Predigt vom 21. Sonntag nach Trinitatis, 1. November 2020 2020

Predigt zu Matthäus 10, 26-32; 21. Sonntag nach Trinitatis/Reformationsfest, 1. November 2020, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Norbert Heinritz

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Predigttext Mt 10, 26-32

26 Fürchtet euch nicht vor ihnen. Es ist nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird. 27 Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Licht; und was euch gesagt wird in das Ohr, das verkündigt auf den Dächern. 28 Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet viel mehr den, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle. 29 Verkauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. 30 Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Haupt alle gezählt. 31 Darum fürchtet euch nicht; ihr seid kostbarer als viele Sperlinge. 32 Wer nun mich bekennt vor den Menschen, zu dem will ich mich auch bekennen vor meinem Vater im Himmel. 33 Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem Vater im Himmel.

Liebe Gemeinde,

Wer mich bekennt vor den Menschen, zu dem will ich mich auch bekennen vor meinem Vater im Himmel, sagt Jesus. Eine Ermutigung zum furchtlosen Bekennen des Glaubens ist das heute.

In den meisten Gottesdiensten bekennen wir unseren Glauben wie heute mit dem Apostolischen Glaubensbekenntnis: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen usw. Wir sind das gewohnt und können es auswendig. Warum sprechen wir es? Ganz einfach: Weil uns dieses alte Glaubensbekenntnis mit Christen in aller Welt und zu allen Zeiten verbindet über die Konfessionsgrenzen und über die Jahrhunderte hinweg. Es ist nicht zu zählen, wie oft Christen mit den Worten dieses Bekenntnisses ihren Glauben bezeugt haben. Es ist nicht zu zählen, wie viele Kinder mit diesem Bekenntnis getauft wurden.

Wir freilich merken sofort: Seinen Glauben bekennen ist mehr, als sonntags im Gottesdienst das Glaubensbekenntnis zu rezitieren. Seinen Glauben bekennen, das heißt, nach außen im Alltag und in dieser Welt zu seinem Glauben, zu seiner Überzeugung zu stehen und dafür auch einzutreten.

„Hier stehe ich und kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen!“ So ist Martin Luther vor 499 Jahren für seine Überzeugung vor dem Kaiser auf dem Reichstag in Worms 1521 eingestanden. Ein Mut, der auch uns Christen heutzutage gut anstünde.

Auch im 10. Kapitel des Matthäusevangeliums geht es um so ein mutiges Auftreten im Namen Jesu. Es wird berichtet, wie Jesus seine Jünger in die Städte ringsumher aussendet. Sie sollen predigen und heilen. Was haben sie zu sagen? Es die Botschaft: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. Das klingt harmlos, birgt aber Sprengstoff. Mit anderen Worten heißt das nämlich: „In diesem Zimmermannssohn Jesus von Nazareth, dem wir nachfolgen, ist Gottes Liebe in diese Welt gekommen. Kehrt um und folgt ihm auch!“

Die Jünger wussten ganz genau: Für die einen war diese Botschaft das pure Evangelium, die Erfüllung ihrer Sehnsucht nach Rettung und Heil. In den Ohren der andern war es allerdings pure Anmaßung, ja sogar Gotteslästerung, worauf die Todesstrafe stand.

Man kann sich vorstellen, wie den Jüngern zumute war. Es ist etwas anderes, einfach mitzugehen, dabei zu sein und zuzuhören, als selber den Mund aufmachen zu müssen, sich hinzustellen und zu reden.

Wie ist das, wenn man sich heutzutage als Jugendlicher hinstellt und sagt „Ich mache bei der evangelischen Jugend mit. Ich gehe sogar sonntags ab und an in die Kirche“, und dann lachen die andern?

Wie ist das, wenn man am Arbeitsplatz – sogar bei Diakoneo – dazu steht, dass man aus Überzeugung zur Kirche gehört und mit Freude seine Kirchensteuer zahlt? Dann kann man schnell Kopfschütteln ernten.

Man kann sich vorstellen, wie den Jüngern zumute war. Nicht heimlich in der Finsternis, flüsternd von Ohr zu Ohr soll die Botschaft Jesu gesagt werden, sondern im Licht der Öffentlichkeit, verkündet auf den Dächern, dass es jeder hört. Die Botschaft Jesu hatte schon immer öffentlichen Anspruch.

Dafür ist in besonderem Maße unser Landesbischof Heinrich Bedford-Strom eingetreten, der in der vergangenen Woche angekündigt hat, nicht mehr als EKD-Ratsvorsitzender zu kandidieren. Als evangelische Christen müssen wir ja nicht alles, was unser Bischof sagt, für richtig halten. Aber eines wird man nicht bestreiten können, dass Jesu Botschaft schon immer einen öffentlichen Anspruch hat.

Daher die Ermutigung: Fürchtet euch nicht. Habt keine Angst. Dreimal wird das betont. Darauf kommt es Jesus an. Denn was können sie euch schon tun? Den Leib können sie töten, die Seele nicht.

Ich zucke zusammen bei diesen Worten. Aber so war das damals. Die Christen der ersten Jahrhunderte mussten um ihr Leben fürchten, und nicht wenige wurden um ihres christlichen Glaubens willen getötet. Da braucht es so eine Ermutigung zum furchtlosen Bekennen. Was können euch schon Menschen tun, wenn ihr auf Gott vertraut?

Und heutzutage? Erschüttert hat in den vergangenen Tagen die Nachricht von dem grausamen Anschlag in einer Kirche in Nizza. Drei Menschen wurden getötet. Einer davon war ein beliebter Kirchendiener. Solche Anschläge machen mich traurig und wütend. Ich denke an die Opfer und die Angehörigen und frage mich: Wie kann es gelingen, den Hass nicht mit Hass zu beantworten, sondern in Jesu Sinn mit Liebe zu überwinden? Daran würde deutlich werden, was es heißt, seinen Glauben zu bekennen und zu leben.

Den Leib können sie töten, die Seele nicht. Sie können euch das Äußere nehmen, aber nicht eure innere Freiheit und nicht die Liebe Gottes. Jesus sagt: „Menschen können zwar ein paar Spatzen verkaufen, aber dass sie morgen nicht tot im Käfig liegen, haben wir nicht in der Hand.“ Die Macht der Menschen ist begrenzt. Also: Fürchtet euch nicht, habt keine Angst. Gott ist der Herr auf dieser Welt. Er kennt euch und liebt euch mit Haut und Haaren. Sogar eure Haare sind gezählt. Ihr seid kostbarer als viele Sperlinge.

Es war Gottvertrauen und Mut, das viele der ersten Christen zu Märtyrern gemacht hat. „Märtyrer“ heißt Zeuge, Bekenner. Männer und Frauen waren es, die für ihren Glauben gestorben sind - nicht im Kampf, sondern in Gewaltlosigkeit, nicht im Hass, sondern in der Liebe. Das zeichnet die christlichen Märtyrer bis zu den heutigen Tagen aus. Das Christentum hätte wohl nicht die Überzeugungskraft der ersten Jahrhunderte gehabt, wenn die Nachfolger Jesu nicht in dieser Weise mit letzter Konsequenz für ihren Glauben eingetreten wären.

Es war Gottvertrauen und Mut, was Martin Luther so standfest zum Evangelium stehen ließ gegen die mächtige katholische Kirche seiner Zeit. „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.“ Nur wenn er aus der Heiligen Schrift überzeugt werden würde, würde er seine Aussagen widerrufen. Auch er musste mit dem Tod rechnen. Wir würden heute nicht hier sein und als freie evangelische Christen Gottesdienst feiern können, wenn Luther nicht so furchtlos öffentlich bekannt hätte.

Natürlich haben sich die Jünger und die Christen der ersten Jahrhunderte, natürlich hat auch Martin Luther sich gefragt: Sind wir auf dem richtigen Weg? Lohnt sich der Einsatz überhaupt? Die Antwort Jesu ist eindeutig: Ja, es lohnt sich!

Wer mich bekennt vor den Menschen, zu dem will ich mich auch bekennen vor meinem Vater im Himmel. Es lohnt sich, weil Jesus für uns bei Gott eintritt, weil er uns nicht allein lässt, weil aus furchtlosem Bekennen eine große Kraft erwächst. Es lohnt sich, weil es einfach Menschen braucht auf dieser Welt, die mutig und furchtlos ihren Glauben an den liebenden Gott leben und bekennen. Unsere Kinder und Jugendlichen brauchen solche Menschen, die ihnen Vorbilder sind. Unsere Diakonie braucht solche Menschen, die immer wieder den Sinn und Auftrag unseres Tuns deutlich machen. Unsere Gesellschaft braucht solche Menschen, die immer wieder öffentlich für den Glauben und den Wert und die Würde eines jeden Menschen eintreten.

Dann ist da aber noch dieser letzte Satz unseres Bibelwortes, der einen erschrecken kann: Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem Vater im Himmel. Ja, da ist noch diese Frage: Was ist mit denen, die nicht so mutig und furchtlos sind und die es nicht schaffen, den Mund aufzumachen? Die Stillen, die Leisen, Ängstlichen, die Unsicheren, die Zweifler – was ist mit ihnen? Es ist ein hartes Wort, das Jesus hier sagt, aber vielleicht doch nicht das letzte Wort. Sehen wir uns Petrus an. Er hat Jesus später dreimal verleugnet. Trotzdem baut Jesus auf ihm seine Kirche auf. Jesus vergibt. Er gibt Petrus eine neue Chance. Warum sollte er sie nicht auch uns geben?

Ich bleibe dabei: Eine Ermutigung zum furchtlosen Bekennen des Glaubens ist das heute. Wir müssen keine Märtyrer werden oder mutig wie Martin Luther sein. Aber zu unserem Glauben stehen – das sollten wir schon.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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