Predigt vom 1. Sonntag nach Epiphanias, 12.01.2020

Predigt zu Markus 9, 14-29; 1. Sonntag nach Epiphanias, 12.01.2020, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrerin Karin Lefèvre; Beginn der Predigtreihe Ich glaube, hilf meinem Unglauben!

Jesus kam mit Petrus, Jakobus und Johannes vom Berg der Verklärung zurück zu den übrigen neun Jüngern. Beim Näherkommen sah er eine große Menge um sie herum und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten. Jesus fragte sie: Was streitet ihr mit ihnen? Einer aus der Menge antwortete: Meister, ich habe meinen Sohn, der einen sprachlosen Geist hat, her zu dir gebracht. Und wo der Geist meinen Sohn erwischt, reißt er ihn. Und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht mit den Zähnen und wird starr. Und ich habe mit deinen Jüngern geredet, dass sie ihn austreiben sollen, und sie konnten es nicht.

Jesus aber antwortete ihnen und sprach: O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn her zu mir! Und sie brachten ihn zu ihm.

Und sogleich, als ihn der Geist sah, riss er ihn. Und er fiel auf die Erde, wälzte sich und hatte Schaum vor dem Mund. Und Jesus fragte seinen Vater: Wie lange ist es, dass ihm das widerfährt? Er sprach: von Kind auf. Und oft hat er ihn ins Feuer und ins Wasser geworfen, dass er ihn umbrächte. Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich und hilf uns!

Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst – alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.

Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!

Als nun Jesus sah, dass das Volk herbeilief, bedrohte er den unreinen Geist und sprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein!

Da schrie er und riss ihn sehr und fuhr aus. Und der Knabe lag da wie tot, so dass die Menge sagte: Er ist tot. Jesus aber ergriff ihn bei der Hand und richtete ihn auf, und er stand auf.

Als Jesus später ins Haus kam, und sie mit ihm alleine waren, da fragten ihn seine Jünger: Warum konnten wir ihn nicht austreiben? Jesus sprach: Diese Art kann durch nichts ausfahren als durch Beten.

Ja, liebe Gemeinde, diese Begebenheit gehört zu den wenigen Ereignissen, die sehr ausführlich geschildert werden. An ihr lässt sich wunderbar zeigen, was Glaube ist und was ihm im Wege steht und wie unglaublich schwer es für uns alle ist, echten Glauben zu entwickeln und warum dies so ist.

Es sind ausgerechnet die Jünger, die so versagen. Schauen wir also genauer hin, auch wenn wir dazu einige Kapitel zuvor in den Blick nehmen müssen. In Kapitel 6 hieß es, dass Jesus seiner Heimatstadt einen Besuch abgestattet hatte. Dort ist er auf viele Vorbehalte getroffen und er hat deshalb nur sehr wenigen Menschen helfen können. Jesus wundert sich über ihren Unglauben und zieht weiter. (Markus 6,6)

Als nächstes entscheidet er sich, seinen Jüngern ein wenig Nachhilfe zum Thema Glauben zu erteilen. Also schickt er sie jeweils zu zweit aus und gibt „ihnen Macht über die unreinen Geister.“ Und so ziehen sie los, predigen, salben Kranke mit Öl und machen sie gesund. (Markus 6,13)

Es wird zwar nicht erwähnt, aber bestimmt sind sie fröhlich und vor allem sehr stolz zurückgekommen. Und sicher waren sie zunächst guter Dinge, als jener Vater mit seinem kranken Kind auftaucht und um Heilung bittet. Die Vollmacht, die Jesus ihnen gegeben hatte, sie besteht ja weiterhin. Dennoch bleiben sie erfolglos. Er gelingt ihnen nicht, den Jungen zu heilen. Und dann müssen das ausgerechnet noch die Schriftgelehrten mitbekommen. Mit denen gibt es doch schon genug Ärger. Zum Glück kommt Jesus rechtzeitig genug zurück. Da dürfte ihnen ein Stein vom Herzen fallen. Doch nicht lange. Denn als wären ihr Misserfolg und der Streit mit den Schriftgelehrten noch nicht genug, werden sie auch noch von Jesus heftig getadelt: O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen?

Es ist schon peinlich, dass der Vater von dem Jungen dies alles mitbekommt. Eines wird sofort klar: Die Jünger sind blutige Anfänger, aber ihr Chef blickt durch, der hat hoffentlich mehr Kompetenz. Wenn, dann kann er helfen. Also erzählt der Vater ihm die ganze Krankengeschichte und schließt mit den Worten: Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!

Also, dass der Vater nun ein klein wenig skeptisch ist, nachdem er die Pleite der Jünger erlebt hat, ist ja wohl verständlich. Doch Jesus lässt das nicht gelten. Du sagst: Wenn du kannst! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt!“ Sogleich schreit der Vater, der nun Angst bekommt, Jesus könnte gekränkt sein und ihm deshalb nicht länger helfen wollen: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!

Vergessen wir hier einmal kurz alles, was wir mit den Begriffen Glauben und Unglauben verbinden! Bleiben wir bei dem, was da in den letzten drei Kapiteln geschildert wurde und erinnern wir uns erstens daran, was Jesus seinen Jüngern antwortet als diese ihn fragen, warum sie so machtlos gewesen sind: Hier hilft nur Gebet!

Und zweitens sollten wir uns daran erinnern, welche Menschen die positiven Gegensätze zu den Jüngern bilden, die Jesus ungläubiges Geschlecht geschimpft hatte: Das waren die Frau aus Syrophönizien und der römische Hauptmann. Also Heiden, Ungläubige, die keine Ahnung davon hatten, welche Rituale, Redewendungen, Gebetsformeln usw. zum jüdischen Kultus gehören, in dem die Jünger aufgewachsen waren und was sie mit Sicherheit alle praktiziert hatten auf ihrer Predigt- und Heilungsmission kurz zuvor.

Das, was die Syrophönizierin und der Hauptmann nun mit dem jüdischen Vater verbindet, ist etwas ganz anderes als alles, was in Ritualen und Insider-Wissen der Gläubigen zu finden ist. Es ist das, was all unseren Gebeten, wenn sie ehrlich sind, zugrunde liegt, nämlich ein schlichtes und tiefes Vertrauen, dass da wirklich jemand ist, der sich für mich interessiert, der wissen will, was denn da los ist in meinem Leben, und der mir helfen will, mit all meinen Problemen umzugehen. Kurz, da ist Beziehung, die auf Vertrauen und Hoffnung beruht.

Wenn die Jünger Jesus fragen, warum sie nicht heilen konnten und die Antwort lautet: Da hilft nur Gebet!, sagt uns die Logik, dass die Jünger bei ihrem Heilungsversuch ein gelerntes und vertrautes „Ritual“ vollzogen haben müssen, das jedoch nicht von einer vertrauensvollen innigen Beziehung zu Gott getragen war. Stattdessen war die Basis wohl eher der Wille zu heilen, der Wille, sich als guter Jünger Jesu zu erweisen, gewesen. Das ist ja nicht schlecht, aber kann halt ganz schnell dazu führen, dass die Heilung misslingt.

Jesus selbst hat uns gezeigt, was das Kennzeichen echten tiefen Betens ist, nämlich die Bereitschaft, zuerst und überhaupt nach dem Willen Gottes zu fragen. Lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Aber nicht mein Wille geschehe, sondern deiner! So hat Jesus direkt vor seiner Verhaftung in einer Stunde höchster Angst und Todesnot gebetet! Dein Wille geschehe!

Und hier: Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt! Beides muss zusammenkommen. Und das heißt eben gerade nicht, dass wir hier eine Methode gefunden haben, die alle unsere Wünsche wahr werden lässt. Sondern das heißt, dass uns nichts von der Liebe Gottes trennen kann und dass somit ALLES, was uns im Leben widerfährt, von Gott mitgetragen wird.

Jesus, der von seinen Jüngern immer wieder enttäuscht wurde, hat diese dennoch niemals aufgegeben. Genauso wenig wird Gott uns jemals aufgeben.

Es gibt nur eines, was Gott machtlos sein lässt. Davon haben wir in der ersten Lesung (Offenbarung 3,14ff) gehört: das ist Gleichgültigkeit. Heiße Abwehr und große Liebe – sie zeugen von Beziehung. Damit kann Gott arbeiten. Das gibt Gott einen Ansatzpunkt, auch wenn die Kritik wehtun kann. Aber Lauheit oder Gleichgültigkeit, sie machen selbst Gott hilflos.

Doch die Tatsache, dass wir heute hier sind und dass uns das Thema „Glauben, wie geht das und was gefährdet ihn?“ beschäftigt, zeigt, dass wir nicht lau oder gleichgültig sind und dass Gott darum noch an uns und mit uns wirken kann. Amen

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alles, was unsere Vernunft denken und sagen kann, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen

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