Für Menschen mit Behinderung bieten sich außerhalb einer WfbM viele Arbeitsmöglichkeiten
Nicole arbeitet in einem Hotel. Roberto kümmert sich im Klinikum Bad Windsheim um den Patiententransport, Kevin hat auf einem Biobauernhof ins Arbeitsleben hineingeschnuppert: In diesem Artikel geht es darum, warum Menschen mit geistiger Behinderung gerne auch außerhalb einer WfbM arbeiten möchten und welche Möglichkeiten es für sie gibt.
Von Maria Mohr
Darum geht es in dem Artikel:
- Was ist was: Außenarbeitsplatz und Arbeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt?
- Ist ein Außenarbeitsplatz immer das gewünschte Ziel?
- Was sind die Aufgaben einer Integrationsbeauftragten?
- Fallbeispiel Nicole K.
- Praktika und Außenarbeitsplätze: wie funktioniert das?
- Fallbeispiel Roberto K.
- WfbM als Ausbildungsbetrieb in der Berufsvorbereitung: Wie sieht die Zukunft der Werkstätten aus?
- Fallbeispiel Kevin M.
- Wunschziel erster Arbeitsmarkt nach Erfolg auf dem Außenarbeitsplatz?
- Fallbeispiele Nasriyya, Thomas und Fernando
- Werkstätten und Förderstätten bei Diakoneo
Ist ein Außenarbeitsplatz immer das gewünschte Ziel?
Willi Ulm leitet die WfbM in Rothenburg o.d.T. Er sagt „Wir arbeiten immer sehr stark personenzentriert. Der Blick liegt immer auf dem Wunsch des Menschen mit Behinderung.“
Der Anspruch ist, für jeden Menschen einen passenden Arbeitsplatz zu finden. Dieser kann innerhalb der Werkstatt liegen oder auch außerhalb. „Wenn jemand nicht den Wunsch hat, außerhalb der WfbM zu arbeiten, dann akzeptieren wir das.“, so der Fachmann.
Daneben besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass ein Mensch, die Fähigkeit, außerhalb zu arbeiten nicht oder noch nicht hat.
Unser Anspruch ist es, für jeden Menschen einen passenden Arbeitsplatz zu finden.
Ein Beispiel: Ein Mensch mit Behinderung hat den Wunsch, mit Senior*innen in einem Heim zu arbeiten und dort mit ihnen den Tag zu gestalten. Dann wird die Werkstatt aktiv und begibt sich zunächst auf die Suche nach einem Praktikumsplatz. Der Praktikumsplatzplatz wird zusammen mit dem Heim so genau wie möglich auf den Praktikanten zugeschnitten. Die Anforderungen werden an die Möglichkeiten und Fähigkeiten des Menschen mit Behinderung angepasst.
„Der Praktikant kann beim Servieren unterstützen oder den Menschen beim Kaffee trinken helfen“, beschreibt es Willi Ulm.
Da die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderung auch für die Mitarbeitenden in den Praktikumsbetrieben eine gewisse Umstellung bedeutet, ist die Praktikumsphase relativ lang und wird intensiv begleitet.
Was sind die Aufgaben einer Integrationsbeauftragten?
Diese Begleitung fällt in das Aufgabengebiet von Stefanie Zeller. Sie arbeitet als Integrationsbeauftragte in der Werkstatt Rothenburg und organisiert die Praktika.
„Die Beschäftigten kommen zu mir und äußern ihren Wunsch nach einem Praktikum“ erzählt sie. Gemeinsam besprechen sie, in welchem Bereich das Praktikum stattfinden soll. In der Regel diskutiert sie dann die Vorstellungen des Beschäftigten mit der zuständigen Gruppenleitung.
Wenn alles feststeht, begibt sich Stefanie Zeller auf die Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz. Sie greift dabei entweder auf ihr bestehendes Netzwerk an Firmen zurück oder knüpft neue Kontakte.
Ich stoße auf große Offenheit
Nahezu immer ist die Resonanz bei den Firmen positiv. „Ich stoße eigentlich immer auf eine sehr große Offenheit“, sagt sie. Nach einem ersten Vorstellungtreffen wird ein Zeitraum für das Praktikum vereinbart. Auch um organisatorische Voraussetzungen wie Sicherheitskleidung oder Hygieneschulung kümmert sich die Integrationsbeauftragte.
Am ersten Tag des Praktikums ist sie zu Beginn dabei. „Doch meistens bin ich nach zehn Minuten vergessen“, schmunzelt sie.
Im Verlauf des Praktikums bleibt sie Ansprechpartnerin bei Fragen und Problemen. Wenn alles gut läuft, mündet das Praktikum in einen Außenarbeitsplatz.
Praktika und Außenarbeitsplätze: wie funktioniert das?
Der Wunsch nach einem Praktikum oder einem Außenarbeitsplatz geht immer vom Beschäftigten aus. Hier möchte Willi Ulm in der Zukunft etwas offensiver vorgehen. „Wir möchten die Außenarbeitsplätze offiziell in der Werkstatt ausschreiben und bewerben.“ sagt er.
Denn: „Manchmal muss der Mensch mit Behinderung etwas motiviert werden, den nächsten Schritt zu gehen und die gewohnte Umgebung zu verlassen.“
Mögliche Arbeitsgebiete für Außenarbeitsplätze sind zum Beispiel Arbeiten im Lager, im Gastgewerbe oder im Garten- und Landschaftsbau.
Die Gesellschaft ist bereit
Einen Mangel an geeigneten Arbeitsplätzen sieht der Werkstattleiter nicht. „“Die Gesellschaft ist bereit, das spüren wir tagtäglich.“ Auch er hat wie seine Kollegin noch keine Firma erlebt, die der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung ablehnend gegenüber steht.
Die Werkstatt Rothenburg ist in Rothenburg mit Firmen und Schulen entsprechend vernetzt und präsentiert ihre Angebote auch auf Messen, um neue Kontakte zu knüpfen.
WfbM als Ausbildungsbetrieb in der Berufsvorbereitung: Wie sieht die Zukunft der Werkstätten aus?
Große Stärken der WfbMs sieht Willi Ulm in der Berufsvorbereitung. „Wir sind ja zeitlich nicht unter Druck“ sagt er. Während eine Ausbildung normalerweise zwei oder drei Jahre dauert, hat ein Mensch in der WfbM auch fünf Jahre Zeit, bis er entsprechende Fähigkeiten erworben hat.
Die Vorbereitung auf das Berufsleben sieht der Experte als eine der Hauptaufgaben der WfbM.
Wunschziel erster Arbeitsmarkt nach Erfolg auf dem Außenarbeitsplatz?
Wenn die Arbeit auf einem Außenarbeitsplatz sowohl für den Beschäftigten als auch für die Firma gut funktioniert, steht der nächste Schritt an: Ist es möglich, den Außenarbeitsplatz in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis umzuwandeln?
Hier ist derzeit die Quote im Bereich der WfbM Rothenburg noch relativ gering. Das hat laut Willi Ulm verschiedene Gründe:
„Ganz oft möchte der Mensch mit Behinderung das nicht“, berichtet er. Das hat auch wirtschaftliche Gründe: Wer in einem sozialversicherungspflichten Arbeitsverhältnis steht, für den fallen viele andere Unterstützungsleistungen weg.
Auch auf Seiten der Firmen und der öffentlichen Einrichtungen wünscht sich der Werkstattleiter hier noch ein gewisses Umdenken.
Er ist aber zuversichtlich: „Wenn wir erst einmal 70 Prozent unserer Beschäftigten auf einem Außenarbeitsplatz vermittelt haben, können wir verstärkt mit den Firmen wegen eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatzes verhandeln.“
Und was ist, wenn es für einen Beschäftigten eines Tages mit dem Außenarbeitslatz nicht mehr funktioniert? Er hat immer die Möglichkeit und die Sicherheit, in die WfbM zurückzukehren.
Willi Ulm: „Und wir suchen dann für ihn den nächsten Arbeitsplatz, der möglichst passgenau ist.“