Predigt vom Sonntag Lätare, 14. März 2021

Predigt zu Johannes 12, 20-25; Sonntag Lätare, 14. März 2021, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Norbert Heinritz

Die Ankündigung der Verherrlichung

20 Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest. 21 Die traten zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollen Jesus sehen. 22 Philippus kommt und sagt es Andreas, und Andreas und Philippus sagen's Jesus. 23 Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. 24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. 25 Wer sein Leben liebhat, der verliert es; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird's bewahren zum ewigen Leben. (Johannes 12,20-25)

Liebe Gemeinde,

ein verwirrendes Bibelwort ist das heute. Wie passt das alles zusammen? Unser Bibelwort wirft viele Fragen auf.

Da ist von den Griechen die Rede: Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest. Die traten zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollen Jesus sehen. Wer ist mit diesen Griechen gemeint? Was wollen sie von Jesus?

Warum wird da so umständlich erzählt? Philippus kommt und sagt es Andreas, und Andreas und Philippus sagen's Jesus. Warum gehen diese Griechen nicht direkt zu Jesus, sondern zu Philippus, und der geht dann erst noch zu Andreas, und die beiden sagen es dann Jesus?

Und dann die Antwort Jesu: Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. Das ist doch eigentlich gar keine Antwort auf die Bitte dieser Griechen. Was heißt es, wenn da von Verherrlichung die Rede ist? Und was hat das Gleichnis mit dem Weizenkorn zu bedeuten?

Dann auch noch dieser erschreckende Satz: Wer sein Leben liebhat, der verliert es; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird's bewahren zum ewigen Leben. Wer hat sein Leben denn nicht lieb? Wie soll man das verstehen?

Und schließlich: Wo bleiben nun zum Schluss eigentlich diese Griechen?

Ja, ein Bibelwort ist das heute, dem man sich Schritt für Schritt annähern muss. Fangen wir von vorne an:

Sich einlassen statt zusehen

Wer waren nun diese Griechen? Sie kommen im Johannesevangelium hier das erste Mal vor. Nach Jerusalem kommen sie, um dort Gott zu anzubeten. Offenbar sind sie keine Juden, sondern Sympathisanten des jüdischen Glaubens. Menschen auf der Suche nach Gott vielleicht. Oder welche, die sich nicht richtig entscheiden können. Ein bisschen Jude sein – ja! Sich das Ganze mal ansehen – ok! Aber sich gleich so richtig diesem Glauben anschließen…?

Ich habe da an manchen Konfirmanden und manche Konfirmandin gedacht: Ja, ich gehe da mal hin! Mal sehen, wie das ist. Am Ende gib es auch Geschenke. Schaden kann es ja nicht! Aber sich so richtig einlassen, sein Leben ganz persönlich Gott anvertrauen – muss das sein?

Bei den Griechen in unserem Bibelwort würde dazu passen, dass sie Jesus sehen wollen. Sie wollen ihn nicht sprechen. Sie habe keine Frage. Sie wollen von ihm nichts hören. Sie wollen ihn einfach nur sehen. Wenn man schon mal in Jerusalem ist, muss man auch diesen Jesus gesehen haben. Waren diese Griechen Schaulustige des Glaubens? Mal sehen, wer das ist, aber sich ja nicht zu sehr darauf einlassen! Man könnte ja plötzlich mit hineingezogen werden. Es gibt solche Leute, die sich am liebsten aus allem raushalten.

Vermittelter Glaube

Und dann diese umständliche Erzählung: Die Griechen sagen es Philippus, Philippus sagt es Andreas und beide sagen es Jesus. Philippus und Andreas sind die einzigen Apostel mit griechischen Namen. Vielleicht will der Evangelist Johannes hier deutlich machen, dass die fremden Griechen, also die, die keine Juden sind, nur durch die Apostel zu Jesus kommen können.

Im Grunde wie bei uns! Wie kommen wir zum Glauben? Wie kommen wir dazu, Gott zu vertrauen? Nur durch andere! Durch Menschen, die uns den Glauben vermitteln: Eltern, Großeltern, Lehrer, Pfarrer, Freunde. Diese alle sind auch Apostel. Apostel heißt ja nichts anderes als Gesandte des Glaubens.

Am Kreuz sieht man den Heiland

Und dann diese Antwort Jesu: Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Jetzt ist es also soweit. Dreimal vorher im Johannesevangelium sagt Jesus, dass „seine Stunde noch nicht gekommen sei!“ Jetzt aber ist es soweit. Hier beginnt im Johannesevangelium die Passionszeit und damit auch das Ziel des Auftretens Jesu. Jesus soll verherrlicht werden. Gemeint ist damit der Kreuzestod Jesu. Der Tod Jesu am Kreuz ist kein Scheitern, keine Erniedrigung, sondern eine Erhöhung, ein Sieg, eine Verwandlung.

Will man das als Antwort auf die Bitte der Griechen verstehen, könnte man Jesu Worte auch so deuten: „Was wollt ihr mich jetzt noch sehen. Meine Stunde ist da. Mich können bald alle sehen. Erhöht, oben am Kreuz hängend. Erst da ist wirklich zu erkennen, wer ich bin: Euer Retter. Ich besiege für euch den Tod.“

Ohne Hingabe keine Erfüllung

So passt dann auch dieses kleine Gleichnis vom Weizenkorn in unseren Bibelabschnitt. Es ist der Wochenspruch für diese Woche. Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. Es war damals die Vorstellung, dass das Korn, wenn es ausgesät ist, in der Erde sterben muss, damit Neues entsteht. Und in der Tat: wenn ein Weizenhalm gewachsen ist, ist in der Erde nichts mehr vom ursprünglichen Korn zu sehen. Korn, das nicht in die Erde gesät wird, verliert seine Kraft. Wenn es feucht wird, vergammelt es gar.

Mit anderen Worten: Damit etwas wachsen kann, damit etwas aufgeht, muss man auch etwas einsetzen und hingeben. Ohne Einsatz gibt es keinen Gewinn, ohne Hingabe keine Erfüllung, ohne Geben kein Nehmen.

Jesus bezieht dieses Gleichnis auf sich selber. Er muss sterben, um den Menschen Leben zu bringen. Sein Tod bringt Leben. Sein Sterben verwandelt die Welt und bringt viel Frucht, den Menschen das Heil. Dass Jesus stirbt, ist nicht umsonst. Ein hoffnungsvolles Bild ist das.

Hoffnung statt Selbsthass

Und dann kommt dieser erschreckende Satz: Wer sein Leben liebhat, der verliert es; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird's bewahren zum ewigen Leben. Was Jesus zuerst auf sich bezieht, wird nun verallgemeinert. Nicht nur er ist so ein Weizenkorn, sondern jeder und jede.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen bei dieser Aussage geht. Bei mir hat sich Widerspruch geregt: Hat nicht jeder sein Leben lieb? Ich schon! Ist es nicht gerade unsere Aufgabe als Christen, unser Leben zu lieben? Selbsthass tut keinem Menschen gut. Er ist zerstörerisch. Nicht hassen, sondern lieben sollen wir! Wie soll man diese Worte Jesu verstehen?

Hilfreich ist es, sich die Christen vor Augen zu führen, an die Johannes sein Evangelium schreibt. Diese ersten Christen lebten in einer schwierigen Zeit. Sie mussten damit rechnen, für ihren Glauben zu sterben. Für uns ist das kaum vorstellbar, was es heißt: Anstatt seinen Glauben zu leugnen, vielleicht sogar sein Leben zu verlieren.

Unser Bibelwort kann da Ermutigung sein: Wer sein Leben für den Glauben lassen muss, der wird es am Ende zum ewigen Leben erhalten. Denken wir an die letzten Worte Dietrich Bonhoeffers auf dem Weg zur Hinrichtung am 9. April 1945: „Das ist das Ende. Für mich der Beginn eines neuen Lebens.“

Ich verstehe unser Bibelwort so: Um Hoffnung geht es, nicht um Selbsthass. Wir brauchen nun wirklich keine Einsiedler und Mönche mehr, wie es sie im Christentum schon mal gab, die sich selber geißeln, schlagen, kasteien, hungern und meinen, damit Jesus näher zu kommen. Wir brauchen wirklich keinen mehr, der sich selber niedermacht und andere vielleicht noch dazu und damit meint, Jesus näher zu kommen. Nein, wir brauchen Menschen, die hoffen über Leid und Tod hinaus.

Wer sich verschenkt, bekommt geschenkt

Ein Grundprinzip des Lebens spiegelt sich in diesen Worten Jesu. Nur wer etwas von sich hergibt, kann auch etwas empfangen. Nur wer sich verschenkt, bekommt etwas geschenkt. Wer versucht, immer nur sich selber festzuhalten, immer mehr zu kriegen, zu haben, gar zu raffen, wird am Ende mit leeren Händen dastehen.

Mich erinnert das an einen entfernten Verwandten aus meiner Jugendzeit, mittlerweile längst verstorben. Sein Wahlspruch war: Sich auf keinen Fall etwas schenken lassen. Da müsste man ja dankbar sein. Geburtstage hat er gehasst. Selber hat er keinen gefeiert. Er ist auch zu keinem gegangen. Gefühle waren ihm zu sentimental. Sich verschenken, sich hergeben konnte er nicht. Wärme war da auch keine zu spüren und keine Liebe. Ich war damals noch ein Jugendlicher und er ein Erwachsener mit etwa 50. Er hat mir leidgetan. Denn im Grund war er ein ganz einsamer Mensch.

Nur wer sein Leben austeilt, sich hingibt und verschenkt, wird das Leben gewinnen. Um Hingabe geht es, nicht um Selbsthass. Es geht darum, dass ich mein Leben etwas Größerem schenke, Gott nämlich, und damit den eigentlichen Sinn meines Lebens finde.

Entdecken, dass Gott einen trägt

Und was ist jetzt mit unseren Griechen? Man erfährt weiter nichts mehr von Ihnen. Sie verschwinden einfach aus der Geschichte. Deutlich macht das: Bei Jesus kommt man als Zuschauer oder Schaulustiger nicht weiter. Einen tragfähigen Glauben bekomme ich nicht, wenn ich mir die Sache einfach nur mal so ansehe. Einen tragfähigen Glauben bekomme ich nur, wenn ich mich einlasse, mich hingebe, mein Leben Gott anvertraue. Dann werde ich entdecken, dass Gott mich trägt und hält und liebt. Nur wer sein Leben verschenkt, wird es gewinnen. Amen.

Pfarrer Norbert Heinritz

Mehr lesen aus dem Magazin zum Thema Spiritualität

Diesen Artikel teilen

Haben Sie Fragen? Wir helfen Ihnen gerne.

Wenn Sie sich näher über unser Angebot informieren möchten, können Sie gerne Ihre
bevorzugte Kontaktmöglichkeit hinterlassen.

Oder rufen Sie uns an unter unserer Service-Nummer:

+49 180 2823456 (6 Cent pro Gespräch)