Predigt vom 1. Sonntag nach dem Christfest, 2. Januar 2022

Teil I

Predigt zu Matthäus 16,15-16 zum 150. Todestag Wilhelm Löhes; 1. Sonntag nach dem Christfest, 2. Januar 2022, 10.00 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfr. Detlev Graf von der Pahlen

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. AMEN!

Hört mit mir die Frage Jesu und das Petrusbekenntnis, wie es im Evangelium des Matthäus 16,15+16 aufgezeichnet steht:

Jesus sprach zu seinen Jüngern: Wer sagt denn ihr, dass ICH sei? Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!

Gebet: Herr, segne Dein Wort an uns allen. Gib einem jeden von uns das Wort, das wir für uns selbst und für die Zukunft von Kirche, Mission und Diakonie brauchen!

Liebe Gemeinde,

das von Gott gewirkte Bekenntnis des Petrus Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn ist Mitte und Grundlage allen christlichen Glaubens und Lebens.

Das Bekenntnis prägte Löhes Wirken als Ortspfarrer. Das Wort Gottes und das Sakrament des Altars waren für ihn auch Seelsorgemittel. In einem zweiten Teil hören wir in aller Kürze Wesentliches zum Thema: „Wilhelm Löhe und Mission“, und in einem dritten Teil gehe ich auf das Thema „Löhe und Diakonie“ ein.

1. Löhe war mit Leib und Seele Gemeindepfarrer, aber sein Blick richtete sich auch auf die Welt, insbesondere auf die Situation der fränkischen Auswanderer in Nordamerika und ihre geistlichen Bedürfnisse. Zentral war für ihn der Gottesdienst mit den beiden Höhepunkten Predigt und Heiliges Abendmahl. Die Gottesdienste waren für ihn aber auch Orte der Seelsorge. Seine Predigten waren seelsorgerlich gestimmt. In ihnen sieht man, wie er Seelsorge praktisch ausgeübt hat, Gemeindeglieder besucht, betreut und bis in den Tod begleitet hat. Das Heilige Abendmahl einte den Herrn mit seinen Nachfolgern und stärkte sie im Glauben, in der Liebe und in der Hoffnung. Auch für Löhe galt das Wort von Benedikt von Nursia: „Dem Gottesdienst ist nichts vorzuziehen!“ Ja, Löhe selbst mahnt, ermuntert: „Lasst Ihn“, nämlich Christus, „(...) euch je länger, je mehr reizen zur Liebe des Sakraments. Lasst euch eine solche Sehnsucht schenken, dass ihr nicht bleiben könnt ohne Sakrament (…)“. (S.90)

2. Löhe und die Mission. Das Zentrum der Mission ist das Christusbekenntnis: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.“ Auch uns im 21. Jahrhundert sagt Löhe: „Wenn alle, welche unter Heiden leben, täten, was sie könnten, um das Evangelium den Heiden bekannt zu machen, es würde bald anders werden, und die gerechte Klage, dass nicht genug zum Heil der Heiden geschehe, würde verstummen“ . (S.131)

Liebe Schwestern und Brüder, leben wir nicht alle in Deutschland unter vielen Heiden? Schon 1999 hat der jüngst entschlafene Prof. Eberhard Jüngel auf der Synode der EKD die Notwendigkeit von Mission betont. Deutschland ist Missionsland. Das Christusbekenntnis, der christliche Glaube wird von vielen geringgeachtet, auch von manchen Theologen. Das Christusbekenntnis kennen manche Gemeinden nicht mehr als gottesdienstliche Lesung, weil an den beiden Feiertagen Pfingstmontag und Peter und Paul (29.6.) keine Gottesdienste mehr gefeiert werden.

3. Löhe und die Diakonie. Wilhelm Löhe widmete sich seit 1854 bis zu seinem Tod am 2. Januar 1872 konzentriert der Ausbildung von Diakonissen, von jungen Frauen, und der Gründung eines Mutterhauses. Spenden dafür flossen reichlich. Die Diakonissen übernahmen in Neuendettelsau und in der näheren und weiteren Umgebung diakonische und seelsorgerliche Aufgaben, die Sorge um ältere, kranke und behinderte Menschen, aber auch um Kinder und Kindergärten. Diakonie sollte vom Altar, vom Heiligen Abendmahl ausgehen (S.118). An dieser geistlichen Aufgabenstellung der Diakonie lag Wilhelm Löhe sehr viel, denn er sah das Heilige Abendmahl als die geistliche Mitte und Kraftquelle der Diakonissen. Auch organisierte Diakonie verstand er als Äußerung der Kirche, der örtlichen Kirchengemeinde. Gottes Wort und Sakrament bilden eine Einheit und führen uns Christen zur Mitte, zu Jesus Christus.

Die Diakonie Neuendettelsau entwickelte sich weiter, vergrößerte sich immer mehr, fusionierte 2019 mit dem Diakonischen Werk Schwäbisch-Hall zu einem diakonischen Konzern und gab sich einen neuen griechischen Namen:Diakoneo“, übersetzt: „Ich diene“. Auch in dem großen diakonischen Konzern möge „(…) dem Herrn in seinen Elenden und Armen (…)“ gedient werden: „Was will ich? Dienen will ich. Wem will ich dienen? Dem Herrn in seinen Elenden und Armen. Und was ist mein Lohn? Ich diene weder um Lohn noch um Dank, sondern aus Dank und Liebe; mein Lohn ist, dass ich dienen darf. Und wenn ich dabei umkomme? Komme ich um, so komme ich um (…). Und wenn ich dabei alt werde? So wird mein Herz grünen wie ein Palmbaum, und der Herr wird mich sättigen mit Gnade und Erbarmen. Ich gehe mit Frieden und sorge nichts“ (S.119: Diakonissenspruch Löhes). Das sei auch unser aller Bekenntnis, das sei unser Leben und Dienst. Der Herr gebe uns dazu die Freude und die Kraft seines Heiligen Geistes.

Amen

(Die Zitate finden sich alle im Löhe-Brevier in den angegebenen Seiten. Die Gesellschaft für Innere und Äußere Mission im Sinne der luth. Kirche verkauft es zur Zeit für nur 5 € in der Buchhandlung und im Verlag.)


Teil II

Predigt zu Daniel 12, 2-3 anlässlich des 150. Todestages Wilhelm Löhes; 1. Sonntag nach dem Christfest, 2. Januar 2022, 10.00 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfr. i.R. Dr. Hermann Vorländer

Liebe Gemeinde,

am 2. Januar gedenkt die evangelische Kirche in Deutschland des Lebens und Wirkens von Wilhelm Löhe gemeinsam mit den lutherischen Kirchen in den USA und in vielen anderen Ländern. Er gehört zu den Vätern des weltweiten Luthertums. Deshalb wurde ihm beim Reformationsjubiläum 2017 in Wittenberg ein besonderer Platz eingeräumt.

Bei Löhes Beerdigung vor 150 Jahren auf dem Dorffriedhof wurden auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin weder eine Predigt noch Reden gehalten. „Eine Diakonissenleiche sollt ihr mir halten“, schärfte er seinen Kindern ein. Es sollte schlicht zugehen, wie bei der Beerdigung einer Diakonisse.

Neben Psalm 90 wurde lediglich Daniel 12, 2-3 verlesen, wo es nach der Lutherübersetzung heißt: „Die Lehrer werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“

Löhes Persönlichkeit hatte viele Facetten. Er wirkte als eindrucksvoller Prediger, hervorragender Organisator, begabter Schriftsteller und Publizist, erfolgreicher Fundraiser und vielseitiger Netzwerker. Er war aber vor allem ein leidenschaftlicher theologischer Lehrer. Seine theologischen Überzeugungen hat er in zahlreichen Schriften und Briefen niedergeschrieben, die in 12 Bänden veröffentlicht wurden. Im Löhe-Zeit-Museum ist das Schreibpult zu besichtigen, an dem er täglich bis zu zehn Briefe schrieb. Er besaß eine kämpferische Natur, stritt für die Durchsetzung des lutherischen Bekenntnisses in unserer Landeskirche. Dank seines Einsatzes ist unsere Kirche seit 1853 offiziell eine lutherische Kirche. Denn die lutherische Kirche bedeutete für ihn die „einigende Mitte der Konfessionen“.

So passt das Bibelwort aus dem Danielbuch gut auf ihn. Er war ein Lehrer. Das hier verwendete hebräische Wort, das Luther mit „Lehrer“ wiedergibt, meint eigentlich einen verständigen Menschen, einen Schriftkundigen. Unsere Kirche wurde bekanntlich von einem Theologieprofessor, nämlich Martin Luther, gegründet. Deshalb sollen alle Pfarrer und Pfarrerinnen eine gediegene theologische Ausbildung durchlaufen. Dafür sorgt an unserm Ort die Augustana-Hochschule. Wir wollen Löhe und andere theologische Lehrerinnen und Lehrer nicht in den Himmel heben. Aber wir wollen ihnen Respekt zeigen wie den leuchtenden Sternen am Himmel, die die Richtung weisen. Sie nehmen in unserer Kirche eine wichtige Aufgabe wahr.

Die „Verständigen“ (so die heutige Lutherbibel) sollen nicht nur lehren, sondern auf Gottes Gerechtigkeit hinweisen, wie es in der etwas komplizierten Sprache unseres Textes heißt. Sie sollen Menschen helfen, vor Gott gerecht zu werden und seine am Kreuz Christi gezeigte Liebe zu erfahren. Für Löhe steht die Botschaft von der Rechtfertigung bei Paulus, die Luther wieder entdeckt hat, im Zentrum seines theologischen Denkens und praktischen Wirkens.

Löhe hatte eine Vision von Kirche. Sie soll – wie er schrieb - eine „apostolisch-episkopale Brüderkirche“ sein bzw. werden. Dieses hohe Ideal versuchte er seit 1842 durch seine Missionsaktivität in Nordamerika zu verwirklichen. Dort sollten die von ihm ausgebildeten Sendlinge die ideale freie Kirche im Gegensatz zur damaligen bayerischen Staatskirche unter der Leitung des katholischen Königs gründen. Als sich dies nicht verwirklichen ließ, war Löhe sehr enttäuscht und zweifelte sogar am guten Willen Gottes.

1849 gründete er die Gesellschaft für Innere (später: und Äußere) Mission im Sinne der lutherischen Kirche. Ihre Mitglieder verpflichten sich bis heute zu einem bewusst christlichen Leben in der Nachfolge Jesu.

Löhe stellte die Mission in das Zentrum des kirchlichen Lebens, denn er verstand Mission „(…) als die Eine Kirche Gottes in ihrer Bewegung (…)“. Deshalb begann die von ihm in Frankenmuth (USA) gegründete Gemeinde St. Lorenz sogleich mit der Mission unter den Ureinwohnern. Nach Löhes Tod weitete sich diese Bewegung von Neuendettelsau nach Australien und Papua-Neuguinea, Brasilien und später auch nach Afrika und Asien aus.

Dann wandte er sich einem neuen Projekt zu, nämlich der Gründung der Diakonissenanstalt im Jahr 1854. Die Diakonissen sollten nicht nur die Not in den vielen armen Familien lindern. In der Diakonissengemeinschaft sollte „(…) im kleinen Kreis als eine Sammlung von Jüngern und Jüngerinnen das apostolische Leben Gestalt annehmen durch Wort und Sakrament (…)“, so sein Nachfolger Johannes Deinzer. Deshalb pflegt die Diakonissenschaft bis heute ihr von Löhe geprägtes geistlich-liturgisches Leben.

Löhes Persönlichkeit hatte viele Facetten. Über die positiven Aspekte haben wir bereits gesprochen. Er war kein Heiliger, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut, mit Fehlern und Schwächen. Wir beobachten bei ihm eine konfessionelle Engführung, die uns im Zeitalter der Ökumene und der Entfremdung vieler Menschen vom christlichen Glauben schwer verständlich erscheint. Ihm fehlte es an Verständnis für die Pioniersituation seiner Sendlinge im demokratisch geprägten Amerika. Er hatte ein stark hierarchisch geprägtes Bild des geistlichen Amtes und übte Kirchenzucht bei moralischem Fehlverhalten aus.

Dennoch hat er Erstaunliches geleistet. Ohne ihn wäre Neuendettelsau ein unbedeutendes Dorf auf der „Bettelhöhe“ geblieben. Durch ihn hat es sich zum geistlichen Zentrum unserer Landeskirche mit seinen zahlreichen kirchlichen Einrichtungen entwickelt. In meiner früheren Tätigkeit bei Mission EineWelt habe ich vielfach beobachtet, wie bekannt unser Ort mit seinem für viele schwer auszusprechenden Namen bei lutherischen Christen in aller Welt ist.

Wir danken heute Gott für das segensreiche Wirken von Wilhelm Löhe. Er ruhe in Frieden, und das ewige Licht leuchte ihm. Amen

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