Ich wünsche Ihnen heute am Heiligen Abend und an den Weihnachtstagen, dass wir die Hoffnung geschenkt bekommen, von der „Mary did you know“ und die Weihnachtsgeschichte berichten, und dass wir uns den Blick für das Kleine bewahren, aus dem Großes entstehen kann. Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich von Herzen ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

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