Predigt vom 2. Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember 2020

Predigt zum Lied „Fröhlich soll mein Herze springen“; 26. Dezember 2020, 2. Weihnachtsfeiertag, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Norbert Heinritz

Liebe Gemeinde,

haben Sie das Lied erkannt? Ein wunderschönes Weihnachtslied ist: Fröhlich soll mein Herze springen. Haben Sie das Herz springen hören?

Fröhlich soll mein Herze springen
dieser Zeit, da vor Freud
alle Engel singen.
Hört, hört, wie mit vollen Chören
alle Luft laute ruft:
Christus ist geboren!

Ein wunderbares Loblied ist das. Leider müssen wir uns heuer den Chor, der es singt, vorstellen. In den Kirchen darf nicht gesungen werden. Aber kennen Sie das, dass es im Herzen singt und klingt? An Weihnachten erlebe ich das ganz besonders. Und wenn dann erst alle Engel singen… Laut soll sein, den Himmel erfüllen und die Erde auch: Christus ist geboren.

Die Melodie und der Text dieses Liedes sind von fröhlicher Leichtigkeit. Das überrascht angesichts des Lebenslaufs von Paul Gerhardt, der den Text gedichtet hat. Mit sieben war er bereits ohne Vater, mit 15 Vollwaise und in der Fremde. Die Erfahrung des Dreißigjährigen Kriegs tat ihr Übriges. Schlimme Zeiten waren das. Früh verlor er seine geliebte Ehefrau, 44 Jahre alt, und vier seiner fünf Kinder starben. Wenn man all das weiß, hört man die zweite Strophe gleich ganz anders.

Heute geht aus seiner Kammer
Gottes Held, der die Welt
reißt aus allem Jammer.
Gott wird Mensch dir, Mensch, zugute,
Gottes Kind, das verbind’t
sich mit unserm Blute.

Gottes Held kommt und reißt aus allem Jammer – das wünschen wir uns auch in unserem Tagen. Paul Gerhardt liest das Lob Gottes nicht an seinem Leben oder den Geschehnissen seiner Zeit ab – die waren viel zu schrecklich. Es ist umgekehrt: Er liest das Lob Gottes in das beschwerliche Leben hinein. Es ist der Glaube an den barmherzigen und liebenden Gott, der uns nichts Bösen wollen kann. Von der Krippe blickt Paul Gerhardt gewissermaßen bereits auf das Kreuz. Das ist die Liebe Gottes, dass er seinen Sohn schenkt, der für uns bis in den Tod geht.

Sollt uns Gott nun können hassen,
der uns gibt, was er liebt
über alle Maßen?
Gott gibt, unserm Leid zu wehren,
seinen Sohn aus dem Thron
seiner Macht und Ehren.

Er nimmt auf sich, was auf Erden
wir getan, gibt sich dran,
unser Lamm zu werden,
unser Lamm, das für uns stirbet
und bei Gott für den Tod
Gnad und Fried erwirbet.

Nun er liegt in seiner Krippen,
ruft zu sich mich und dich,
spricht mit süßen Lippen:
»Lasset fahrn, o liebe Brüder,
was euch quält, was euch fehlt;
ich bring alles wieder.«

Lasset fahrn, was euch quält, was euch fehlt – das kling so schön und so einfach, kann aber auch ganz schön schwer sein. Quälende Gedanken wird man nicht so leicht los. Die Angst, die diese ganze Corona-Geschichte mit sich bringt, kann einen in Beschlag nehmen. So vieles hat in diesen Tagen gefehlt, so vieles belastet – einfach fahren lassen? Ich kenne das auch, dass das nicht so leicht ist.

Ein anderer Gesangbuchvers begleitet mich da seit Jahren:

Was helfen uns die schweren Sorgen,
was hilft uns unser Weh und Ach?
Was hilft es, dass wir alle Morgen
beseufzen unser Ungemach?
Wir machen unser Kreuz und Leid
nur größer durch die Traurigkeit. (EG 369,2)

Klagen kann befreiend sein. Aber wenn Klagen einen nicht mehr loslässt und gefangen nimmt, wenn man darin versinkt und es manchmal sogar pflegt, dann macht es das Leid nur noch schwerer. Wie befreiend ist es da, zu laufen, zu eilen, zu rennen, zu stürmen, das Quälende und Fehlende einfach hinter sich zu lassen.

Ei so kommt und lasst uns laufen,
stellt euch ein, Groß und Klein,
eilt mit großen Haufen!
Liebt den, der vor Liebe brennet;
schaut den Stern, der euch gern
Licht und Labsal gönnet.

Die ihr schwebt in großem Leide,
sehet, hier ist die Tür
zu der wahren Freude;
fasst ihn wohl, er wird euch führen
an den Ort, da hinfort
euch kein Kreuz wird rühren.

Haben Sie gehört, wie unsere Orgel dem Kind entgegen gerannt ist? Ein Kind kann einen die Sorgen vergessen lassen. Oft höre ich: „Meine Enkelkinder sind meine große Freude.“ Da geht das Herz auf, da ist Freude und Lebenslust. Da spielt der Opa mit dem Enkel Fußball, obwohl ihm sonst schon nach zehn Stufen die Luft ausgeht. Da kocht die Oma die besten Gerichte, wenn die Enkel zu Gast sind. Kinder bringen Leben in die Bude. Das Kind in der Krippe bringt Leben und Liebe und Freude in die Welt.

Ich stelle mir vor, den Hirten muss angesichts des Christuskindes das Herz aufgegangen sein, und sie haben für einen Moment die schwere Arbeit, das Leid, die Kränkungen und die Wunden ihrer Seele vergessen.

Wer sich fühlt beschwert im Herzen,
wer empfind’t seine Sünd
und Gewissensschmerzen,
sei getrost: hier wird gefunden,
der in Eil machet heil
die vergift’ten Wunden.

Die ihr arm seid und elende,
kommt herbei, füllet frei
eures Glaubens Hände.
Hier sind alle guten Gaben
und das Gold, da ihr sollt
euer Herz mit laben.

Füllet frei eures Glaubens Hände. Beschenkt werden wir an Weihnachten mit den Gaben Gottes: Barmherzigkeit, Liebe, Zuversicht, Glaube, Gottvertrauen, Hoffnung. Und diese Gaben brauchen wir derzeit ganz besonders. Halten wir Gott unsere Glaubenshände und Herzen hin, dass er sie füllt!

Am Ende sieht Paul Gerhardt über unser endliches Dasein hinaus. Von daher bekommt er seine Glaubenskraft, die nicht im Diesseits aufgeht. Er blickt in Gottes Ewigkeit. Das ist keine Vertröstung. Paul Gerhardt sagt nicht: Es ist doch alles nicht so schlimm. Er weiß, es kann schlimm sein und richtig weh tun, dass einem das Herz blutet. Doch für den Glauben gibt es mehr, als wir sehen, mehr, als wir erfahren, mehr als unseren Schmerz, nämlich hier die Liebe Gottes im Herzen bewahren und vertrauend hoffen auf die Zeit voller Freud, dort im andern Leben.

Ich will dich mit Fleiß bewahren
ich will dir leben hier,
dir will ich hinfahren;
mit dir will ich endlich schweben
voller Freud ohne Zeit
dort im andern Leben.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

Pfarrer Norbert Heinritz

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