Predigt vom 18. Sonntag nach Trinitatis, 20. Oktober 2019

Predigt über Jakobus 2, 14-26, 18. Sonntag nach Trinitatis, 20. Oktober 2019, 9.30 Uhr; St. Laurentius Neuendettelsau, Pfarrer Dr. Peter Munzert

Liebe Gemeinde,

 „Wann ist es gut?“ -  „Wann ist es gut genug?“ -  „Wann reicht es aus, was wir Gutes getan haben?“ - Oder noch etwas schärfer: „Haben wir denn genug Gutes getan?“

Der Jakobusbrief im Neuen Testament stellt uns infrage. Jakobus sagt (in der Übersetzung der Basis-Bibel):

„Meine Brüder und Schwestern, stellt Euch vor: Jemand behauptet, an Jesus zu glauben. Was nützt ihm das, wenn er seinen Glauben nicht in die Tat umsetzt? Kann dann der Glaube ihn retten?“

Wir haben noch alle Luthers Theologie im Ohr, wenn er sagt, allein aus Gnade, allein aus dem Glauben heraus und allein durch Jesus Christus werden wir gerettet. Unsere eigenen Werke zählen nichts.

Jakobus dagegen sagt: Wir müssen Gutes tun - sonst ist das alles nichts.

Ich lese den Predigttext in der Übersetzung der Basis-Bibel:

Jakobus 2,14-26

14 Meine Brüder und Schwestern, stellt euch vor: Jemand behauptet, an Jesus zu glauben. Was nützt ihm das, wenn er seinen Glauben nicht in die Tat umsetzt? Kann dann der Glaube ihn retten? 15 Und weiter: Ein Bruder oder eine Schwester hat keine Kleider. Ja, er hat nicht einmal das tägliche Brot zu essen. 16 Einer von euch könnte nun zu ihnen sagen: »Friede sei mit euch, ihr sollt es warm haben und satt sein!« Was nützt das, wenn ihr ihnen nicht gleichzeitig gebt, was sie zum Leben brauchen? 17 So ist es auch mit dem Glauben: Wenn er allein bleibt und nicht in die Tat umgesetzt wird, ist er tot. 18 Es könnte nun jemand einwenden: »Der eine hat den Glauben, der andre hat die Taten.« Dem würde ich antworten: Zeige du mir erst einmal deinen Glauben, der nicht in die Tat umgesetzt wird. Ich kann dir jedenfalls an meinen Taten zeigen, was Glaube wirklich ist. 19 Du glaubst an den einen Gott? Das ist gut so! Sogar die Dämonen glauben an ihn und zittern vor Angst. 20 Du törichter Mensch, willst du es denn nicht einsehen: Ein Glaube, der nicht in die Tat umgesetzt wird, ist nutzlos! 21 Ist nicht Abraham, unser Stammvater, aufgrund seines Handelns von Gott für gerecht erklärt worden? Er legte nämlich seinen Sohn Isaak als Opfer auf den Altar22 Daran kannst du sehen: Sein Glaube und sein Handeln wirken zusammen. Und erst das Handeln bringt den Glauben zum Ziel. 23 Genau das ist gemeint, wenn die Heilige Schrift sagt: »Abraham glaubte Gott, und das rechnete ihm Gott als Gerechtigkeit an.« Und deshalb nennt die Heilige Schrift ihn »Freund Gottes«. 24 Ihr seht also: Der Mensch wird aufgrund seiner Taten von Gott für gerecht erklärt und nicht nur aufgrund seines Glaubens25 War es bei der Prostituierten Rahab nicht genauso? Aufgrund ihres Handelns wurde sie für gerecht erklärt. Sie hatte ja die Kundschafter Israels bei sich aufgenommen. Und dann half sie ihnen, auf einem geheimen Weg aus der Stadt zu fliehen. 26 Ohne den Geist ist der Körper tot. Genauso ist auch der Glaube tot, wenn er nicht in die Tat umgesetzt wird.

Liebe Schwestern und Brüder,

die Frage, die sich mir heute eigentlich stellt, ist doch nicht, ob mein Glaube Folgen hat, ob ich meinem Glauben Taten folgen lasse, ob ich Gutes tue oder nicht. Die für mich spannende Frage ist eher: Tue ich genug? Wieviel muss ich tun? Wann ist es gut? Wann reicht es? Oder: „Tue ich überhaupt das Richtige?

Es ist einfach zu sagen, dein Glaube muss auch Konsequenzen haben, und die muss man sehen können. Aber wie weit soll es oder muss es denn gehen? Diese Frage ist für mich viel schwieriger zu beantworten.

Es steht für mich außer Frage, dass wir alle hier in der Kirche und an den Übertragungsanlagen für unseren Glauben eintreten und das auch leben. Wir wären wohl sonst nicht hier. Sie, liebe Schwestern, haben mit dem Dienst als Diakonissen ihr Leben in den Dienst Gottes und der Menschen in Not gestellt. Mehr kann man nicht tun. In Ihrem Diakonissenspruch haben Sie sogar versprochen, Ihr Leben dafür einzusetzen. Und Sie sind dabei geblieben. Sie haben die Diakonie aufgebaut als ein Werk, das sich um den Nächsten oder die Nächste kümmert.

Viele von uns sind in der Diakonie beschäftigt, hauptberuflich, im Ehrenamt, oder sind jetzt im Ruhestand oder Feierabend, was sehr viel schöner klingt.

Unsere tägliche Arbeit in Kirche und Diakonie ist schon genug Zeugnis für unseren Glauben und für unser soziales Engagement.

Im Grunde tun wir längst das, was Jakobus von uns erwartet. Wir sind sozial aktiv und helfen Menschen, ihr Leben gut zu gestalten, soweit es eben geht. Und wir tun viel. Viele von uns arbeiten lang und oft an der Grenze ihrer Kräfte, wenn sie sich für andere einsetzen. Manchmal gehen wir auch über diese Grenze hinaus und tun mehr, als uns gut tut. Denn es fällt schwer, aufzuhören und „Nein“ zu sagen. Wer versagt schon gerne seine oder ihre Hilfe?

Die Beispiele, die Jakobus bringt, sind uns im Grund gar nicht so fern. Wörtlich nehmen dürfen wir sie heute freilich nicht, die Geschichten und der Kontext sind historisch gesehen grausam genug.

Abraham soll auf Gottes Geheiß seinen Sohn Isaak opfern, damit sein Glaube auch sichtbare Folgen hat. Abraham folgte Gottes Befehl, aber es kam - Gott sei Dank - nicht dazu. Die Prostituierte Rahab half israelischen Kundschaftern in der Stadt Jericho und riskiert damit ihr Leben.

Ich kann aus beiden Beispielen nur schließen, dass Menschen bereit sind, für ihren Glauben einen hohen Einsatz zu leisten. Viele gehen sehr weit und engagieren sich im hohen Maß, mitunter sogar unter Einsatz ihrer Gesundheit und ihres Lebens.

Viele bei uns tun dies auch unter Einsatz ihrer Gesundheit. In vielen unserer Einrichtungen sind wir personell unterbesetzt, und Mitarbeitende gleichen fehlende Fachkräfte aus, wo sie nur können. Auch wenn es sie viel Kraft und viel Zeit kostet, halten sie doch engagiert an ihrem Dienst fest, weil sie wissen, das, was sie tun, ist notwendig und sinnvoll.

Wir alle wissen natürlich gut, dass Martin Luther einen theologisch anderen Akzent gesetzt hat, als es Jakobus tut. Er ist vielmehr dem Apostel Paulus gefolgt und hat so seine Gedanken der Rettung des Menschen allein aus der Gnade Gottes formuliert.

Paulus schreibt im Epheserbrief: „Denn aus Gnade seid ihr gerettet – durch den Glauben. Das verdankt ihr nicht eurer eigenen Kraft, sondern es ist ein Geschenk Gottes.“ (Epheser 2,8).

Besser können wir unser christliches Leben eigentlich gar nicht beginnen als so:

· Aus dem Bewusstsein heraus, Gott meint es gut mit uns. Wir sind geliebt, erlöst und gerettet. Das ist unsere Ausgangsbasis.

· Wir haben von uns aus schon genug Ideen, wie wir unser christliches Leben gestalten können.

· Wir engagieren uns für andere und helfen ihnen, privat oder beruflich.

· Wir nehmen auch hier in Neuendettelsau Anteil am Geschehen in der Welt. Wir sind hier am Ort sehr gut vernetzt mit Mission EineWelt oder mit der Augustana-Hochschule. Wir sorgen uns auch um Menschen fernab in der Welt.

· Wir sind eine starke Gebetsgemeinschaft. Ich glaube an die Kraft des Gebetes. Sie geschieht hier am Ort und wird von den geistlichen Gemeinschaften getragen, die Tagzeitengebete von den Schwestern hier in der Kirche und in vielen unserer Häuser.

Wir tun schon viel. Jakobus könnte mit uns zufrieden sein. Aber wie viel sollen wir denn tun? Wie viel müssen wir tun? Wie viel ist denn genug?

Luther antwortet mit dem Verweis auf unser Gewissen: Unser Gewissen sagt es uns, wann es gut ist. Ich denke, er hat Recht. Wir spüren, wann es reicht. Eine festgesetzte Summe oder Kennzahl von christlichem Engagement gibt es nicht. Die Bibel spricht vom Zehnten, die Kirchensteuer hat acht Prozent und ein Prozent Kirchgeld. Das sind feste Summen und oft schon viel für manche Familien.

Aber sehen und bemessen kann man unseren Glauben nicht. Und das ist auch gut so. Glaube ist keine öffentlich sichtbare Leistung, sondern eine Beziehung zwischen Mensch und Gott.

Ich antworte daher mit dem Dreifachgebot der Liebe: Gott lieben, deine Nächsten lieben und auf dich selbst achten. In der Diakonie ist uns vor allem das Dritte wichtig:

· Was brauchst du selbst zum Leben, damit es dir und deiner Familie gut geht?

· Was brauchst du selbst, damit dir deine Arbeit Spaß macht?

· Was brauchst du, dass du gesund bleibst?

Wenn wir uns daran halten, können wir gut, gerne und wohlbehalten unseren Glauben leben. Wir können gute Taten tun für andere und behalten uns selbst im Blick. Wir finden eine gute Balance zwischen dem, was notwendig ist und dem, was wir leisten können. Und in allem können wir uns immer von der Liebe Gottes getragen wissen.

Amen.

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