Predigt vom vorletzten Sonntag im Kirchenjahr, 15. November 2020

Predigt zu Lukas 16, 1-8; Vorletzter Sonntag im Kirchenjahr, 15. November 2020, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrerin Susanne Munzert

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.

Lasst uns in der Stille um den Segen des Wortes Gottes bitten.

Gott, schenke uns ein Wort für unser Herz und ein Herz für dein Wort. Amen.

Liebe Gemeinde!

„Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi“ hat es vorhin im Wochenspruch geheißen. Gott ist ein Gott der Versöhnung – aber Versöhnung heißt auch, Rechenschaft für das abzulegen, wo wir schuldig geworden sind.

Das gilt auch für den heutigen Volkstrauertag. Wir sind gefragt, Rechenschaft abzulegen als Volk und als Einzelne, im Blick auf unsere Vergangenheit ebenso wie im Blick auf Gegenwart und Zukunft.

Rechenschaft ablegen muss auch der Verwalter, von dem das Lukasevangelium erzählt (Lukas 16, 1-8):

1Dann sagte Jesus zu den Jüngern: »Ein reicher Mann hatte einen Verwalter. Über den wurde ihm gesagt, dass er sein Vermögen verschwendete. 2Deshalb rief der Mann den Verwalter zu sich und sagte zu ihm: ›Was muss ich über dich hören? Lege deine Abrechnung vor! Du kannst nicht länger mein Verwalter sein.‹ 3Da überlegte der Verwalter: ›Was soll ich nur tun? Mein Herr entzieht mir die Verwaltung. Für schwere Arbeit bin ich nicht geeignet. Und ich schäme mich, betteln zu gehen. 4Jetzt weiß ich, was ich tun muss! Dann werden mich die Leute in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich kein Verwalter mehr bin.‹ 5Und er rief alle einzeln zu sich, die bei seinem Herrn Schulden hatten. Er fragte den ersten: ›Wie viel schuldest du meinem Herrn?‹ 6Der antwortete: ›Hundert Fässer Olivenöl.‹ Da sagte der Verwalter zu ihm: ›Hier ist der Schuldschein. Setz dich schnell hin und schreib fünfzig!‹ 7Dann fragte er einen anderen: ›Und du, wie viel bist du schuldig?‹ Er antwortete: ›Hundert Sack Weizen.‹ Der Verwalter sagte: ›Hier ist dein Schuldschein, schreib achtzig!‹ 8Und der Herr lobte den betrügerischen Verwalter, weil er so schlau gehandelt hatte. Denn die Kinder dieser Welt sind schlauer im Umgang mit ihren Mitmenschen als die Kinder des Lichts. Und ich sage euch: Macht Euch Freunde mit dem ungerechten Mammon. Dann werden sie euch in die ewigen Wohnungen aufnehmen, wenn diese Welt zu Ende geht.

Liebe Gemeinde, ganz ehrlich: Diese Geschichte ist starker Tobak! Im Grunde ist es ja eine Gaunergeschichte: Ein unehrlicher Verwalter, der für sein Handeln auch noch gelobt wird!

Der Verwalter soll Rechenschaft ablegen. Der Mann fängt erst gar nicht an, zu argumentieren oder zu verhandeln. Er weiß, dass er schuldig ist. Aber das scheint ihn nicht weiter zu kümmern. Er ist in seinem Leben in eine Sackgasse geraten. Dafür sucht er einen Ausweg. Der Verwalter findet einen Dreh, der eindeutig auf Kosten seines Arbeitgebers geht. Mit dem Ergebnis: „Und der Herr lobte den betrügerischen Verwalter, weil er so schlau gehandelt hatte.“

Keine Ermahnung, keine Strafe, stattdessen - - - Lob?! Ein Schlag ins Gesicht für alle, die versuchen, ohne solche Tricks durchs Leben kommen! Die Geschichte hat es in sich. Schauen wir also noch einmal hin.

Drei Personen stehen im Blickpunkt: Der reiche Mann, die Schuldner und der Verwalter. Lassen wir sie zu Wort kommen, wie sie die ganze Sache erlebt haben könnten:

Zunächst der reiche Mann:

„Ja, ich bin reich! Ich steh‘ dazu. Ich habe den Verwalter als Geschäftsführer eingestellt. Sein Job ist es, sich um alles zu kümmern. Und sein Job ist es, dass die Rendite am Jahresende stimmt. Für mich natürlich! Und was macht der? Zweigt einen Teil der Gewinne für sich selbst ab! Klar, dass ich mir den vorgeknöpft habe! Rausgeschmissen habe ich ihn! Der soll froh sein, dass ich ihn nicht angezeigt habe!

Aber was mein Verwalter dann gemacht hat, das schlägt dem Fass den Boden aus. Hat den anderen einfach in meinem Namen Schulden erlassen! Er hat mir mit krimineller Energie einen riesigen Vermögensschaden zugefügt. Und dann sagt dieser Jesus auch noch: Gut so! Das ist der eigentliche Skandal. Das ist doch Anstiftung zu Betrug und Untreue!“

Zweitens sind da die Schuldner:

„Sie müssen wissen – wir Pächter leiden darunter, dass die Pacht meist viel zu hoch ist. Fällt die Ernte schlecht aus, können wir die Pacht nicht bezahlen. Da wächst schnell ein Schuldenberg an. Wir sind dann den Großgrundbesitzern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Überlegen Sie mal: 100 Fässer Olivenöl – das ist der Gesamtertrag von 140 Ölbäumen. Und 100 Sack Weizen – das muss man erst einmal hereinwirtschaften. Niemals hätte ich meine Schulden zahlen können. Und deshalb war es für uns ein Akt der Gnade, dass der Verwalter uns einen Teil unserer Schulden erlassen hat. Ein kleiner Hoffnungsschimmer auf dem Weg heraus aus der Schuldenfalle.

Klar hat der Verwalter das getan, um seine eigene Haut zu retten und gut bei uns dazustehen. Aber er weiß wie kein anderer, wie ungerecht das ganze System ist. Er hat dem System ein Schnippchen geschlagen. Und dass Jesus das lobt, das liegt bestimmt daran, weil er damit sagen will: „Solche Belastungen sind ungerecht.“

Ich würde den Verwalter nicht als „ungerecht“ bezeichnen. Eher als einen „klugen Verwalter des Unrechts“. Weil er endlich etwas getan hat gegen die Ungerechtigkeit.“

Dann wäre da noch der Verwalter selbst:

„So lange habe ich für meinen Chef geschuftet. Bloß weil der den Hals nicht vollbekommt, hat er mich gefeuert. Immer habe ich gut für ihn gewirtschaftet.

Nichts habe ich verschleudert – investiert habe ich für ihn. Da kann auch mal was danebengehen.

Aber mein Chef wollte gar keine Erklärungen hören. Wahrscheinlich hatte er schon längst jemanden anderen in der Hinterhand. Der billiger ist als ich. Und ihm nicht so leicht widerspricht wie ich.

Egal…. Für mich blieb nur eins: Wie soll es weitergehen? Wovon sollen meine Familie und ich leben? Ich weiß, es war nicht ganz sauber, dass ich die Schulden der Pächter nach unten gerechnet habe. Ich würde das auch nicht als gute Idee zum Nachahmen sehen. Aber ich musste doch was tun, damit es weitergeht für mich. So habe ich eben mir und nebenbei auch noch anderen geholfen!“

Und Jesus? - Und der Herr lobte den betrügerischen Verwalter, weil er so schlau gehandelt hatte. Der Verwalter bleibt ein „betrügerischer“ Verwalter. Gelobt wird er aber, „weil er schlau gehandelt hatte“. Weil er erkannt hatte, dass jetzt, in diesem Moment, etwas getan werden muss. Jetzt, angesichts seiner ganz persönlichen Katastrophe muss er für sich und seine Zukunft sorgen, seine Existenz sichern.

Das tut der Verwalter auf seine eigene, zugegeben unkonventionelle Art. Er macht sich dabei keine Illusionen. Und er denkt auch nicht daran, sein Leben grundsätzlich zu ändern: Für schwere Arbeit bin ich nicht geeignet. Und ich schäme mich, betteln zu gehen.

Entschlossen, mutig und schlau ergreift er die Möglichkeiten, die sich bieten. Er macht sich, wie es am Ende heißt, „Freunde mit dem ungerechten Mammon“. „Schlau handeln“ bedeutet dann: „Nutzt den ungerechten Mammon.“

Der „Mammon“, das Geld, steht immer in Gefahr, dass wir unser Herz daran hängen.

Mehr haben wollen, koste es, was es wolle. Unsere ganze Energie hineinstecken. Dann trennt „der Mammon“ uns von Gott. Dann wird er „ungerecht“.

Jesus ruft nicht zum Betrug auf. Er ruft dazu auf, das Geld großzügig für andere zu nutzen. „Mach was draus! Nutze dein Geld und deine Stellung, um anderen eine Freude zu machen. Sie zu unterstützen. Nutze die ‚Talente‘, die dir gegeben wurden, für dich und andere. Tu ihnen Gutes und dir.“ Das ist ein kluger und schlauer Umgang mit Geld und anderen materiellen Gütern.

Hinzu kommt: Der Verwalter hat in einer ausweglosen Situation das getan, was nötig war und in seinen Kräften und Fähigkeiten stand.

Heute, am Volkstrauertag, steht nicht nur im Fokus, was unsere Großeltern, unsere Eltern vor gut 80 Jahren getan oder nicht getan haben. Oder was wir damals getan hätten. Der Volkstrauertag macht heute vor allem Sinn, weil er uns vor die Frage stellt:

Was tun wir heute? Und damals wie heute ist es oft nicht einfach zu sagen, was richtig ist. Die Welt ist kompliziert.

Das Ziel, fossile Energien durch nachwachsende Rohstoffe zu erneuern, dient eindeutig der Bewahrung der Schöpfung. Dafür riesige Monokulturen mit Mais auf unseren Feldern anzubauen oder Regenwälder für Palmölplantagen abzuholzen, nicht.

Jesus möchte uns auf der Seite des Handelns sehen. So verstehe ich diese schwierige Geschichte vom „betrügerischen Verwalter“, die uns Jesus erzählt:

Es geht ja um etwas unendlich Wichtiges: Sich ein Zuhause in Gottes ewigen Wohnungen zu schaffen, wie es am Ende heißt.

Handeln – auch wenn ich dabei eine „ungerechte Verwalterin“ bleibe. Dabei nutzen, was an Fähigkeiten, Stärken, Verstand und Kreativität uns Gott mitgegeben hat. Handeln, weil wir die Zukunft nicht aufgeben.

Wie der ungerechte Verwalter haben auch wir bei Jesus eine Chance. Sie gilt es zu nutzen und zu leben als Kinder des Lichts.

Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen. 

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