11-Uhr-Andacht am 23. April 2020

Ansprache zu Psalm 25, 16f; 11-Uhr-Andacht am Donnerstag, 23. April 2020; St.-Laurentius, Neuendettelsau; DS Heike Geßner

Glockengeläut

Musik

Votum und Begrüßung

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde,

ich begrüße Sie alle zu dieser Andacht.

Mein Name ist Heike Geßner.

Friede sei mit euch.

Beginnen möchte ich mit Auszügen aus dem Psalm 139

Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. 3 Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege. 4 Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht alles wissest. 5 Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. 6 Solche Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch; ich kann sie nicht begreifen.

Ich stehe hier in der fast leeren Kirche, nur Herr Böhm, der die Übertragungsanlage bedient, und Frau Grünert, die die Orgel spielt, sind noch da, und Sie hören mich und sehen mich vielleicht auch über die Übertragungsanlage.

Jeden Tag um 11 Uhr übertragen wir eine Andacht. Wir können so wenigstens mit den digitalen Medien Gemeinschaft in der Kirche leben, wenn es auch nicht dasselbe ist wie der gemeinsam gefeierte Gottesdienst. Darunter leiden wir inzwischen alle.

Mittlerweile gibt es ein paar Lockerungen in der Corona-Krise, auf die die Regierung und die Ministerpräsidenten sich geeinigt haben. Gottesdienste können allerdings immer noch nicht gefeiert werden. Gespräche zwischen Vertretern der Kirchen und der Regierung hat es allerdings bereits gegeben. So hoffen wir, dass wir auch bald wieder gemeinsam in der Kirche sein können. Gottesdienste ohne Gemeinschaft tragen uns auf die Dauer nicht, auch wenn heute schon viel digital möglich ist. Wir bekommen in Windsbach zum Beispiel aktuell jeden Samstag den Sonntagsgottesdienst als Audio per Mail geschickt, das ist eine gute Sache. Aber Gottesdienst lebt von Gemeinschaft. Und gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, Trost durch Gottes Wort zu finden.

Bibelwort und Auslegung

Ich habe das Bibelwort, das im Psalm 25,16f. steht, ausgesucht:

Wende dich zu mir und sei mir gnädig; denn ich bin einsam und elend.
Die Angst meines Herzens ist groß; führe mich aus meinen Nöten!

Es ist eine Zeit, wie wir sie noch nie hatten. Durch die Corona-Krise sind wir per Beschluss der Regierung dazu gezwungen, zu Hause zu bleiben. Und das schon seit einigen Wochen. 

Von sehr strengen Quarantänebestimmungen ist ja bereits im Alten Testament für Menschen mit ansteckenden Krankheiten zu lesen, beispielsweise im 3. Buch Mose, Kapitel 13ff. Hier geht es um den Aussatz. Auch im alten Rom wütete um 165 v. Chr. eine Seuche. Doch in der Zeit danach wuchs die Zahl der Christen nicht unerheblich. - Warum konnte das so sein?

Die Christen hatten eine weise Antwort auf das Leid. Sie hatten keine übernatürlichen Fähigkeiten. Aber sie hatten Essen und Wasser und vor allem Nähe. Sie hatten die einfache Überzeugung, dass sie das, was sie ihren Nächsten taten, für Christus taten.

Was bedeutet die Einschränkung in verschiedenen Bereichen für uns aufgrund der Corona-Krise? Aus medizinischer Sicht ist es sicherlich richtig, so zu handeln, um Ansteckungen zu vermeiden. Viele von uns haben Angst. Angst vor Erkrankung, Angst vor Arbeitslosigkeit, Angst vor dem wirtschaftlichen Aus, und wir haben vielfach das Gefühl, dem ohnmächtig ausgeliefert zu sein.

Aber es gibt soziale, kulturelle und wirtschaftliche Auswirkungen für uns alle.

In wirtschaftlicher Hinsicht bedeutet es, dass viele Menschen ihren Berufen nicht nachgehen können. Dass wir keine Gottesdienste feiern können, gehört zu den kulturellen Auswirkungen. Gemeinden leben von der Gemeinschaft - in den Gottesdiensten, aber auch im Austausch miteinander. Viele andere kulturelle Veranstaltungen sind aktuell nicht möglich. Wir können weder Konzerte noch Gartenmärkte besuchen, viele Impulse fehlen also und auch gemeinsame Erlebnisse.

Schlimm sind die sozialen Auswirkungen: Ich habe von meiner Tochter, die in Niedersachsen wohnt, erfahren, dass alle Kinderbetreuungsangebote, also Kindergärten oder die Betreuung durch Tagesmütter, bis Mitte August geschlossen bleiben. Das bedeutet nicht nur für die Mütter und Väter, dass sie die Betreuung allein bewältigen müssen, sondern auch, dass die Kinder untereinander keine Kontakte haben können. Viele Eltern sind auch mit der Permanent-Betreuung überfordert, sie können nicht entlastet werden. Auch die Gewalt in Familien nimmt zu. Dasselbe gilt für die Schulen. Auch hier wird der Betrieb nur sehr langsam wieder aufgenommen.

Besonders aber wirkt sich die Isolation auch in Krankenhäusern und Altenheimen aus. Der Vater darf seine Frau, die gerade ein Kind bekommen hat, nicht im Krankenhaus besuchen. Der alte Vater kommt ins Krankenhaus, weil er gestürzt ist - auch hier ist kein Besuch möglich. Bewohner der Altenheime, die soziale Kontakte gewohnt sind, weil sie gemeinsam essen, gemeinsame Aktivitäten erleben können, sitzen jetzt völlig allein in ihrem Zimmer oder ihrer Wohnung. Auch hier, vor allem in den Pflegeabteilungen, sind auch Besuche untersagt.

Diese soziale Einschränkung macht krank. Es ist nicht das Virus, sondern die Einsamkeit. Der fehlende soziale Kontakt. Auch das kann zu Depressionen führen oder zu einem sinkenden Lebenswillen. Menschen brauchen den Augenkontakt und die Berührung der Herzen. Menschen sind keine Maschinen. Wir alle sehnen uns danach, geliebt zu werden, gesehen zu werden, geschätzt zu werden. Ein Mensch ohne Beziehungen ist arm. Wenn ein Mensch keine Beziehungen hat, leidet er unsäglich. Einsamkeit tut weh, ist wie chronischer Stress.

Wende dich zu mir und sei mir gnädig; denn ich bin einsam und elend. Die Angst meines Herzens ist groß; führe mich aus meinen Nöten!

Wir haben vor knapp zwei Wochen Ostern gefeiert, Ostern gilt trotz aller Einschränkungen, trotz Pandemie. Ostern vermittelt Gottes Liebe, die Kraft, die alles überwindet, auch den Tod. Das macht den christlichen Glauben aus. Es ist also möglich, dass wir verbunden sind, auch wenn wir nicht nebeneinander sitzen können.

Wie können wir konkret helfen? Mit meinem 90-jährigen Vater kann ich nicht per WhatsApp chatten, was mit anderen Familienmitgliedern durchaus hilfreich ist, aber ich kann ihn immerhin anrufen. Man kann Gefühle, Ängste und Sorgen benennen und aussprechen: Die Sorgen auf mehrere Schultern zu verteilen, kann ein erster Schritt sein. Es ist gut, die Gefühle auch zu benennen.

Vielfach werden positive Momente geschaffen. Es wird an einigen Orten gemeinsam gesungen oder musiziert, beispielsweise wenn viele Leute dies zur gleichen Zeit auf Balkonen tun. Auch innerhalb der Familien kann es gelingen, zum Beispiel durch gemeinsame Aktivitäten wie Kochen, Spielen, Basteln, eine neue Gemeinsamkeit zu erleben. Über eine halbe Million Menschen haben am 8. April per Internet und Fernsehen die Aktion „Deutschland betet gemeinsam" gesehen. Es war eine ökumenische Initiative. Schirmherr war übrigens Markus Söder.

Was uns helfen kann, ist das Vertrauen auf Gott. Vertrauen darauf, dass wir die Kraft haben, dass wir Geduld haben können, dass die Zeit kommt, in der es wieder besser wird. Vertrauen darauf, dass wir die Kraft dafür von Gott bekommen. Dass wir nicht alles selbst schaffen müssen, sondern dass wir getragen werden.

Viele sind in den letzten Wochen müde geworden. Es kostet viel Kraft. Bei manchen Menschen ist auch Resignation erkennbar. - Wie lange müssen wir das noch aushalten?

Meine Hoffnung ist, dass wir auf Gott vertrauen können. Das bedeutet konkret: Gott wird uns helfen, indem er uns die richtigen Gedanken und Impulse schickt. Gott wird uns helfen, indem wir Kraft haben und Kraft bekommen, mit der Situation zurechtzukommen. Diese Kraft und auch die richtigen Gedanken und Impulse können wir im Gebet erbitten.

Das betrifft einerseits jeden einzelnen von uns: Wir können uns beispielsweise konsequent an die staatlichen Vorgaben halten und möglichst wenig mit anderen Menschen zusammenkommen, damit sich das Virus nicht ausbreiten kann. Das ist nicht einfach, aber wir schaffen es. Andererseits betrifft das auch die Entscheidungsträger, für die es sehr schwer ist, den richtigen Weg zu finden. Politiker beraten sich mit Wissenschaftlern und Wirtschaftsfachleuten darüber, wie vorgegangen werden kann und muss.

Wie lange müssen die Kontaktverbote aufrechterhalten werden, damit möglichst wenig Menschen krank werden – wie lange halten das andererseits die Menschen, die Wirtschaft, der Arbeitsmarkt aus?

Wir bitten darum, dass Gott uns dabei hilft, den richtigen Weg zu finden, damit wir im Sinne der Mitmenschlichkeit und der Vernunft handeln können. Aktuell gibt es, das gibt mir auch Hoffnung, viele Initiativen, die zeigen, dass die Menschen ein großes Maß an Solidarität miteinander entwickeln und füreinander da sind. Und ich hoffe sehr, dass diese Form der Mitmenschlichkeit nach der Krise erhalten bleibt.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu!

Amen

Wir wünschen allen, die unter dem, was die Corona-Krise mit sich bringt, leiden, viel Kraft und Gottes Segen, damit sie die Situation meistern können.

Liedvers

Frau Grünert spielt für uns das Lied „Wir wollen alle fröhlich sein“ im EG unter der Nummer 100.

Gebet:

Beten wir für alle Menschen, die am Corona-Virus erkrankt sind,

für alle, die Angst haben vor einer Infektion,

für alle, die sich nicht frei bewegen können,

für die Ärztinnen und Pfleger, die sich um die Kranken kümmern,

für die Forschenden, die nach Schutz und Heilmitteln suchen,

für die Politiker, die die richtigen Entscheidungen treffen müssen,

für die Eltern, die mit ihren Kindern zu Hause den Tag gestalten,

für die Einsamen, die keinen Kontakt haben dürfen,

dass Gott unsere Welt in dieser Krise mit seinem Segen erhalte.

Wir beten

Jesus Christus,

du bist der gute Hirte.

Du führst uns auf deinen Wegen

Und lässt es uns an nichts mangeln.

Gib, dass wir auch in schweren Zeiten auf deine Fürsorge vertrauen.

Bewahre uns und unsere Gemeinden in der Gemeinschaft mit dir.

Der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und wirkst von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

Segen

Die Zeiten aktuell sind nicht einfach, alles ist anders als wir es gewohnt sind.

Ich wünsche Ihnen für den heutigen Tag, dass alles, was Sie sich vorgenommen haben, so gut wie möglich gelingt und dass Sie zuversichtlich in die Zukunft sehen können.

Mit dem Segen möchte ich diese Andacht beschließen: Gott des Friedens, Herr Jesus Christus, leite mich auf dem Weg der Hoffnung und schenke mir deinen Frieden, deine Liebe und Stärkung durch deinen Geist. So segne dich der dreieinige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Amen. 

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