Wie profitieren Senior*innen von der Kneipp-Therapie?

Kneipp Gesundheitslehre fördert die Gesundheit von Menschen in Pflegeeinrichtungen

Mit Kneipp verbinden viele Menschen Wassertreten. Aber die Gesundheitslehre von Sebastian Kneipp ist viel mehr und nimmt positiven Einfluss auf Körper und Geist. Insbesondere bei älteren Menschen in einer Pflegeeinrichtung trägt das ganzheitliche Konzept zur Prävention und Förderung der Gesundheit bei.
Im Diakoneo Laurentiushaus in Coburg-Lützelbuch profitieren die Bewohner*innen von den Kneipp-Anwendungen. Das Laurentiushaus Lützelbuch wurde hierfür durch die Sebastian-Kneipp-Akademie (SKA) aus Bad Wörishofen zertifiziert und ist eine vom Kneipp-Bund e.V. anerkannte Einrichtung.

Von Manuela Renner (Text, Fotos, Grafik, Video) und Oleksandra Freydenzon (Grafik)

Lesezeit ca. 7 Minuten; aktualisiert im Mai 2024

Was ist die Kneipp-Gesundheitslehre?

Die Kneipp-Gesundheitslehre, auch bekannt als Kneipp-Medizin oder Kneipp-Therapie, ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden. Sie basiert auf den Prinzipien des deutschen Pfarrers und Naturheilkundlers Sebastian Kneipp (1821-1897).
Im Mittelpunkt stehen verschiedene Aspekte, die darauf abzielen, den Körper, Geist und die Seele in Einklang zu bringen und die Selbstheilungskräfte des Körpers zu stärken.

"Kneippen gehen" ist eine anerkannte Therapie

„Kneippen gehen“ ist vor allem im süddeutschen Raum ein bekannter Begriff und in der Bevölkerung eine anerkannte Therapie. Das war auch der Grund, warum man sich im Diakoneo Laurentiushaus Lützelbuch für dieses Konzept entschieden hat:
„Viele unserer Bewohner*innen kennen Kneipp von früher und haben eine biografische Verbindung dazu.“ erklärt Kerstin Vogel-Stegner.
„Die Berührungsängste sind sehr gering und es ruft teilweise Erinnerungen an früher zurück. Eine Bewohnerin erzählt mir des Öfteren, dass ihre Mutter in ihrer Kindheit kalt-warme Wechselfußbäder mit ihr gemacht habe, wenn sie von der Kälte nach drinnen kamen um den Körper wieder aufzuwärmen.

Das Beste, was man gegen Krankeit tun kann, ist etwas für die Gesundheit zu tun.
Sebastian Kneipp

Ganzheitliche Gesundheitslehre nach Sebastian Kneipp

Die Kneipp-Gesundheitslehre berücksichtigt in ihrem ganzheitlichen Ansatz die verschiedenen Aspekte des menschlichen Lebens und Wohlbefindens. Zudem betrachtet sie den Menschen als Einheit von Körper, Geist und Seele. „Das ist uns besonders wichtig, den Menschen als Ganzes zu sehen und ihn nicht auf sein Alter oder vielleicht seine Krankheit oder Gebrechen zu reduzieren“, so Petra Mühlherr.
Die Kneipp-Anwendungen bieten zudem den Vorteil, dass sich damit alle Bewohner*innen ansprechen lassen – egal ob fit oder bettlägerig. Kerstin Vogel-Stegner ergänzt „Der Fokus von Kneipp harmoniert sehr gut mit unserem Haus und unserer christlichen Ausrichtung. Auch der christliche Glaube kann als ganzheitlich betrachtet werden, da er sich auf alle Aspekte des menschlichen Lebens bezieht - körperlich, geistig und spirituell.“

Die fünf Kneipp-Elemente

Woran die meisten Menschen beim Thema „Kneipp“ sicherlich zuerst denken, sind die Wasseranwendungen. Das kneippsche Gesundheitskonzept, welches auf der Harmonie von Körper, Geist und Seele basiert, besteht allerdings aus insgesamt fünf Elementen:

  • Wasser
  • Bewegung
  • Ernährung
  • Heilpflanzen
  • Balance

Tatsächlich war die Kneipp-Therapie schon immer unbewusst ein Bestandteil des Lebens in unserem Haus. 

 

"Tatsächlich war die Kneipp-Therapie schon immer unbewusst ein Bestandteil des Lebens in unserem Haus. Bis auf die Wasseranwendungen, die sind jetzt neu", erläutert Petra Mühlherr.

Kneipp-Angebote für Bewohner*innen im Laurentiushaus Lützelbuch

Wasser spielt eine zentrale Rolle in der Kneipp-Therapie. Wir bieten den Bewohner*innen beispielsweise Wechselbäder, Kneipp-Güsse, Arm- und Fußbäder sowie Wassertreten an“, verrät Kerstin Vogel-Stegner.
„Alle können mitmachen, aber niemand muss. Einige Bewohner*innen führen die Armbäder auch selbstständig im Waschbecken in ihrem Badezimmer durch. Das freut mich besonders, dass wir dadurch auch die Selbstwirksamkeit unserer Senior*innen fördern können.

 

Für die regelmäßige körperliche Aktivität werden im Haus Sitzgymnastik, Tanznachmittage oder Sturzprophylaxe angeboten. Seit kurzem können die Bewohner*innen sich auch über Ausflüge mit einer Rikscha freuen, wofür Kerstin Vogel-Stegner extra den Rikscha-Führerschein gemacht hat. „Auch wenn unsere Bewohner*innen in der Rikscha von mir gefahren werden, zählt es für mich trotzdem zur Bewegung.
Zudem aber gleichzeitig auch zur Balance, indem wir der Seele etwas Gutes tun – ein Tapetenwechsel, den Fahrtwind spüren und neue Erlebnisse schaffen.“

Die Freude bei Frau Funk ist groß, als sie ein leckeres Radieschen aus dem Gemüsebeet erntet.

Eine ausgewogene Ernährung nimmt positiven Einfluss auf die Gesundheit. Auf der Terrasse einer der Wohngruppen wurde dafür extra ein kleiner Obst- und Gemüsegarten angelegt.
Zudem lädt das Laurentiushaus Lützelbuch die Bewohner*innen einmal im Monat zu einem speziellen Kneipp-Frühstück ein.

"Wir nutzen verschiedene Pflanzen mit ihren heilenden Eigenschaften, in Form von Tees oder bei der Aromapflege. So vertrauen wir auf die beruhigende Wirkung von Lavendel im warmen Wasser.
Wir sehen es ganz wie Kneipp, dass natürliche Heilmittel zur Linderung von Beschwerden beitragen können“ erklärt Petra Mühlherr.

Kneipp legte Wert auf eine ausgewogene Lebensführung und erkannte die Bedeutung des seelischen Gleichgewichts für die Gesundheit an. Laut Petra Mühlherr zählen für sie die regelmäßigen Andachten zur Balance:
„Da wir ein christliches Haus sind, wird das aber oft gar nicht mit Kneipp in Verbindung gebracht. Besonders bei der Balance merkt man, dass die fünf Elemente im Wechselspiel zueinanderstehen. Beim Obst- und Gemüsegarten werden zum Beispiel unsere Bewohner*innen im Ganzen angesprochen, mit den Händen in der Erde tätig zu sein oder sich um die Pflanzen durch regelmäßiges gießen zu kümmern.“

Positive Effekte für Leib und Seele

Der Kneipp-Ansatz bietet in vielfältiger Weise einen positiven Einfluss auf Körper und Geist. Mit Blick auf die körperliche Gesundheit lassen sich durch unterschiedliche Kneipp-Anwendungen die Beschwerden der Senior*innen lindern oder teilweise sogar der Einsatz von Medikamenten reduzieren.

Die Kolleg*innen konnten viele Kneipp-Anwendungen in den Pflegealltag integrieren

berichtet Kerstin Vogel-Stegner. „Beispielsweise wirken kalte Leibauflagen bei einer akuten Verstopfung sehr gut. Diese lassen sich auch zur Prophylaxe anwenden, so dass wir auf Abführmittel nach ärztlicher Rücksprache verzichten können.“
Ein anderes Beispiel sind kalte Waschungen am Abend, die helfen, die Nacht ruhig durchzuschlafen. „Natürlich sind hier Betreuung, Pflege und ärztliches Fachpersonal immer im engen Austausch miteinander. Viele unserer Bewohner*innen haben verschiedene Krankheiten oder sind komplex medizinisch versorgt. Auch der Kontakt zu den Angehörigen ist wichtig.
Eine gute Kommunikation miteinander sowie eine regelmäßige Evaluation sind hier das A und O“, weiß Petra Mühlherr. Beiden Mitarbeiterinnen von Diakoneo ist es aber wichtig zu betonen, dass die Kneipp-Anwendungen nicht im Vordergrund stehen.
„Es geht oft einfach darum, für den Moment ein Wohlbefinden zu schaffen und eine Körperwahrnehmung zur erzielen. Das hat vor einem medizinisch heilenden Effekt immer Vorrang“, so Kerstin Vogel-Stegner.

Kneipp-Frühstück im Seniorenheim
Gesunde Ernährung ist einer der Säulen der Kneipp-Therapie. Einmal im Monat findet im Laurentiushaus ein Kneipp-Frühstück statt.

Die seelische Gesundheit der Bewohner*innen wird durch viele unterschiedliche Angebote gepflegt, wie beispielsweise die bereits erwähnten Rikscha-Fahrten oder Andachten.
Großer Beliebtheit erfreut sich auch das Kneipp-Frühstück, welches einmal im Monat stattfindet. „Hier fühlen sich unsere Bewohner*innen immer als ganz besonderer Gast. Es gibt ein Buffet mit einer vielfältigen Auswahl und extra für sie gebackenem Kneipp-Brot“ erzählt Petra Mühlherr.
„Und genau diese Auswahlmöglichkeit macht es so besonders für unsere Senior*innen. Sie können spontan entscheiden, was sie essen möchten – eben selbstbestimmt und frei.“
Kerstin Vogel-Stegner beobachtet darüber hinaus eine geistige Aktivierung: „Die Senior*innen werden in die Planungen des Kneipp-Frühstücks einbezogen, tauschen sich untereinander aus und sind gefordert mitzudenken.“

Echte Kneipp-Spezialist*innen

Das Laurentiushaus Lützelbuch wurde durch die Sebastian-Kneipp-Akademie (SKA) aus Bad Wörishofen zertifiziert und ist eine vom Kneipp-Bund e.V. anerkannte Einrichtung.
Noch in diesem Jahr möchte das Diakoneo Laurentiushaus Lützelbuch das Qualitätssiegel „Kneipp-Einrichtung“ erhalten. Dieses wird nach entsprechender Zertifizierung durch den Kneipp-Bund e. V. verliehen.
„Privat, für sich zuhause kann natürlich jeder Kneipp-Anwendungen durchführen. Wir machen das hier aber für unsere Bewohner*innen.
Daher ist es uns wichtig, dass wir ausgebildete Kneipp-Trainer*innen und Mentor*innen bei uns haben“, begründet Petra Mühlherr die Motivation dazu.

Als ausgebildete Kneipp-Gesundheitstrainerin Pflege (SKA) übernimmt Kerstin Vogel-Stegner, zusammen mit drei weiteren Kneipp-Mentor*innen die Kneipp-Lehre ins Haus zu tragen. „Als ausgebildete Kneipp-Spezialist*innen ist es unsere Aufgabe, die Kolleg*innen in der Pflege und im Sozialdienst zu schulen und dadurch Multiplikatoren zu schaffen.
Wir bringen ihnen die Grundregeln bei, damit sie selbstständig Kneipp-Anwendungen mit den Bewohner*innen durchführen können“ erläutert Kerstin Vogel-Stegner.
Als Beispiel für diese Grundregeln nennt sie den zeitlichen Abstand zwischen Anwendung und Mahlzeit. Zudem muss man auch darauf achten, nicht mit kalten Füßen ins kalte Wasser zu gehen.

Als zertifizierte Kneipp-Einrichtung sollen die Bewohner*innen die Möglichkeit bekommen, jeden Tag ein Kneipp-Angebot wahrnehmen zu können. „Hier geht es aber nicht immer um das große Wassertreten, sondern auch um die kleinen Anwendungen wie ein Armbad. Und natürlich immer auf freiwilliger Basis – alles kann, nichts muss.“ bekräftigt Kerstin Vogel-Stegner ihre Kneipp-Vision.
Petra Mühlherr möchte diese noch um den Punkt Pflegealltag ergänzen: „Mir ist es wichtig, dass wir Kneipp-Anwendungen – wo möglich – auch in den Pflegealltag integrieren. Beispielsweise durch die genannten Leibauflagen oder durch Kneipp-Waschungen im Oberkörperbereich. Daher liegt es mir auch am Herzen, dass eine unserer Kneipp-Mentor*innen eine Pflegefachkraft ist.“

Kneippen für zuhause

Armbadewanne Kneipp
Die Armbadewanne steht im Laurentiushaus an zentraler Stelle. So kann jeder die wohltuende Wirkung selbst ausprobieren.

Die Kneipp-Methode ist grundsätzlich für Menschen jeden Alters und jeder körperlichen Verfassung geeignet. Vor allem das Element Wasser lässt sich einfach zuhause umsetzen. Dafür ist keine große Ausrüstung nötig, ein Eimer mit Wasser oder ein Spül- oder Waschbecken reichen vollkommen aus.
„Wir haben im Laurentiushaus Lützelbuch unsere Armbadewanne an einen zentralen Platz beim Eingang gestellt“, berichtet Petra Mühlherr. „Mithilfe der kurzen Anleitung können somit alle die vorbeikommen, ob Bewohner*innen, Mitarbeitende oder Angehörige, das Angebot nutzen. Auf diese Weise ist es möglich, dass jede*r einmal selbst die erfrischende Wirkung eines Armbades, das auch Kneippsche Tasse Kaffee genannt wird, erleben kann.“

 

Diakoneo-Expertinnen

Video: Kaltes Armbad nach Kneipp

Die Kneipp´sche Tasse Kaffee

Das kalte Armbad nach Sebastian Kneipp ist eine beliebte Wasseranwednung.
Sehen sie mehr im Video: Kneipp´sche Tassee Kaffee

 

Die Angebote für Senioren von Diakoneo

Diakoneo ist Betreiber zahlreicher moderner stationärer Einrichtungen für Senioren in BayernBaden-Württemberg und in Polen. Außerdem ergänzen ambulante Pflegedienste, Tagespflegeeinrichtungen, Fachstellen der Beratung und alternative Wohnformen das umfangreiche Angebot von Diakoneo

Mehr erfahren über die Angebote für Senioren

Mehr lesen aus dem Magazin zum Thema Senioren
Portrait einer 101jährigen Künstlerin

Seit 2023 lebt Alice Staudacher-Voit im Diakoneo Seniorenzentrum Rothenburg ob der Tauber. Mit ihrer Scherenschnittkunst ist sie weit über die Stadt hinaus bekannt. Am „Tag der Hundertjährigen“ möchten wir sie und ihre besondere Lebenserfahrung würdigen.

Zum Portrait