Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr, 10. November 2019

Predigt über Lukas 6, 27-38; Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr, 10.11.2019, 9.30 Uhr; St. Nikolai, Neuendettelsau; Pfarrer Andreas Wahl: Gottesdienst mit Einführung der neuen Konfirmanden

Liebe Gemeinde,

unser heutiger Predigttext steht im Lukasevangelium im 6. Kapitel, Verse 27-38:

Jesus sprach: Ihr, die ihr zuhört: Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen. Und wer dich auf die eine Backe schlägt, dem biete die andere auch dar; und wer dir den Mantel nimmt, dem verweigere auch den Rock nicht. Wer dich bittet, dem gib; und wer dir das Deine nimmt, von dem fordere es nicht zurück. Und wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut ihnen auch! Und wenn ihr liebt, die euch lieben, welchen Dank habt ihr davon? Denn auch die Sünder lieben, die ihnen Liebe erweisen. Und wenn ihr euren Wohltätern wohltut, welchen Dank habt ihr davon? Das tun die Sünder auch. Und wenn ihr denen leiht, von denen ihr etwas zu bekommen hofft, welchen Dank habt ihr davon? Auch Sünder leihen Sündern, damit sie das Gleiche zurückbekommen. 

Vielmehr liebt eure Feinde und tut Gutes und leiht, ohne etwas dafür zu erhoffen. So wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Kinder des Höchsten sein; denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.

Liebe Gemeinde, ich finde diesen Text sehr passend und aktuell, und man hätte meines Erachtens in diesen Wochen keinen besseren aussuchen können. Denn in dieser Woche konnte man keine Zeitung aufschlagen und keine Nachrichten schauen, ohne mit Hass und Feindschaft, mit Beleidigungen und Schmähungen konfrontiert zu werden. Claudia Roth und Cem Özdemir, zwei Mitglieder des deutschen Bundestages, erhielten Morddrohungen von Menschen, die sie noch nicht einmal persönlich kennen. Unversöhnlicher Hass bricht sich Bahn. Und das ist leider Realität für viele Politiker, selbst auf kommunaler Ebene. Hass und Drohungen, Beschimpfungen und Beleidigungen sind an der Tagesordnung.

Genauso ergeht es vielen Menschen, die sich für das Leben und die Würde von Flüchtlingen einsetzen und deswegen auf das Übelste beleidigt und beschimpft werden. Vergangenes Wochenende wurde ein Schiedsrichter, der ein Fußballspiel zweier Amateurmannschaften in einer unteren Liga leitete, nach einer Entscheidung niedergeschlagen. Und die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen.

Das Schlimmste dabei aber ist, dass dies nur die Spitze des Eisberges ist. Wie viele Menschen werden im Internet, in den sogenannten „sozialen“ Medien beleidigt und beschimpft. Wie viele Schüler und Schülerinnen werden auf diese Weise gemobbt. Das ist die Lebenswelt auch unserer Jugendlichen, unserer Konfis. Ich hoffe dabei natürlich, dass ihr selber davon nicht betroffen seid. Aber die Worte Jesu sind somit äußerst aktuell. Feindschaft, Hass und Beleidigungen. Wie sollen wir damit umgehen?

Ich halte nichts davon, das Internet oder auch nur diese neuen Medien zu verteufeln. Nein, sie bringen nur zu Tage, was ohnehin in Menschen steckt. Aber wie sollen wir damit umgehen?

Auf der einen Seite ist hier die Gesellschaft als Ganzes gefragt, und wo es um Straftatbestände geht, natürlich die Justiz und die Polizei.

Aber auf der anderen Seite legt Jesus an uns einen besonderen Maßstab an. Daher auch die besondere Frage an uns: Wie gehen wir als Christen damit um? Haben wir eine andere Lösung? Was können wir jungen Menschen sagen, die - wie die Konfis - zu uns kommen und uns fragen? In früheren Gesprächen mit Jugendlichen wurde spätestens dann, wenn ich die Feindesliebe ins Gespräch brachte, nur der Kopf geschüttelt. Ach, ihr Christen, ihr seid doch völlig weltfremd. Das ist doch unrealistisch. Dem anderen auch die zweite Wange hinzuhalten.

Und ich muss gestehen: Vielleicht stimmt das sogar. Das ist unrealistisch. Aber: Das ist auch gut so! Denn was geschieht, wenn wir auf Hass mit neuem Hass antworten, auf Beleidigungen ebenfalls mit Beleidigungen. Wird der Konflikt dadurch beendet? Ich brauche die Frage wohl nicht zu beantworten.

Es geht dabei nicht darum, einfach über das Unrecht hinwegzusehen. Sondern Jesus betont ganz konkret: Wer dich auf die eine Backe schlägt, dem biete die andere auch dar; und wer dir den Mantel nimmt, dem verweigere auch den Rock nicht.

Dadurch geschieht zweierlei: Der Geschlagene, der, von dem gefordert wird, bleibt Herr des Geschehens, er wird gerade nicht Opfer, weil er sein Handeln selber bestimmt und sich nicht in die Spirale aus Hass und Feindschaft begibt. Und zum Zweiten macht er durch sein Verhalten dem anderen deutlich, dass es Unrecht ist, was er tut. Liebt eure Feinde und seid barmherzig, das war bisher alles sehr theoretisch. Deswegen möchte ich zwei Beispiele nennen, wie dies Menschen ganz konkret gelebt haben: Liebt eure Feinde und seid barmherzig.

Ich denke an einen jungen Mann, Roger Schütz, einen Schweizer Theologen, der während des Zweiten Weltkrieges in einem winzigen Dorf im französischen Burgund mit Freunden eine Kommunität, ein ökumenisches Kloster, gründete. Dort versorgte er in einem nahe gelegenen Gefangenenlager die französischen Gefangenen mit Lebensmitteln. Die deutschen Soldaten waren sicher nicht glücklich darüber, ließen die Brüder aber gewähren. Nachdem das Blatt sich gewendet hatte und die deutsche Besatzung beendet war, wurden in demselben Lager nun deutsche Kriegsgefangene inhaftiert. Und Roger Schütz und seine Brüder gingen wiederum hin und versorgten nun die deutschen Gefangenen. Dafür bekamen sie von der französischen Bevölkerung nicht nur Beifall. Nach dem Krieg wollte Roger Schütz zur Versöhnung zwischen Deutschen und Franzosen beitragen. Er lud deutsche und französische Jugendliche ein, ihre Kommunität zu besuchen und dort bei Gebet und Gesprächen über den Glauben miteinander zu leben und sich kennenzulernen. Er wollte damit zur Versöhnung anstiften. Mittlerweile treffen sich in diesem winzigen Ort in Frankreich jedes Jahr tausende Menschen, meist Jugendliche, aus der ganzen Welt. Sie leben eine Woche miteinander und kommen ins Gespräch. So hat Frère Roger mit seiner Kommunität in Taizé die Feindschaft und den Hass überwunden durch Versöhnung und Barmherzigkeit.

Ein anderes Beispiel ist der gestrige Jahrestag der friedlichen Revolution in der DDR vor dreißig Jahren. 1989 trafen sich Christen in Leipzig jeden Montag in der Nikolaikirche zu Friedensgebeten. Durch die Gebete und das Hören auf das Evangelium bekamen sie Mut, ihre Stimme gegen das Unrecht in der DDR zu erheben und zu protestieren, was sehr gefährlich war. Diese Bewegung zog immer mehr Menschen an und wurde immer größer. Mit ihrem friedlichen Protest brachten sie letztlich das Ende des SED-Regimes mit seinem Unrecht und seiner Unterdrückung.

Dies sind zwei Beispiele, die für mich helle Lichter in der Dunkelheit von Hass, Feindschaft und Unterdrückung sind. Sie haben nicht den Hass mit Hass bekämpft, nicht die Dunkelheit mit noch tieferer Dunkelheit, oder Beleidigungen durch neue Schmähungen. Sie haben den Hass durch Versöhnung und die Feindschaft durch Barmherzigkeit überwunden. Sie haben dabei die eigenen Verletzungen und ihre Angst vor Repressionen durch Liebe und das Vertrauen in Gott zugedeckt.

Jesus Christus hat von sich gesagt: Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, wird nicht wandeln in Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.

Christus nachzufolgen, das heißt, seinen Glauben im Alltag zu leben. Dieses Licht aufleuchten zu lassen. Dieses Licht weiterzugeben. Es nicht zu verstecken, sondern achtsam, aber auch mit Mut zu tragen. Denn das ist für mich lebendiger Glaube: Die Flamme des Glaubens weitergeben. Das Licht weitergeben, auch an unsere Jugendlichen und Konfis.

So beginnt für euch, liebe Konfis, jetzt eine besondere Zeit: Eure Konfirmandenzeit. In den nächsten Wochen und Monaten werden wir uns über Themen des Lebens und Themen des Glaubens unterhalten und überlegen, was die beiden miteinander zu tun haben.

Wir sind nur eine kleine Gruppe, aber eigentlich sind wir viel, viel mehr. Denn zu eurer Konfi-Gruppe gehören nicht nur Sandra Meyer und ich, sondern auch eure Eltern und Paten, eure Großeltern und Geschwister, eure Freunde und die ganze Gemeinde. Sprecht mit diesen Menschen darüber, was sie glauben, warum sie der Kirche angehören, was der Glaube in ihrem Leben bedeutet. Fragt sie, worauf sie hoffen.

Ihr werdet bei uns in St. Laurentius ganz vielen Menschen begegnen, denen der Glaube an Jesus Christus sehr wichtig ist. So wichtig, dass sie ihr ganzes Leben in den Dienst für Gott stellen, wie unsere Diakonissen und die Mitglieder der diakonischen Schwestern- und Brüderschaft. Ihr könnt hier bei Diakoneo viele Menschen erleben, die wegen ihres Glaubens ihr Leben in den Dienst an ihren Mitmenschen stellen: So wie die vielen Mitarbeitenden in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, für die Senioren, die Pflegeeinrichtungen, unsere Krankenhäuser, die Schulen und viele mehr.

Sie alle sind das Herz und die Hände von Diakoneo. Sie geben das Licht des Lebens weiter an Menschen, die ihnen anvertraut sind. Ihr, liebe Konfis, werdet bei eurem Praktikum erleben, dass das bei jedem ein bisschen anders aussieht. Und das ist gut so. Weil jeder Mensch einzigartig geschaffen ist. Mit seinen Begabungen und Fähigkeiten. So auch ihr. Und deswegen freuen wir uns sehr auf euch. Auf eure Fragen und Ideen, auf all das, was ihr mitbringt und in unsere Gemeinde einbringt.

Wir hoffen und wünschen, dass ihr euch von der Flamme des Glaubens anstecken lasst. Symbolisch wollen wir deswegen jetzt gleich bei eurer Vorstellung eure Konfi-Kerze anzünden lassen, und zwar von den alten Konfis, die mit ihrer Kerze das Licht an euch weitergeben werden.

Ein Funke, kaum zu sehen,
entfacht doch helle Flammen.
Und die im Dunklen stehen,
die ruft sein Schein zusammen.
Wo Gottes große Liebe
in einem Menschen brennt,
da wird die Welt
von Licht erhellt,
da bleibt nichts, was uns trennt.

Amen.

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