Predigt vom 8. Sonntag nach Trinitatis, 25. Juli 2021

Predigt zu 1. Korinther 6, 9-14.18-20; 8. Sonntag nach Trinitatis, 25.07.2021, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Dr. Peter Munzert

Liebe Gemeinde,

wenn wir den heutigen Predigttext hören, brauchen wir zunächst einen kühlen Kopf. Denn er enthält viele Reizworte, vor allem zum Thema Sexualität und sexuellem Fehlverhalten.

Der Apostel Paulus bezieht sich auf konkrete Alltagsprobleme der Menschen in der damaligen Großstadt Korinth. Dort herrschte eine sehr offene Lebens- und Sexualmoral vor. Machtmissbrauch, Gier, Diebstahl, Trunkenheit und sexueller Missbrauch gehörten zum Alltag. Dagegen findet Paulus kritische Worte.

Aber das ist nur ein Teil des Predigttextes. Vielmehr geht es um die Frage, was uns heute im Leben bestimmt. Was leitet uns an? Woran orientieren wir uns?

Da der Bibeltext so viele Reizworte zur Sexualität enthält und zudem sprachlich im Hören schwer verständlich ist, habe ich diesmal eine Übertragung aus der Bibel in gerechter Sprache, der Basis-Bibel, und eigene Übersetzung gewählt.

Bitte lesen Sie bei Gelegenheit auch den Text in der Lutherübersetzung von 2017 nach.

Der Apostel Paulus schreibt: 1. Kor 6, 9-14 + 19-20

9 Oder wisst ihr nicht, dass alle, die ungerecht handeln, die *gerechte Welt Gottes nicht erben werden? Täuscht euch nicht! Alle, die mit Sexualität unverantwortlich umgehen, die andere Gottheiten verehren, die in der Ehe oder in gleichgeschlechtlichen Beziehungen das Recht Gottes verletzen, 10 alle, die andere bestehlen oder gierig nach immer mehr Geld und Besitz sind, die im Rausch anderen schaden, die verleumden und ausbeuten – sie alle werden die *Welt Gottes nicht erben. 11 Einige von euch hatten diese Ungerechtigkeiten begangen. Dennoch seid ihr reingewaschen, dennoch seid ihr geheiligt, dennoch seid ihr gerecht gesprochen im Namen unseres *Befreiers Jesus, des Messias, und durch die *Geistkraft, die von unserem Gott kommt.

12 Ihr sagt: Ich darf alles! Aber das heißt doch nicht, dass alles gut für euch ist. Ihr sagt: Ich darf alles! Aber das heißt doch nicht, dass ihr euch dafür an eine andere Macht verkaufen sollt! (…) Unser *Körper soll nicht für beziehungslose Sexualität da sein, sondern für den *Befreier, und der Befreier für den Körper. 14 Gott hat ja den *Messias *aufstehen lassen und lässt uns durch göttliche Macht aufstehen.

19 Oder wisst ihr nicht, dass euer *Körper ein Tempel der heiligen *Geistkraft ist, die in euch ist und die ihr von Gott erhalten habt? Ihr gehört euch nicht selbst. 20 Ihr seid für einen hohen Preis erworben worden. Darum: Lobt Gott mit eurem Körper.

Der Herr segne Reden und Hören an uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde,

vielmehr geht es um die Frage, was uns heute im Leben bestimmt. Was leitet uns an? Woran orientieren wir uns? Ich gewinne aus dem Bibeltext zwei Einsichten.

Ich fange mit den letzten zwei Verses des Predigttextes an.

19 (…) wisst ihr nicht, dass euer *Körper ein Tempel der heiligen *Geistkraft [des Heiligen Geistes - Luther 2017] ist, die in euch ist und die ihr von Gott erhalten habt? Ihr gehört euch nicht selbst. 20 Ihr seid für einen hohen Preis erworben worden, [Ihr seid Teuer erkauft - Luther 2017]. Darum: Lobt Gott mit eurem Körper.

Wir gehören nicht uns selbst, wir gehören Gott. So wie wir sind, mit Haut und Haaren, ganzheitlich, würden wir heute sagen.

Das ist die erste Einsicht. Wir gehören zu Gott. Das ist gleichzeitig eine gläubige und eine demütige Haltung.

Daraus leben wir. Das gibt uns Kraft und Halt. „Ihr seid teuer erkauft“ heißt es in der Lutherübersetzung. Dieses Bibelwort hing in Bobengrün im Flur der Großmutter meiner Frau. Man konnte gar nicht anders als diese Worte des Apostel Paulus immer wieder zu lesen, wenn man durch den Flur ging. Sie waren auf Stoff gestickt und in einem Bilderrahmen schmuckvoll aufgehängt, gewissermaßen als eine ständige Erinnerung, vielleicht auch als eine Mahnung, aber doch vor allem als eine große Gewissheit – wir gehören zu Gott. Das ist nun lange her, aber ich habe dieses gestickte Bibelwort im Bilderrahmen noch immer vor Augen.

Ich habe die längst verstorbene Großmutter nie gefragt, was sie wohl mit den Worten des Apostel Paulus verbunden hat? Vielleicht mag sie beim Sticken der Bibelworte an die eine oder andere Erweckungspredigt gedacht haben, die es dort früher viel gab. Oder an eine Bibelstunde, in der über das christliche Leben gesprochen wurde. Vielleicht war auch einmal der Kreuzestod Jesu und seine Deutung am Karfreitag ein Thema.

Der frühere Ratsvorsitzende der EKD, Nikolaus Schneider, sagt zu diesen Worten Paulus: „Als Christinnen und Christen leben wir als begnadigte Sünder und Sünderinnen.“[1]

Denn Gott hat uns gerecht gesprochen. Wir leben aus der Gnade Gottes. Wir wissen wohl, dass wir Schwächen haben, falsche Dinge tun und oft genug nicht zugeben wollen, wenn etwas schiefläuft. Dennoch verurteilt Gott uns nicht und spricht uns am Ende gerecht.

Dabei, und das ist für mich die zweite Einsicht in unserem Text, sollen wir Gott mit Leib und Seele loben. Unser Körper ist der Tempel des Heiligen Geistes, wie wir in der Lutherübersetzung lesen können. Der Geist Gottes ist in uns, in unserem Körper. Und alles, was wir als gläubige Christinnen und Christen tun, kann Gottesdienst sein. So wie Martin Luther es sagt, kann die Arbeit auf dem Feld, in der Küche, in der Familie, in der Gesellschaft Gottesdienst sein – wenn es denn aus dem Glauben heraus geschieht.

In Bezug auf die allzu viele Leiblichkeit oder falsch verstandene Sexualität hat sich im Christentum immer wieder eine Kritik an der Leiblichkeit und an der Sexualität schlechthin durchgesetzt. Der Apostel benennt konkretes Fehlverhalten und warnt davor. Manche Warnung vor Missbrauch ist auch heute noch aktuell und nötig.

Doch verstehe ich Paulus so, dass es um eine verantwortliche Sexualität geht. Wir leben heute in unterschiedlichsten Formen zusammen, Männer und Frauen, sogenannte Patchwork-Familien, oder auch in neuen Formen von diverser Geschlechtlichkeit, die Paulus noch nicht kannte. Es geht um ein verantwortliches Beziehungsleben als Christ oder Christin insgesamt. Denn der Apostel warnt auch vor der Gier nach Reichtum und Macht oder Unmäßigkeit.

Wir wissen, was zu tun ist. Denn es ist in der Heiligen Schrift gesagt, "was gut ist" und was Gott, der HERR, von uns fordert, nämlich: "Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott." So hat es uns schon der Prophet Micha auf den Weg gegeben (Micha 6,8).

Für die Großmutter meiner Frau gab es besondere Regeln in ihrer Zeit, wie man Gott mit Leib und Seele lobt. Dazu gehörten der Kirchgang an Sonn- und Feiertagen, der Gesang, das Gebet vor dem Essen und natürlich die Bibelstunde.

Die Choräle aus dem Gesangbuch kannte die Großmutter meiner Frau meist auswendig. Das Lied „Befiehl Du Deine Wege“ von Paul Gerhard hat zwölf Strophen. Viele aus ihrer Generation können alle auswendig. Ich steige spätestens nach der vierten Strophe aus.

Jede Generation singt ihre eigenen Lieder. Ich habe viel Lobpreismusik gemacht und gesungen und gehe gerne auf Kirchentage, mit einer ganz eigenen Gottesdienst- und Feierkultur. Bestand früher die Sorge, dass zu viel Körperlichkeit vom Glauben ablenkt, sagen wir heute, dass Musik, Tanz oder christliche Musicals auch zu Gott hinführen können.

2023 ist es in Nürnberg wieder soweit. Der Kirchentag kommt in unsere Region.

Aus alldem, was ich bei Paulus verstanden, jetzt ausgelegt und gesagt habe, möchte ich jetzt festhalten:

Es ist nicht egal, wie wir leben. Es ist nicht egal, wie wir Menschen zueinander in Beziehung treten.

Es kommt darauf an, es verantwortlich zu tun, mit gutem Willen und einer Spur Demut – aber vor allem mit der großen Gewissheit und dem tiefen Bewusstsein: "Wir gehören zu Gott!"

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.



[1] "Gott loben mit Leib und Seele". Predigt über 1. Korinther 6, 9-14 + 18-20 anlässlich eines Gottesdienstes in der Reihe "Bischofspredigt auf Wittow", Nikolaus Schneider, 29.07.2012; https://www.ekd.de/20120729_rv_wittow.htm, Zugriff vom 24.07.2012.

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