Predigt vom 5. Sonntag nach Trinitatis, 21. Juli 2019

Predigt über Matthäus 9,35-10,10 (Reihe I neu); 5. Sonntag nach Trinitatis, 21. Juli 2019, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Peter Schwarz

„Der Schlüssel zu den Herzen der Menschen liegt hinter ihrer Eingangstür“ - dorthin sendet Jesus seine Jünger. Er selbst sieht die innere und äußere Not von Menschen – er nennt sie beim Namen und er sucht die Menschen dort auf, wo sie zu Hause sind, oder er begegnet ihnen dort, wo sie unterwegs sind. Die Evangelien zeigen Jesus, wie er zu den Menschen geht. Sie beschreiben seinen Weg durch Galiläa, an die Ränder des jüdischen Siedlungsgebietes und schließlich nach Jerusalem. Viele Gespräche führt er dort, Wunder und Heilungen ereignen sich quasi unterwegs: Er begegnet Aussätzigen und eröffnet ihnen eine neue Lebensmöglichkeit, ein Leichenzug mit einem toten jungen Mann kreuzt seinen Weg und er erweckt ihn und gibt ihn seiner trauernden Mutter zurück, Menschen, die von Dämonen geplagt sind, schreien ihm hinterher und werden von ihrer Besessenheit geheilt. All das geschieht auf dem Weg zu den Menschen. Weil der Schlüssel zu den Herzen hinter der Eingangstür liegt, geschehen große Wunder in der Verborgenheit der Häuser: Die Schwiegermutter des Petrus wird geheilt, der Zöllner Zachäus aus seiner betuchten Einsamkeit erlöst und ein junges Mädchen vom Tode erweckt.

Wenn wir uns heute mit offenen Augen und Ohren auf den Weg machen, dann bleibt es nicht aus, dass wir konfrontiert werden mit dem Leid unserer Zeit, ob im unmittelbaren Umfeld oder auf Reisen. Was aber geschieht dann bei uns? Ist es übertrieben, wenn wir sagen: Wir erleben uns hilflos angesichts des Leides und der leidenden Menschen? Wären wir doch Jesus, so seufzen wir, dann könnten wir helfen. So aber seufzen wir nur und gehen weiter. Das aber tut Jesus eben nicht. Er geht eben nicht weiter, geht nicht zur Tagesordnung über. Er lässt das Leid, das ihm begegnet, an sich heran, ja in sein Herz hinein. „Es jammerte ihn des Volkes“, aber angesichts dieses Jammers geht er nicht einfach seufzend weiter, sondern hält es aus. Und er macht seine Begleiter, die Jünger damals und uns heute, darauf aufmerksam: Schaut hin, seht die äußere und innere Not und schaut auch eure eigene Hilflosigkeit an.

Jesus Christus öffnet die Augen: So sieht es aus bei uns Menschen. Dabei fragt er nicht danach, wer Schuld hat, was Menschen in ihre Not, in diese elende Hilflosigkeit geführt hat. Was führt heraus aus Not und Hilflosigkeit, was macht frei davon und damit tüchtig zum Leben und Handeln? - Darum geht es Jesus.

Und dann redet er vom Herrn der Ernte: „Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“ Wo wir fremde Not und eigene Hilflosigkeit vor Gott aussprechen, beginnt etwas Neues, denn Gott ist wirklich der Herr, auch über die Not der Welt und die Hilflosigkeit seiner Kirche. Wo wir das sehen, da tun sich tatsächlich Türen auf und Wege zeigen sich. Dann ist es erst einmal nicht wichtig, wer vielleicht schuld war. Die Suche nach Sündenböcken bringt niemals weiter, keinen Schritt.

Betet um Arbeiter für die Ernte! In unsere Zeit gesprochen heißt das: Bittet den Herrn um Menschen, die bereit sind, mit euch der Not zu begegnen und der Hilflosigkeit entgegenzutreten, sucht Partner, Helfer und Sponsoren. Nicht jeder und jede ist in der Lage, selbst direkt zu helfen, aber unterstützen durch Worte und Gesten und aushelfen mit ihren Geldmitteln, das könnten viele. Wir sind eingeladen, um solche Menschen zu beten, und das ist auch eine Aufforderung, die Augen nach ihnen offen zu halten.

Im Evangelium geht’s dann rasant weiter: Jesus ruft seine zwölf Jünger zu sich, Menschen, deren Namen und kurze Beschreibungen schon die Vielfalt der kommenden Kirche ahnen lassen, und die Unterschiedlichkeit ihrer Wege in der Nachfolge. Ihnen gibt er Macht über die unreinen Geister, dass sie austreiben und heilen alle Krankheiten und alle Gebrechen.

„Er gab ihnen Macht über die unreinen Geister.“ Das ist der erste Schritt: Christus schenkt die Macht, den Geistern entgegenzuwirken, die uns und andere Gefangene der Hilflosigkeit und Mutlosigkeit sein lassen. Der Schlüssel liegt wiederum hinter den Eingangstüren, die oft zugehalten werden von den Geistern der Verzagtheit und Mutlosigkeit. Über sie gibt der Herr den Seinen Macht: Sie können nicht mehr trennen vom Leben, den Weg nicht mehr versperren. Wir sollen unser Vertrauen nicht allein auf staatliche Anerkennung und entsprechende Gegenfinanzierung setzen, auf Professionalität und Effizienz. Das alles ist wichtig, deshalb bilden wir ja aus, bereiten Menschen vor auf den anspruchsvollen Dienst an Alten und Kranken, geben ihnen medizinisches oder pädagogisches Rüstzeug mit auf ihren Weg. Aber das ist eben nicht alles.

Die Väter und Mütter der Diakonie haben zu ihrer Zeit alles ins Werk gesetzt, was ihnen möglich war, nämlich solide Ausbildung zur Pflege und Vorbereitung auf den Dienst am Nächsten. Aber davor stand noch etwas anderes: Sie haben die bösen Geister verbannt, die uns einreden wollen, alles habe ja doch keinen Sinn, weil die Not viel zu groß ist und wir viel zu hilflos sind. Ob wir es schaffen, zuerst die bösen Geister unserer Zeit zu vertreiben, die Angst vor Fachkräftemangel und Sachzwängen, vor Überforderung und Unterfinanzierung?

Jesus sendet bis heute Männer und Frauen in seine Ernte, ein Zeichen dafür ist auch der Kurs, der künftige Diakoninnen und Diakone vorbereitet für ihren Dienst. Die Ernte wird in aller Öffentlichkeit geschehen, aber viel öfter hinter Eingangstüren, denn dort liegt der Schlüssel zu den Herzen. Es geht um sie, sie sollen heil werden und frei von bedrückenden und bösen Geistern. Das wird kein Pflegeroboter je leisten können. Hier sind Menschen gefragt, die sich rufen und senden lassen. Um solche Menschen zu beten, das ist eine der vornehmlichsten Aufgaben einer Diakoniegemeinde.

Es ist schon wahr, was Vater Wilhelm Löhe sagte: Alle Diakonie geht vom Altar aus, hier beten wir um Arbeiterinnen und Arbeiter für Gottes Ernte. Vom Altar geht auch die Kraft aus, die die Herzen der Menschen erreicht, weil er selbst zu uns kommt.

Pfarrer Peter Schwarz

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