Predigt von der Christvesper am Heiligen Abend, 24. Dezember 2020

Predigt zu Lukas 2, 1-20; Christvesper am Heiligen Abend , 24. Dezember 2020, 16.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrerin Susanne Munzert

Liebe Gemeinde!
Auch wenn in diesem Jahr vieles ganz anders ist – eines bleibt:

Überall auf der Welt, auch bei uns heute Abend, wird die Weihnachtsgeschichte, wie sie der Evangelist Lukas aufgeschrieben hat, erzählt, gelesen und gehört, besungen und Corona-konform gesummt.

Nur 400 Wörter umfasst diese alte Geschichte.

Die Geschichte, wie Gott in einem kleinen Kind zur Welt kommt. Es ist eine schöne Geschichte. Es ist eine zutiefst menschliche Geschichte. Sie beschreibt Erfahrungen, wie sie viele unter uns machen:

Ein Paar erwartet sein erstes Kind. Die Beziehung durchläuft eine Krise. Das Paar gerät in die Mühlen der großen Politik. Es wird umhergeschoben. Und schließlich hat die Mutter ein Neugeborenes in den Armen. 

Aber es ereignet sich in und mit dieser Geschichte noch mehr. Sie gibt Antworten auf die Grundfragen unseres Lebens:

Worauf warte ich? Wie kommt mein Leben in Ordnung? Was gibt mir Halt? Wo finde ich, wo findet die Welt Frieden? - Die Weihnachtsgeschichte traut sich an diese Fragen heran. Sie stellt alles in den Horizont Gottes.

So ist die Weihnachtsgeschichte erstens eine Liebesgeschichte

Warum ist Weihnachten so wichtig? Oft antworten die Menschen: Weil die Familie zusammenkommt. An Weihnachten vergewissern wir uns: Wir haben Menschen in unserem Leben, die uns sehr wichtig sind und denen wir wichtig sind. Die wir lieben und die uns lieben. 

Die Weihnachtsgeschichte öffnet unseren engen Rahmen der Familie: Nicht nur auf Menschen, auf Gott selbst können wir bauen.

Der Evangelist Johannes bringt es auf den Punkt: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern gerettet werden.“

Gesetze regeln, Organisationen funktionieren, Traditionen stabilisieren. Ohne Liebe aber bleibt alles leer.

Auch das haben wir in den letzten Monaten wieder gelernt: Ohne Liebe gibt es keine stabilen Beziehungen. Ohne Liebe bleibt das Leben kalt und hart. Wir Menschen brauchen mehr als die Grundversorgung mit Essen und Trinken. Liebe, Zuwendung und Nähe ist für uns Menschen lebensnotwendig. Wir müssen sie spüren und fühlen, damit wir leben können. Wir leiden, wenn wir keine Liebe in unserem Leben spüren. Gott gibt seiner Liebe für uns ein Gesicht, nah, mitten unter uns.

In dem Neugeborenen spüren wir unsere Wünsche nach Liebe und Frieden. Schutzlos und nackt sendet dieses Kind ein Versprechen in die Welt: Gott ist nah. Liebe ist da. Im Kind in der Krippe, das später als Erwachsener die Liebe Gottes vorleben wird. Das zeigen wird, dass Gottes Liebe grenzenlos ist, so grenzenlos, dass auch der Tod keine Grenze ist.

Liebe verändert. Liebe öffnet Herzen und Augen – für die anderen. In der Sprache des Glaubens heißt das: meinen Nächsten, meine Nächste lieben. Moderner könnte man auch sagen: Einfühlsam sein, barmherzig sein, großzügig und geduldig. Den oder die andere nicht zuerst als Arbeitskraft, als Risikogruppe, als Umsatzbringer, als Kostenfaktor sehen, sondern als meinen Nächsten, meine Nächste.

In der Sprache der Politik heißt das: Solidarisch sein. Ja, wir brauchen eine solidarische Gesellschaft. Eine Gesellschaft, in der alle Weihnachten zum Beispiel nicht wie gewohnt im großen Kreis feiern, um die Gefahr der Ansteckung durch das Virus zu vermindern. Eine Gesellschaft, die jene, die seit Generationen hier leben, mit jenen verbindet, die erst vor kurzem hierhergekommen sind. Das ist nicht einfach. Das heißt auch, bereit zu sein, zurückzustecken, zu verzichten und Geduld zu haben. Nächstenliebe: Lieben, weil Gott uns liebt. 

Zweitens: Die Weihnachtgeschichte ist eine Protestgeschichte

Die Weihnachtsgeschichte ist eine schöne Geschichte. Aber Achtung: Die Welt, in der diese Geschichte spielt, steckt voller harter Gegensätze. Und: Gott nimmt in diesen Konflikten Partei. So wie es Maria in ihrem Lied singt, als sie erfährt, dass sie ein Kind erwartet: „Gott stürzt die Gewaltherrscher von ihrem Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungrigen macht er satt und lässt die Reichen leer ausgehen.“

Es geht um Oben und Unten. Damals wie heute. Die Namen sind durchaus austauschbar:

- Kaiser Augustus – sein Name steht für die globale Macht, die Menschen aus wirtschaftlichen Interessen umherschiebt.

- König Herodes – sein Name steht für die Despoten, die gegen ihr Volk mit Totschlag und Mord wüten, um ihre Macht zu festigen.

- Die namenlosen Hausbesitzer – sie stehen für einen Wohnungsmarkt, der keinen bezahlbaren Raum für Familien mit Kindern oder für die Rentner/innen mit kleinem Einkommen hat.

Gott hält uns mit dem Kind im Stall entgegen: „Öffnet eure Herzen und Türen! Widersteht der Versuchung der Macht!“

Drittens: Die Weihnachtgeschichte ist eine Hoffnungsgeschichte

Auf den dunklen Feldern der Hirten scheint ein helles Licht. Der Engel bringt die Hoffnungsbotschaft:  „(…) Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus (...)“

Gott kommt in diese Welt. Er lässt uns nicht allein in diesem ganzen Schlamassel. Er versöhnt, heilt. Er wird am Ende die Bruchstücke unseres Lebens neu zusammenfügen zu einem neuen Ganzen. Gott wird diese Welt zu einem guten Ende bringen. ER ruft uns durch das Kind in der Krippe zu: Fürchte dich nicht! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen. Ich komme und will bei Dir wohnen – in Deinem Alltag. Ich komme und will bei Dir wohnen – in Deiner Einsamkeit. Ich komme und will bei Dir wohnen – dort, wo Du an Deine Grenzen stößt. Freue dich und sei fröhlichDenn ich bin dein Heiland. Ich überlasse Dich und diese Welt nicht der Dunkelheit!“

Amen.

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