„Es war einmal …“ – von Märchen und wie sie Menschen mit Demenz positiv beeinflussen

Positive Effekte durch die Aktivierung des Langzeitgedächtnisses

Märchen haben einen positiven Einfluss auf Menschen mit Demenz und auch auf die Menschen, die sie pflegen. Dies hat MÄRCHENLAND in einer vierjährigen Studie belegt. Die Diakoneo Pflegeinrichtung Gottlob-Weißer-Haus in Schwäbisch Hall nimmt nun am Nachfolgeprojekt „Es war einmal… MÄRCHEN UND DEMENZ  MULTIMEDIA“ teil. Die Beteiligten aus dem Gottlob-Weißer-Haus haben ihre ersten Eindrücke zur Märchensunde mit unserer Autorin Manuela Renner geteilt.

„Es war einmal …“, mit diesen Worten wird in vielen Familien das abendliche Ritual des Märchenvorlesens, vor dem zu Bett gehen, eingeläutet. Es sind spannende Geschichten über Zwerge, tapfere Ritter und böse Hexen zu hören, mit denen wir früheste Kindheitserinnerungen verknüpfen. Das ist auch der Grund, warum man an Demenz erkrankte Seniorinnen und Senioren mit Märchen gut erreichen kann: die Geschichten aktivieren das Langzeitgedächtnis.

MÄRCHENLAND beschäftigt sich bereits seit 30 Jahren professionell mit dem Thema Märchen. Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatte MÄRCHENLAND die vierjährige wissenschaftliche Studie „Es war einmal … MÄRCHEN UND DEMENZ“ durchgeführt und damit die positive Wirkung auf das mentale Wohlbefinden von an Demenzerkrankten sowie auf das Pflegepersonal belegt.
Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse hat MÄRCHENLAND – Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung GmbH das in Deutschland neuartige Gesundheitsförderungskonzept „Es war einmal … MÄRCHEN UND DEMENZ“ erarbeitet. Damit die Präventionsmaßnahme auch während der Coronapandemie angeboten werden kann, finden die Märchenstunden jetzt digital statt.

Die virtuelle Märchenstunde für Menschen mit Demenz


Während der Märchenstunde schauen und hören die Bewohnerinnen und Bewohner des Gottlob-Weißer-Hauses gespannt zu. © ©Diakoneo/Martin Nehmeyer

Im Gemeinschaftsraum ist es ganz ruhig, als auf der großen Leinwand die virtuelle Märchenerzählerin, gekleidet in einen goldenen Märchenmantel, zu sehen ist. Mit einem Glöckchen und den Worten „Es war einmal …“ läutet sie die virtuelle Märchenstunde ein. „Die Seniorinnen und Senioren sind immer ganz ruhig und hören bis zum Schluss des Märchens sehr aufmerksam zu,“ so Anjanette Güntsch, die als Leitung Betreuung im Gottlob-Weißer-Haus in Schwäbisch Hall die Märchenstunde organisiert.

Die virtuelle Märchenstunde findet immer am gleichen Wochentag, im selben Raum und zur gleichen Uhrzeit statt. Somit wird ein wiederkehrendes Ritual geschaffen und die Veränderungen bei den Bewohnerinnen und Bewohnern können besser beobachtet werden.

Zur Durchführung der virtuellen Märchenstunde erhielt das Gottlob-Weißer-Haus die „Virtuelle-Märchenstunde-Box“ mit acht USB-Sticks, die jeweils mit drei Märchen, Kurzgeschichten und Reimen bespielt sind. Als Ergänzung dazu auch vier Märchenland-Boxen. Jede von ihnen thematisiert ein Märchen und enthält einen alten Märchen-Spielfilm, ein Hörbuch, ein Memory und eine Malvorlage. Diese Utensilien unterstützen das kognitive Gedächtnistraining und lassen die Märchen mit allen Sinnen erlebbar werden.

Für jeden Bewohner im Haus kann ich aus der Box etwas herausnehmen.

  „Während der Märchenstunde sieht man direkt, wie gut es den Bewohnerinnen und Bewohnern gefällt,“ erzählt Jenny Strohmaier, Pflegedienstleiterin und stellvertretende Einrichtungsleiterin im Gottlob-Weißer-Haus, mit einem Lächeln. Die Märchen-Spielfilme sind schon etwas älter und mitunter aus dem Fernsehen bekannt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer schauten und hörten interessiert zu. Einige sprachen die Texte mit, andere wippten zur Musik mit den Füßen. Es ist einfach schön zu beobachten, wie viel Freude und Entspannung es bei ihnen auslöst.“

„In den Boxen ist wirklich für jeden etwas dabei,“ freut sich Anjanette Güntsch. „Egal ob ganz fitte Bewohnerinnen und Bewohner oder sehr demente, die schon relativ lange im Bett liegen und nicht mehr viel sprechen. Ich kann den Spielfilm für einen ganz fitten Bewohner für eine Stunde laufen lassen. Ebenso kann ich den USB-Stick mit einer Kurzgeschichte am Tablett einstecken, ans Bett eines Bewohners gehen und ihm diese individuell vorspielen. Für jeden Bewohner im Haus kann ich aus der Box etwas herausnehmen.“

Ein weiterer Bestandteil ist der Märchenland-Koffer mit dem Märchenbuch, dem blauen Märchenmantel und dem Glöckchen. Somit können die Betreuungsmitarbeiterinnen und Betreuungsmitarbeiter die Märchenstunde vor Ort im gleichen Rahmen wie digitale Märchenvorleserin eröffnen.


Die Utensilien zur Durchführung der Märchenstunde und um sie mit allen Sinnen erlebbar zu machen: der Märchenland-Koffer und die Märchenland-Box. © © MÄRCHENLAND - Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung GmbH

Die positive Wirkung der Märchen

… auf die Bewohnerinnen und Bewohner

Die Märchen sind eine Art von Türöffner, denn sie ermöglichen sowohl einen niedrigschwelligen als auch einen emotionalen Zugang zu den an Demenz erkrankten Bewohnerinnen und Bewohnern. Wie ist das möglich? Märchen werden seit vielen Generationen unverändert weitergegeben und jeder erinnert sich an sie. Die positive Wirkung der Märchenstunde als Präventionsmaßnahme zeigt sich bei den Zuhörenden beispielsweise in der

  • Stärkung der kognitiven Fähigkeiten,
  • Verbesserung der psychischen Gesundheit,
  • Förderung des Wohlbefindens,
  • Sozialen Interaktionen,
  • Optimierung der motorischen Kompetenzen,
  • Unterstützung der Gemeinschaftsbildung,
  • Reduzierung von herausforderndem Verhalten,
  • Vorbeugung von Depressionen.

„Bei uns gibt es Bewohner, die üblicherweise sehr in sich gekehrt sind und immer zu Boden schauen. Während der Märchenstunde haben sie aufgeschaut, sich immer wieder aufgerichtet und zum Fernseher gesehen,“ erzählt Anjanette Güntsch. Somit sind bereits nach kürzester Zeit Veränderungen wahrnehmbar. Weiter sagt sie: „Ihr Verhalten wurde positiv beeinflusst, sie waren wach und aufmerksam.“

Allein die Reaktion der Bewohnerinnen und Bewohner zu sehen, macht einen selbst auch schon glücklich.

… auf die Mitarbeitenden

Auch auf die Mitarbeitenden wirkt sich das Angebot der Märchenstunde positiv aus. Dies liegt zum einen an der sehr professionellen Ausarbeitung des ganzen Projekts. „Wir nehmen uns gerne die Zeit kreative Angebote für unsere Bewohnerinnen und Bewohner zu schaffen“, so Martin Nehmeyer, Referent Dienste für Senioren. „Aufgrund der Coronapandemie mussten wir unsere Betreuungs- und Beschäftigungsangebote komplett überarbeiten und anpassen. Da hilft es sehr, ein so tolles Angebot wie die Märchenstunde mit den gut vorbereiteten Arbeitsmitteln einsetzen zu können.“

Anjanette Güntsch hat ihre erste Märchenstunde relativ kurzfristig organisiert und sagt: „Ich saß dann mit dabei und es ist wirklich, wirklich schön. Auch zu sehen wie die Bewohnerinnen und Bewohner darauf reagiert haben. Allein das macht einen selbst auch schon glücklich.“


© MÄRCHENLAND - Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung GmbH

Die wissenschaftliche Begleitung

Zum Start des Projekts erhielten die Pflege- und Betreuungskräfte eine Einführung zum Konzept via Videokonferenz. Ebenso wurde der Umgang mit den Materialien erklärt und wie man diese am besten einsetzt. Für die wissenschaftliche Begleitung in den ersten acht Wochen werden die Fachkräfte nach jeder Märchenstunde Fragebögen zum Verlauf ausfüllen, welche in die Begleit-Studie mit einfließen.

„Wie für das Projekt vorgesehen, bieten wir die Märchenstunde derzeit ausschließlich in Kleingruppen für Seniorinnen und Senioren mit demenziellen Veränderungen an,“ berichtet Martin Nehmeyer. „Wir möchten die Märchenstunde aber auf jeden Fall auch über das Projekt hinaus fortführen. Wir können uns gut vorstellen, diese dann allen Bewohnerinnen und Bewohnern anzubieten.“

Wir waren alle direkt begeistert!

Professionelles Märchenvorlesen will gelernt sein

Damit die (nicht-virtuelle) Märchenstunde auch dauerhaft ihren Platz im Betreuungsangebot findet, werden einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu professionelle Märchenvorleserinnen und Märchenvorleser ausgebildet. Denn insbesondere das Geschichtenerzählen bei Demenzerkrankten will gelernt sein – durch Sprechtempo, Lautstärke, Aussprache und Auftreten wird auf die verschiedenen Situationen und individuellen Bedürfnisse der Zuhörenden eingegangen.

Das Interesse der Betreuungskräfte für die Weiterbildung war schnell geweckt. Vor Corona kam immer wieder ein Märchenerzähler ins Haus und faszinierte sie, wie er es mit seiner Erzählweise schafft, die Menschen zu erreichen. Viele von ihnen möchten dies auch lernen und die Weiterbildungsplätze waren schnell vergeben. Die Kosten für das Projekt und die Weiterbildung der Mitarbeitenden trägt hierbei in vollem Umfang die Pflegekasse.

Jenny Strohmaier: „Im Raum Schwäbisch Hall nehmen neben uns auch die Diakoneo Pflegeeinrichtungen Haus Sonnengarten und Haus am Wiesenblick teil. Über dieses Angebot der AOK für unsere Einrichtungen waren wir sofort begeistert. Coronabedingt muss unser vielfältiges Veranstaltungsprogramm leider stark eingeschränkt stattfinden und mit manchen Angeboten müssen wir leider pausieren. Wir freuten uns sehr über diese besondere Alternative und die Teilnahme am Projekt.“ Martin Nehmeyer ergänzt dazu: „Die AOK Baden-Württemberg initiiert regelmäßig Projekte und Aktionen dieser Art in Pflegeeinrichtungen. Die Zusammenarbeit zwischen Diakoneo und der AOK hat immer gut geklappt, auch an anderen Standorten konnten gemeinsame Projekte realisiert und etabliert werden.“ 

Hier finden Sie weitere Informationen zum Projekt https://maerchenunddemenz.de/maerchen-und-demenz-multimedia/


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