Predigt vom 19. Sonntag nach Trinitatis, 18. Oktober 2020

Predigt zu Epheser 4, 22-32; 19. Sonntag nach Trinitatis, 18. Oktober 2020, Diakonissentag, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Norbert Heinritz

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Unser heutiges Bibelwort steht im Epheserbrief im 4. Kapitel (Epheser 4, 22-32):

Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.

Weisungen für das neue Leben

Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind. Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen und gebt nicht Raum dem Teufel. Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem Bedürftigen abgeben kann. Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es hören. Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung. Alle Bitterkeit und Grimm und Zorn und Geschrei und Lästerung seien fern von euch samt aller Bosheit. Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern,

Kleider machen Leute. Sie kennen wahrscheinlich alle dieses Sprichwort. Je nachdem, was ich angezogen habe, wirke ich nach außen anders. Es macht einen Unterschied, ob ich Menschen mit Arbeitsmontur oder mit dem Trainingsanzug oder mit Anzug und Krawatte oder gar im Talar begegne. Je nachdem, was ich anhabe, werde ich anders eingeschätzt. Die Menschen reden anders mit mir. Ich selber fühle mich anders.

Kleider mache Leute. Sie werden das als Diakonissen sicher auch kennen, wie unterschiedlich Begegnungen gerade mit fremden Menschen sind, ob sie nun Tracht tragen oder nicht. Wie war das eigentlich, als Sie vor vielen, vielen Jahren das erste Mal in die Tracht geschlüpft sind? Erinnern Sie sich? Wie hat es sich angefühlt? War es ungewohnt? Fanden Sie es befremdlich? Oder hat sich auch ein bisschen Stolz eingemischt? Und wie ist es Ihnen in all den Jahren mit dem Tragen der Tracht gegangen?

Auch in unserem Bibelwort geht es im übertragenen Sinn um Kleiderwechsel. Noch deutlicher als im Luthertext ist es in der Übersetzung der Hoffnung-für-alle-Bibel:

Ihr sollt euer altes Leben wie alte Kleider ablegen. Folgt nicht mehr euren Leidenschaften, die euch in die Irre führen und euch zerstören. Lasst euch in eurem Denken verändern und euch innerlich ganz neu ausrichten. Zieht das neue Leben an, wie ihr neue Kleider anzieht. Ihr seid nun zu neuen Menschen geworden, die Gott selbst nach seinem Bild geschaffen hat. Jeder soll erkennen, dass ihr jetzt zu Gott gehört und so lebt, wie es ihm gefällt.

Wie war das, als Sie zur Diakonisse eingesegnet wurden?

Der Schreiber des Epheserbriefes denkt hier an die Taufe. In der frühen Christenheit wurden ja vor allem Erwachsene getauft. Sie erhielten Taufunterricht, und im Allgemeinen wurde dann am Ostersonntag die Taufe vollzogen. Die erwachsenen Täuflinge wechselten bei der Taufe auch konkret die Kleider. Als sichtbares Zeichen des geschenkten Neubeginns, der Vergebung und der Versöhnung mit Gott zogen sie ein weißes Taufkleid an. Mit ihm gingen sie dann jeden Tag in den Gottesdienst bis zum Sonntag nach Ostern. Daher der Name des „Weißen Sonntags“.

Natürlich ist die Taufe nicht einfach eine äußere Verwandlung, sondern vielmehr eine innere. Wer Jesus und seiner Botschaft begegnet, dessen Leben wird verwandelt. Davon erzählen viele biblische Geschichten, auch unser Evangelium heute. Aus einem Gelähmten wird einer, der wieder gekräftigt ins Leben gehen kann.

Davon erzählen auch viele Lebensgeschichten. Wahrscheinlich könnte fast jede und jeder von Ihnen erzählen, wie die Begegnung mit Jesus und seiner Botschaft etwas in einem verwandelt hat. Wenn du hörst, dass du ein geliebtes Kind Gottes bist: Dein himmlischer Vater liebt dich, sogar, wenn du es erst mal gar nicht selber glauben kannst… Wenn du Vergebung erfährst und dann neu und frei ins Leben gehen kannst… Wenn du merkst, du bist wichtig und wirst von Gott gebaucht. Jeder und jede von uns wird gebraucht…


Wenn du entdeckst, was Gott dir jeden Tag aufs Neue schenkt… Oder wenn du fällst und dich dann irgendwann in den Armen Gottes wiederfindest – vielleicht siehst du das auch erst im Nachhinein, dass da einer war, der dich aufgefangen hat… – Das sind Erfahrungen, die einen verändern.

Fallen Ihnen solche Erfahrungen ein, die das Herz erfüllen können? Wer Jesus und seiner Botschaft begegnet, dessen Leben wird verwandelt. Genau davon handelt unser Bibelwort.

Zieht das neue Leben an, wie ihr neue Kleider anzieht. Ihr seid nun zu neuen Menschen geworden, die Gott selbst nach seinem Bild geschaffen hat. Jeder soll erkennen, dass ihr jetzt zu Gott gehört und so lebt, wie es ihm gefällt.

Es ist nicht so, dass du jemand werden musst, der du nicht bist. Niemand muss Superchrist oder Superchristin sein. Es heißt nicht: Jesus sucht den Superstar, sondern du sollst der Mensch werden, den Gott nach seinem Bild der Liebe geschaffen hat. Du sollst erkennen, dass du zu Gott gehörst, geliebt bist und lieben kannst. Das neue Leben ist das Leben, wie wir von Gott gedacht sind.

In unserem Bibelwort wird dieses Leben dann so beschrieben: Lesen wir noch einmal in der Übersetzung der Hoffnung für alle:

Belügt einander also nicht länger, sondern sagt die Wahrheit. Wir sind doch als Christen die Glieder eines Leibes, der Gemeinde von Jesus. Wenn ihr zornig seid, dann ladet nicht Schuld auf euch, indem ihr unversöhnlich bleibt. Lasst die Sonne nicht untergehen, ohne dass ihr einander vergeben habt. Gebt dem Teufel keine Gelegenheit, Unfrieden zu stiften. Wer bisher von Diebstahl lebte, der soll sich jetzt eine ehrliche Arbeit suchen, damit er auch noch Notleidenden helfen kann. Redet nicht schlecht voneinander, sondern habt ein gutes Wort für jeden, der es braucht. Was ihr sagt, soll hilfreich und ermutigend sein, eine Wohltat für alle. Tut nichts, was den Heiligen Geist traurig macht. Als Gott ihn euch schenkte, hat er euch sein Siegel aufgedrückt. Er ist doch euer Bürge dafür, dass der Tag der Erlösung kommt. Mit Bitterkeit, Wutausbrüchen und Zorn sollt ihr nichts mehr zu tun haben. Schreit einander nicht an, redet nicht schlecht über andere und vermeidet jede Feindseligkeit. Seid vielmehr freundlich und barmherzig und vergebt einander, so wie Gott euch durch Jesus Christus vergeben hat.

Freilich: Wenn man das hört, mag man sich fragen, ist dieser Anzug nicht eine oder gar mehrere Nummern zu groß? Wird einem da nicht zu viel zugemutet? Ist das nicht eher eine Zwangsjacke als ein christliches Freudenkleid?

Nein, liebe Gemeinde, liebe Schwestern. Es geht nicht um Zwang, es geht nicht um einen erhobenen Zeigefinger. Sondern es geht um eine veränderte Haltung, um eine innere Verwandlung.

Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn. Oder wie man auch übersetzen kann: Lasst euch erneuern. Lasst euch in eurem Denken verändern und euch innerlich ganz neu ausrichten.

Also kein krampfhaftes Tun, sondern ein Sich-Von-Jesus-Verändern-Lassen. Denn:

Wer geliebt wird, kann lieben. Wem vergeben wird, kann vergeben. Wer Versöhnung mit Gott erfahren hat, kann dem andern oder der anderen die Hand zur Versöhnung entgegenstrecken. Wer die gute Botschaft hört, kann gute Worte für andere haben. Wer ermutigt wird, kann ermutigen. Wer Barmherzigkeit erlebt, kann barmherzig mit anderen sein. Das mag nicht immer gelingen, wer könnte das auch schon von sich sagen. Barmherzig sein heißt freilich auch mit sich selber barmherzig sein.

Die eigentliche Verwandlung ist nicht, was wir tun, sondern, dass uns die Augen aufgehen für das, was für uns getan ist, was Jesus für uns getan hat.

Ich möchte das noch einmal in dem Bild sagen: Kleider machen Leute. Im Allgemeinen haben wir diese Kleider nicht selber genäht. Die hat ein anderer für uns gemacht. Auch dieses Kleid des Glaubens, um das es heute geht, brauchen wir nicht selber zu nähen. Das Kleid hat Jesus schon für uns genäht, für jeden so, dass es passt, nicht zu groß, nicht zu klein, sondern so, dass es für dich an deinem Ort und so, wie du bist, passt. Du brauchst kein anderer und keine andere zu werden, sondern nur hineinschlüpfen in das Leben, das Jesus dir geschenkt hat.

Es gibt solche Zeiten und Momente im Leben, wo es einen ganz besonders erfüllt und man sagen kann: „Ja, dieses Kleid des Glaubens passt mir ganz genau!“ Schön, wenn man das kennt und im Herzen tragen kann. Es ist ein Geschenk Gottes. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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