Predigt vom Sonntag Okuli, 07. März 2021

Predigt zu Lukas 9, 57-62; Sonntag Okuli, 7. März 2021, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Oberin Susanne Munzert

Schwarze Klamotten anziehen. Kragen des Jacketts noch oben stellen. Sonnenbrille auf – DVD bzw. Netflix starten: „Blues Brothers“.

„Wir sind unterwegs im Namen des Herrn“

Sie kennen hoffentlich alle die Geschichte von den Brüdern Jake und Elwood Blues. Diese erkennen, erleuchtet von einer Predigt, dass sie einen „Auftrag des Herrn“ haben: Das Waisenhaus, in dem sie unter der Obhut von Nonnen aufgewachsen sind, ist in Bedrängnis. 5000,- Dollar müssen schnellstens aufgetrieben werden, um die fälligen Steuerschulden zu bezahlen. Andersfalls wird das Waisenhaus geschlossen.

Undenkbar für die beiden Brüder. Schließlich hat das Waisenhaus ihnen die Familie ersetzt. Die Nonnen haben sie großgezogen.

Sie nehmen den Auftrag an, den ihnen der Himmel schickt: „Unterwegs im Namen des Herrn“. Sie trommeln ihre alte Band zusammen und gehen auf Tour, um die 5000,- Dollar einzuspielen. Ihre Tournee ist gepflastert von Massenkarambolagen und Verfolgungsjagden durch die Polizei – und von richtig guter Musik …

Doch nichts kann die Brüder von ihrer Mission abhalten – sie behalten ihr Ziel fest im Auge und schaffen es dann auch gerade noch, die Steuerschuld beim zuständigen Finanzbeamten bar zu bezahlen, bevor sie – wieder mal - verhaftet werden. Ihr Auftrag „im Namen des Herrn“ ist erfüllt.

„Unterwegs im Namen des Herrn“ - Doch was heißt das eigentlich?

„Unterwegs im Namen des Herrn“ – Jesus nachfolgen. Eine Frage, die schon die ersten Jünger und Jüngerinnen sich und auch Jesus gestellt haben. Der Evangelist Lukas erzählt davon:

Lk 9,57-62 (Basisbibel)

57 Unterwegs sagte jemand zu Jesus: »Ich will dir folgen, wohin du auch gehst!« 58 Jesus antwortete ihm: »Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel haben ihr Nest. Aber der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sich ausruhen kann.« 59 Einen anderen forderte Jesus auf: »Folge mir!« Aber der sagte: »Herr, erlaube mir, zuerst noch einmal nach Hause zu gehen und meinen Vater zu begraben.« 60 Aber Jesus antwortete ihm: »Überlass es den Toten, ihre Toten zu begraben. Du aber geh los und verkünde das Reich Gottes.« 61 Wieder ein anderer sagte zu Jesus: »Ich will dir folgen, Herr! Doch erlaube mir, zuerst von meiner Familie Abschied zu nehmen.« 62 Aber Jesus sagte zu ihm: »Wer die Hand an den Pflug legt und dabei zurückschaut: der eignet sich nicht für das Reich Gottes

„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, eignet sich nicht für das Reich Gottes.“ - Jeder Personal-Coach würde Jesus auf die Finger klopfen: Die Menschen wollen Jesus nachfolgen – und er legt die Latte so hoch, dass die meisten wieder gehen!

Wie stellt sich Jesus das vor? Natürlich gehört meine Vergangenheit zu mir. So, wie ich bin und wie ich in die Zukunft gehe, hat viel damit zu tun, welche Erfahrungen ich in der Vergangenheit gemacht habe. Und natürlich brauche ich eine Familie und Freund*innen, bei denen ich mein Haupt hinlegen und wo ich Kraft schöpfen kann.

Manfred Josuttis, ein bekannter Theologe, spricht mir aus der Seele: „Nur in Ausnahmefällen wird einer so leben wollen und können wie Jesus selbst. Der hat einen radikalen Bruch mit Herkunft und Heimat vollzogen und ist als Landstreicher durch die Dörfer gezogen. Wir leben nicht so. Aus vielen Gründen nicht. Und es ist mir wichtig, dass wir uns das eingestehen, gerade wenn wir als Christen Jesus nachfolgen wollen. An diesem Punkt folgen wir ihm nicht. … Alle theologische Begriffsartistik, aller Hang zur frommen Illusion darf diesen Unterschied nicht verwischen. Der Mann Jesus hat seine Art Leben gelebt. Wir leben anders.“[1]

Aber was bedeutet dann „Nachfolge“ für uns? Hier und heute, in der St.-Laurentius-Gemeinde und auch für die neue Diakoneo-Gemeinschaft, deren Leitung ich am vergangenem Montag übernehmen durfte.

Als Hauptamtliche, Mitarbeitende oder Ehrenamtliche, die wir mit viel Herzblut arbeiten für die Zukunft von Kirche und Diakonie - und ja auch für das Reich Gottes. Weiterhin geschüttelt von der Sorge und Unsicherheit, wie wir jemals wieder aus den Fängen des Corona-Virus herauskommen werden.

Im Neuen Testament kommt „Nachfolge“ nur als Verb „nachfolgen“ vor. „Nachfolge“ gibt es also nur als „Tun-Wort“, im „Tun-Modus“. Wer nachfolgt, ist in Bewegung. Auch Jesus ist in unserer Geschichte wie so oft unterwegs – und die Menschen um ihn herum gehen mit.

„Wandern“, „aufbrechen“, „sich bewegen“, „auf ein Ziel zugehen“. Die Blues Brothers sind losgezogen, als sie ihren Auftrag „im Namen des Herrn“ erkannt hatten. Es war nicht alles ethisch-moralisch astrein, was sie getan haben. Aber der Auftrag, den sie im Namen des Herrn verspürt haben, hat sie und so manch andere Personen und Dinge mächtig in Bewegung versetzt…

Jesus ist, so wie ihn Lukas reden lässt, an dieser Stelle sehr klar: Sein Weg ist der Weg eines Reisenden, eines Obdachlosen. So zu leben, hat seinen Preis. Jesus macht den Menschen nichts vor, die ihm nachfolgen wollen. Sie sollen die Konsequenzen kennen.

„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, eignet sich nicht für das Reich Gottes.“ - Das kann man ganz verschieden hören: „Nur wer sich wirklich anstrengt, sich bedingungslos ins Zeug legt, ist würdig für das Himmelreich.“

Das macht mir Angst: „Diesen Ansprüchen kann ich nicht genügen. Das schaffe ich nicht!“

„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, eignet sich nicht für das Reich Gottes.“ - Ich habe ein zweites Mal hingehört. Dabei habe ich noch mehr entdeckt in diesen Worten: Zumutung, Schmerz und - Verheißung.

Zumutung: Klare Ansagen und „Profilanforderungen“: „Schau vorwärts, sonst bist Du für die Arbeit nicht geeignet!“ Wer nur rückwärts schaut, wer ständig stehen bleibt, um zu überprüfen, ob er/sie alles richtig macht, wer nicht nach vorn auf das schaut, was zu tun ist, kommt nicht vorwärts, bringt das Reich Gottes nicht weiter.

Schmerz: In Jesu Fußstapfen zu treten, ist eine hohe Herausforderung. Schnell kann man da die eigenen Grenzen erleben. Die Kollegen lästern oder schimpfen über Kirche und die, die „ständig in den Gottesdienst rennen“. Und überhaupt: An einen Gott könne man doch wirklich nicht glauben, da sei die Welt doch schon weiter. Wie schwer ist es da, sich ins Gespräch einzumischen: „Doch, ich glaube an Gott. Ich glaube daran, dass er es gut mit dieser Welt meint. Ja, ich rede regelmäßig mit meinem Gott und gehe zum Gottesdienst, weil es mir wichtig ist.“ Von dem Mut eines Dietrich Bonhoeffers ganz abgesehen, der im Namen Gottes dem „Rad in die Speichen gefallen“ ist und dafür mit seinem Leben bezahlt hat. Unsere Grenzen sind erkannt und benannt. Das tut weh! Gott und wir selbst betrauern das. „Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, eignet sich nicht für das Reich Gottes.“

Die Verheißung: Hinter der Härte Jesu steht Verheißung: „Wenn Du mir nachfolgen willst, dann hat das, was war, keine Macht mehr über dich. Jetzt darfst Du nach vorne blicken. Das, was war, gehört zu den Toten, ist vergangen. Du darfst mitmachen. Du darfst geradewegs auf das Reich Gottes zugehen, darauf hinarbeiten.“

Im vergangenen Herbst haben sich die Gemeinschaften der Diakonissen, der Diakonischen Schwestern und Brüder und die der Diakonatler*innen zur Diakoneo Gemeinschaft Neuendettelsau zusammengeschlossen. Alle drei Gemeinschaften bringen ganz verschiedene Traditionen mit. Sie sind geprägt von ihren Erfahrungen, miteinander in der Nachfolge Jesu zu leben. Jetzt haben sie „die Hand an den Pflug gelegt“, um auf einen neuen Weg gemeinsam aufzubrechen. Ich darf als neue Oberin diesen Weg mitgehen.

Wie wird das werden? - Uns eint: „Wir sind unterwegs im Namen des Herrn.“ Jesus lockt uns „zu einem Leben, das noch aussteht und noch nicht versucht wurde[2]. Sein Auftrag zieht uns nach vorne, dass wir Neues wagen:

- In Wort und Tat für unsere Nächsten da sein.

- Zeugnis geben von der Liebe Gottes.

- Glauben leben, ihn mit anderen teilen und ihn weitergeben.

Die Blues Brothers haben eine sehr unorthodoxe Art des „Pflügens für das Himmelreich“ gehabt. Aber letztendlich wird ja nicht gesagt, dass es um die perfekte Furche geht. Wir sollen uns aufmachen, nicht träge sitzen bleiben, sondern den Pflug anspannen und nach vorne blicken. Jeden Tag neu, auch heute am 7. März 2021 wird uns ein Neuanfang geschenkt: Mit der dicken Zumutung, unser Denken, Handeln und Reden als Arbeit am Reich Gottes messen zu lassen. Und mit der dicken Verheißung und Verlockung: Wir dürfen unseren Pflug neu ausrichten, Vergangenes vergangen sein lassen. Wir brauchen uns von der Gegenwart nicht erdrücken lassen. Wir dürfen heute neu nach vorne blicken – „im Auftrag des Herrn“.

Amen



[1] Manfred Josuttis, Die permanente Passion, München, 1982, S. 158

[2] Fulbert Steffensky, Feier des Lebens, Stuttgart 1984, S. 116

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