Predigt vom Letzten Sonntag nach Epiphanias, 02. Februar 2020

Predigt zu Offenbarung 1, 9-18 (Reihe II neu); Letzter Sonntag nach Epiphanias, 02.02.2020, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Peter Schwarz

Manche mögen es und lesen es gern, dieses rätselhafte letzte Buch der Bibel. Andere machen hier einen großen Bogen darum, weil diese Bilder verstören und ängstigen. Die letzten Dinge werden in der Offenbarung beschrieben. Der Seher - es ist nach einer alten kirchlichen Überlieferung der Apostel Johannes, der im hohen Alter auf der Patmos in der Verbannung lebt – Johannes also empfängt durch einen Engel die Weisung, alles aufzuschreiben, was Gott ihm offenbaren wird. Eine Fülle von Bildern, faszinierend und verstörend.

Schon das erste Bild, der Blick in den Himmel, ist so, dass es den Seher buchstäblich umwirft. Faszinierend ist es, weil hier uralte Bilder der Hoffnung aufsteigen und lebendig werden: Die sieben Leuchter, die an den längst zerstörten Tempel in Jerusalem erinnern und an den siebenarmige Leuchter. Er sieht den Menschensohn, wie ihn der Prophet Daniel beschrieben hat, mit einem goldenen Gürtel, mit Augen wie Feuerflammen und einer Stimme wie das Rauschen gewaltiger Wasser, mit der die Vollendung aller Dinge ankündigt wird. Es sind Bilder, die wieder Hoffnung aufleben lassen.

Doch Johannes sieht auch das zweischneidige Schwert, das Zeichen des Gerichtes, das nun beginnt. In den folgenden Kapiteln wird sich dieses Gericht in beängstigenden und verstörenden Bildern entfalten. Bilder wie aus einem Alptraum, aus einem verstörenden Science-Fiction-Film. Bilder, die bis heute in Bann ziehen und Menschen lähmen und umwerfen können. Der Seher fällt wie tot zu Boden.

Dann aber legt ihm der Menschensohn die rechte Hand auf die Schulter und spricht: „Fürchte Dich nicht!“. Es ist die erlösende Geste und das erlösende Wort: Christus will nicht, dass Johannes sich fürchten muss vor IHM, der vor ihm steht. Darum legt er ihm die Hand auf die Schulter rührt ihn an. Auch wir brauchen diese Hand, die uns Halt gibt, wenn uns die Bilder der Zukunft ängstigen und verstören. Wir brauchen dieses Fürchte dich nicht, wenn die Bilder, die vor unseren Augen aufsteigen, uns Furcht einjagen.

Fürchte dich nicht - das ist die Stimme des Auferstandenen, und das ist seine Botschaft - für den Seher Johannes, für die Jünger auf dem Berg der Verklärung und für alle Menschen: „Fürchte dich nicht“. Kein Wort hat unsere Zeit nötiger als dieses, denn wir können die Augen nicht verschließen vor den Bildern, die pausenlos auf uns einstürmen über Bildschirme und Zeitungen: Bilder von den gewaltigen Veränderungen und Bedrohungen, unter denen die Erde stöhnt und auch die Menschen. Solche Bilder verstören und lähmen, weil wir nicht wissen, ob und wie wir angesichts solcher Perspektiven für diese Welt leben und überleben können. Selbst wenn wir versuchten, die Augen vor ihnen zu verschließen, sie verfolgen uns, weil sie sich längst in uns eingenistet haben. Wir tragen sie in uns und sie verstören uns, manchmal bis in die Träume. Hier ist nicht der Ort, diese Bilder erneut heraufzubeschwören.

Gegen die unheilvolle Kraft dieser Bilder spricht Christus nur drei Worte: Fürchte dich nicht. Worte, die zutiefst berühren. Sie haben die Kraft, all dem Verstörenden und Erschreckenden die Macht über uns zu nehmen.

Immer da, wo der Himmel die Erde berührt, steht das zu allererst: „Fürchte dich nicht“. Das berührt die Hirten auf dem Feld von Bethlehem, die Jünger auf dem Berg der Verklärung und die Frauen am Ostermorgen am leeren Grab. Immer wenn der Gott der Bibel uns Menschen begegnet, ist das sein erstes Wort für uns. Mit diesem Wort berührt er die Herzen und bringt sie zur Ruhe. Ohne dieses Wort hätte der Lichtglanz Gottes auf dem Berg der Verklärung nur geblendet und ohne Orientierung gelassen, ohne dieses „Fürchte dich nicht“ aus dem brennenden Dornbusch hätten Mose und Israel nie den Weg in die Freiheit gefunden. Fürchte dich nicht, das befreit auch uns vom bösen Zauber verstörender und beängstigender Bilder

Für den Seher der Offenbarung kündigt sich so das Ende aller Schrecken und der Anfang des neuen Lebens an: „Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. Über all dem Düsteren und Dunklen, das er schauen wird, steht immer dieses eine Wort des Auferstandenen. Es gibt den Blick frei in den Himmel und öffnet den Weg in die Zukunft.

Dieses Wort ist der Anfang, und in den folgenden Kapiteln der Offenbarung wird es sich entfalten in Bildern der Hoffnung. Der Seher darf immer in den Himmel blicken und wird mit hinein genommen in die Liturgie der Erlösung. Er hört die Gesänge derer, die von Leid und Tod errettet seien und nun Christus, das Lamm, anbeten.

Zuletzt wird er den neuen Himmel und die neue Erde schauen und das neue Jerusalem, das aus dem Himmel herabkommt wie eine Braut, geschmückt für ihren Bräutigam. Das sind die berührenden und heilenden Bilder der Offenbarung, in denen das Fürchte dich nicht anschaulich wird.

Diese Bilder lenken den Blick auf Christus, der den Tod durch sein Kreuz und seine Auferstehung besiegt hat. ER vertreibt die Schreckensbilder - auch da, wo sie sich schon in uns eingenistet haben. Wo dunkle Bilder und Gedanken uns die Gegenwart verdunkeln und die Zukunft rauben wollen, da berührt Christus uns: Fürchte dich nicht - wir können hören und wir können es körperlich spüren beim Heiligen Mahl. Wir werden berührt von IHM, denn ER ist der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende. So kommen wir frei aus der lähmenden Angst und sehen Zukunft für uns und diese Erde. ER, der Lebendige, macht uns lebendig, wenn er seine Hand auf uns legt und uns an seinen Tisch lädt. Fürchte dich nicht.

Pfarrer Peter Schwarz 

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