Predigt vom Pfingstmontag, 24. Mai 2021

Predigt zu 1. Korinther 12, 4-11; Pfingstmontag, 24. Mai 2021, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Norbert Heinritz

Geist sei Dank, wir sind begabt. So, liebe Gemeinde, lautet die Überschrift für die heutige Predigt am Pfingstmontag. Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Wir werden heute daran erinnert, wie viele Geistesgaben uns geschenkt sind.

Geist sei Dank, wir sind begabt. So könnte auch die Überschrift unseres heutigen Bibelworts lauten. Paulus schreibt da an die Gemeinde in Korinth von den Gaben des Heiligen Geistes. Ich lese aus dem 1. Brief des Paulus an die Gemeinde in Korinth im 12. Kapitel:

Viele Gaben – ein Geist

4Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. 5Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. 6Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen. 7Durch einen jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller. 8Dem einen wird durch den Geist ein Wort der Weisheit gegeben; dem andern ein Wort der Erkenntnis durch denselben Geist; 9einem andern Glaube, in demselben Geist; einem andern die Gabe, gesund zu machen, in dem einen Geist; 10einem andern die Kraft, Wunder zu tun; einem andern prophetische Rede; einem andern die Gabe, die Geister zu unterscheiden; einem andern mancherlei Zungenrede; einem andern die Gabe, sie auszulegen. 11Dies alles aber wirkt derselbe eine Geist, der einem jeden das Seine zuteilt, wie er will.

Liebe Gemeinde,

Geist sei Dank, wir sind begabt. Ja, wir alle haben großartige Begabungen. Jeder und jede von uns hat ganz eigene, besondere Fähigkeiten, die ihm oder ihr im Leben mitgegeben wurden.

Ich erinnere mich an einen Geburtstagsbesuch bei einer 70-Jährigen, die bis zum Ruhestand an verantwortlicher Stelle gearbeitet hatte. „Na, wie geht’s im Ruhestand?“, fragte ich sie. Sie stand auf und holte ein schönes, abstraktes Gemälde. „Schauen Sie, eine Freundin hat mich in einen Malkurs mitgenommen. Erst wollte ich gar nicht. Und jetzt macht es mir richtig Spaß. Und ich hab‘ immer gedacht, ich kann nicht malen.“ - Geist sei Dank, wir sind begabt.

Oder etwas anderes: Im Religionsunterricht in der 3. Klasse habe ich die Aufgabe gegeben, ein Bild zu einer biblischen Geschichte zu malen. Plötzlich fliegt ein Heft durchs Klassenzimmer. „Ich kann das nicht! Ich kann nicht malen! Ich kann überhaupt nichts! Ich bin doof,“ schreit ein Bub. Ich hebe das Heft auf und gehe zu ihm. „Ja, vielleicht ist Malen nicht deine Stärke,“ sage ich ihm, „aber vorhin, als wir die Tische und die Stühle für den Religionsunterricht umstellen mussten, hast du am meisten Tische und Stühle geschleppt. Du bist ziemlich stark.“ Ich sehe, wie ein Lächeln über sein Gesicht geht. - Geist sei Dank, wir sind begabt.

Wir sind alle mit so vielen Gaben und Fähigkeiten ausgestattet, jeder und jede mit einer ganz eigenen Mischung. Dafür können wir dankbar sein und uns freuen.

Manchmal kennen wir Begabungen gar nicht und brauchen ein langes Leben, um sie zu entdecken. Manchmal schätzen wir unsere Begabungen nicht und möchten ganz anders sein, als wir sind. Manchmal reichen uns unsere Begabungen nicht und wir möchten Supermänner sein oder Superfrauen, die alles können. Aber die gibt es nur im Film. Jeder und jede von uns ist begabt in ganz eigener Weise. Niemand hat keine Begabung.

Geist sei Dank, wir sind begabt. Für Paulus ist klar, dass all unsere Fähigkeiten und Begabungen von Gott geschenkt sind. ‚Begabung‘ kommt von ‚Geben‘. Unsere Begabungen sind uns gegeben.

Heutzutage redet man eher von den Genen, die wir von unseren Eltern haben, und von den sozialen Umständen, in denen wir aufwachsen. Natürlich spielt das eine Rolle. Natürlich ist es nicht unwesentlich, wo und wie ich aufwachse, was mir meine Eltern mitgegeben haben, welche Chancen ich hatte und welche auch nicht. Aber dass ich genauso bin, wie ich bin, in dieser Mischung von Begabungen und Fähigkeiten, von Stärken und auch Schwächen, ist einmalig und einfach ein Geschenk, ein Geschenk Gottes.

Nun geht es Paulus vor allem um die Gaben des Geistes in der christlichen Gemeinde. Drei lange Kapitel im 1. Korintherbrief widmet er ihnen. Das ist ziemlich viel. Warum schreibt er eigentlich so viel über die Geistesgaben?

Paulus will in der Gemeinde in Korinth falsche Vorstellungen über die Wirkungen des Heiligen Geistes korrigieren. Dort gab es offenbar die Vorstellung, vor allem außergewöhnliche Begabungen als Wirkungen des Heiligen Geistes anzusehen. Die enthusiastische Zungenrede zum Beispiel. Da wurde in Trance wildes Kauderwelsch gesprochen. Die Zungenredner waren dabei in Ekstase, wie weggetreten. Für die Korinther war das ein Ausdruck des Heiligen Geistes. Wer so begeistert in fremden Sprachen reden kann, muss vom Heiligen Geist beseelt sein. So jemand wurde bewundert und ließ sich wohl auch gerne bewundern.

In gewisser Weise gar nicht so anders als heutzutage. Wir kennen zwar die ekstatische Zungenrede nicht mehr, aber zum Bewundern neigen wir allemal. Wie fantastisch der Orgel spielen kann! Wie toll die singen kann! Was für großartige Ideen der immer hat! Was für berührende Predigen die immer hält!

Es ist schön, großartig, berührend, wenn Menschen besondere Begabungen haben. Das bestreitet Paulus auch gar nicht, und doch hat er auch Einwände. In drei Punkten kann man sie zusammenfassen:

Erstens: Auch diese besonderen Begabungen kommen von Gott. Sie sind Gabe und Geschenk und loben zuallererst Gott selbst.

In der Hoffnung-für-alle-Bibel lautet die Übersetzung der ersten Verse unseres Bibelworts so: So verschieden die Gaben auch sind, die Gott uns gibt, sie stammen alle von ein und demselben Geist. Und so unterschiedlich auch die Aufgaben in der Gemeinde sind, so ist es doch derselbe Herr, der uns dazu befähigt. Es gibt verschiedene Wirkungen des Geistes Gottes; aber in jedem Fall ist es Gott selbst, der alles bewirkt.

Zweitens: Für Paulus sind die nicht so außergewöhnlichen Begabungen genauso wichtig wie die außergewöhnlichen. Dazu zählt er viele Geistesgaben der Gemeinden von damals auf. Nochmals die Hoffnung-für -alle-Bibel: Dem einen schenkt er im rechten Augenblick das richtige Wort. Ein anderer kann durch denselben Geist die Gedanken Gottes erkennen und weitersagen. Wieder anderen schenkt Gott durch seinen Geist unerschütterliche Glaubenskraft oder unterschiedliche Gaben, um Kranke zu heilen. Manchen ist es gegeben, Wunder zu wirken. Einige sprechen in Gottes Auftrag prophetisch; andere sind fähig zu unterscheiden, was vom Geist Gottes kommt und was nicht. Einige reden in unbekannten Sprachen, und manche schließlich können das Gesagte für die Gemeinde übersetzen.

Mit anderen Worten: Alle Gaben und Aufgaben in der Gemeinde sind gleich viel wert. Das Herrichten der Kirche ist genauso viel wert wie das Predigen auf der Kanzel. Der Krankenbesuch mit einem guten Wort ist genauso viel wert wie die schöne Kirchenmusik am Sonntag. Das Reinigen von Zimmern ist genauso viel wert wie die Heilung von Kranken durch Ärztinnen und Ärzte.

Von einer Reinigungskraft im Pflegeheim haben mir mal Bewohner und Bewohnerinnen erzählt: Es geht die Sonne auf, wenn sie ins Zimmer kommt. Immer gut gelaunt, immer ein gutes Wort oder ein Lied auf den Lippen und hinterher alles blitzblank. Was für eine Gabe. Schätzen wir das nicht gering!

Drittens: Paulus ist es wichtig, dass die Gaben des Geistes zum Nutzen aller sind. Wie auch immer sich der Heilige Geist bei jedem Einzelnen von euch zeigt, seine Gaben sollen der ganzen Gemeinde nützen, übersetzt die Hoffnung-für-alle-Bibel. Eine kleine Spitze des Paulus gegen die ekstatische Zungenrede ist das. Denn diese nützt nur dem Redner selbst. Ja, man kann von vielem begeistert sein, doch die Geistesgaben sollen der Gemeinde etwas bringen. Auch beim Predigen ist das so. Man mag auch von seinem eigenen Reden und Predigen begeistert sein, und doch sollen die Zuhörerinnen und Zuhörer was davon haben. Da ist es dann auch gut, rechtzeitig zum Schluss zu kommen. Das tue ich auch gleich.

Geist sei Dank, wir sind begabt. Vielleicht sind Ihnen manche Ihrer Begabungen jetzt eingefallen. Wunderbar wäre das. Denn auch Ihnen wurden viele geschenkt, wahrscheinlich viel mehr, als Sie kennen. Manche kann man im Alter nicht mehr nutzen wie früher. Dafür entdeckt man vielleicht andere. „Dass ich so viel Geduld mit meiner Krankheit habe, hätte ich nicht gedacht“, hat mir mal jemand gesagt. Auch Geduld ist so eine wunderbare Geistesgabe.

Geist sei Dank, wir sind begabt – in vielfältiger Weise. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Pfingstfest. Amen.

(Das Motto „Geist sei Dank, wir sind begabt“ stammt von Jula Elene Well, Göttinger Predigtmeditationen 2021/2.)

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