Predigt von der Christvesper am Heiligen Abend 2019

Predigt zu Ezechiel 37, 24-28; Heiliger Abend, 24. Dezember 2019, Christvesper 17.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Rektor Dr. Mathias Hartmann

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde!

„Alle Jahre wieder“ ist eines der bekanntesten Weihnachtslieder, das viele auch heute am Heiligen Abend singen werden. „Alle Jahre wieder“ feiern wir Weihnachten. Aber warum eigentlich? Warum feiern wir jedes Jahr auf's Neue Weihnachten? - Auf diese Frage gibt es sicher viele Antworten – allgemeingültige Antworten und sehr individuelle: Weil das Weihnachtsfest unsere Sehnsucht nach Frieden und Harmonie zwischen den Menschen zum Ausdruck bringt. Weil uns die christliche Weihnachtsbotschaft bei allen Herausforderungen und Problemen unserer Zeit Hoffnung vermittelt. Weil Weihnachten kommerziell erfolgreich ist und für die Belebung der Wirtschaft sorgt. Weil das die einzige Gelegenheit im Jahr ist, an der die ganze Familie zusammen kommt. Weil wir in dem Stress des Alltags ein paar Tage Ruhe brauchen. Das sind alles mögliche Antworten.

Der in Lauf an der Pegnitz geborene Journalist und Publizist Christian Nürnberger hat in einem aktuellen Gastkommentar seine eigene Antwort auf die Frage formuliert, warum wir jedes Jahr wieder Weihnachten feiern. Christian Nürnberger schreibt, dass die Weihnachtsgeschichte, die Geschichte von der Geburt Jesu, eine provokante Botschaft enthalte – sie verdeutliche einen Plan, den Gott nach jüdischer und christlicher Überlieferung mit den Menschen habe. Und dieser für die Menschen gute und wichtige Plan sei trotz der zurückliegenden langen Zeit, in der die Weihnachtsgeschichte erzählt wird, noch nicht umgesetzt worden. „Daher“, so folgert Christian Nürnberger, „muss diese Geschichte vom Kind in der Krippe jedes Jahr aufs Neue erzählt werden.“[1] So weit die Argumentation Christian Nürnbergers. Was aber macht diesen Plan aus? Was ist denn der Inhalt der Weihnachtsbotschaft?

Bevor ich Ihnen verrate, wie Christian Nürnberger die Weihnachtsbotschaft interpretiert, möchte ich gerne die Bibel dazu befragen. Ich lese den Predigttext für heute aus dem alttestamentlichen Buch des Propheten Ezechiel im 37. Kapitel:

24 Und mein Knecht David soll ihr König sein und der einzige Hirte für sie alle. Und sie sollen wandeln in meinen Rechten und meine Gebote halten und danach tun. 25 Und sie sollen wieder in dem Lande wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, in dem eure Väter gewohnt haben. Sie und ihre Kinder und Kindeskinder sollen darin wohnen für immer, und mein Knecht David soll für immer ihr Fürst sein. 26 Und ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der soll ein ewiger Bund mit ihnen sein. Und ich will sie erhalten und mehren, und mein Heiligtum soll unter ihnen sein für immer. 27 Meine Wohnung soll unter ihnen sein, und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein, 28 damit auch die Völker erfahren, dass ich der HERR bin, der Israel heilig macht, wenn mein Heiligtum für immer unter ihnen sein wird.

Gott schließt einen Bund des Friedens mit seinem Volk und wohnt in seiner Mitte. Das verkündet der Prophet Ezechiel fast 600 Jahre vor der Geburt Jesu, und es ist eine Hoffnung, die die Menschen in einer an sich hoffnungslosen Zeit hören. Nichts war friedlich, nichts harmonisch, als die Israeliten im Exil in Babylon leben mussten. Und so trifft die Hoffnungsbotschaft des Ezechiel auf eine Sehnsucht in den Menschen – eine Sehnsucht, die Jahrhunderte weiter lebt bis zur Zeit Jesu, ja eigentlich bis heute. Wenn Gott in unserer Mitte wohnen und für Frieden sorgen könnte, wäre das nicht schön? Kein Streit, kein Krieg, kein Unfrieden mehr auf der Welt. Ich glaube, wir können diese Sehnsucht gut nachvollziehen.

Und die Botschaft des Propheten ist tatsächlich die gleiche Botschaft, die auch die Geschichte von der Geburt Jesu aus dem Lukasevangelium erzählen will. Gott kommt zu uns Menschen und ermöglicht uns Frieden. „Warum aber…“, möchte mancher fragen, „Warum schaut es in der Welt denn so aus, wie es ausschaut? Warum ist es denn nicht friedlich?“ Nun ist die Weihnachtsbotschaft 2000 Jahre alt und es herrscht Krieg und Unfrieden überall auf der Welt. Müssen wir uns damit abfinden, dass die Sehnsucht eine Sehnsucht bleibt und nicht zur Realität wird? Nein, so sehe ich das nicht. Wir sollten vielmehr genau hinschauen, was der Inhalt der Botschaft des Ezechiel und des Lukas ist. Beide sprechen nämlich nicht von einem Friedenszauber, bei dem die Menschen nur Zuschauer sind. Nein, beileibe nicht. Ezechiel beschreibt, wie das friedliche Zusammenleben der Israeliten ausschauen wird: „(…) sie sollen in meinen Rechten wandeln und meine Gebote halten und danach tun.“ (v.24) Weil die Israeliten den guten Willen Gottes für die Menschen in ihrem Leben umsetzen, indem sie ihr Handeln an den Geboten Gottes ausrichten, leben sie in Frieden. Das ist eine Friedensbotschaft, die das Handeln der Menschen einbezieht.

Und auch für Lukas ist die Weihnachtsbotschaft eine Botschaft, die die Menschen aktivieren soll. Gott ermöglicht es uns, Frieden zu schaffen. Die Geburt Jesu ist das Zeichen für uns Menschen, dass Gott mit und durch uns für diese Welt Frieden will. Wir alle bekommen durch ihn die Möglichkeit, diesen Frieden umzusetzen – in unserem Leben, in unserer Umgebung, in unserer Gesellschaft, in unserer Welt. Das ist die Weihnachtsbotschaft!

Und was ist daran so provokant? Christian Nürnberger hat in seinem Kommentar doch von einer Provokation durch die Weihnachtsgeschichte gesprochen. Nun, die Provokation steckt in der Art und Weise, wie die Geburt Jesu erzählt wird. Da kommt der Sohn Gottes zur Welt – und er wird in einem Stall geboren und liegt in einer Krippe. Das war zumindest zur damaligen Zeit keine romantische Vorstellung, sondern Ausdruck bitterer Armut und Bedürftigkeit. Da kommt der Sohn Gottes zur Welt – und nicht Könige und religiöse Würdenträger erfahren es als erste, sondern einfache Hirten, also Menschen, die zur damaligen Zeit gesellschaftlich nicht besonders hoch angesehen waren. Und diese Art der Erzählung fordert uns heraus, weil sie unser Denken verändern will. Frieden entsteht nicht, weil die Mächtigen und Reichen für Frieden sorgen. Frieden entsteht, weil Gottes Botschaft zu allen Menschen kommt – egal wer sie sind und welche gesellschaftliche Stellung sie haben. Und Frieden entsteht, wenn sich die Menschen von der Friedensbotschaft berühren lassen, sie in ihrem Leben umsetzen und von ihr weiter erzählen. So wie die Hirten allen Menschen in ihrer Umgebung von dem Kind in der Krippe erzählt haben.

Frieden entsteht, wenn wir nicht nur an Weihnachten auf die Menschen in unserer Umgebung achten und ihnen Gutes tun. Frieden entsteht, wenn wir dafür sorgen, dass Menschen in unserer Gesellschaft nicht aufgrund ihrer Religion oder Hautfarbe, aufgrund ihres kulturellen Hintergrunds oder ihrer sexuellen Orientierung ausgegrenzt und angefeindet werden. Frieden entsteht, wenn in einer Gesellschaft alle Menschen gleich wichtig und wertvoll sind. Frieden entsteht, wenn wir Menschen in Not aufnehmen und ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Diese Aufzählung mag uns allen, die wir heute in diese Christvesper gekommen sind, selbstverständlich erscheinen. Dass die Realität so nicht ist, sehen wir, wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen.

Besonders bewusst wurde es mir wieder einmal, als vor kurzem ein Politiker forderte, etwa 4000 unbegleitete geflüchtete Kinder, die unter unbeschreiblichen Umständen in Lagern auf Inseln in der Ägäis leben, aus humanitären Gründen nach Deutschland zu holen. Aus dem Bundesinnenministerium kam nur der schmallippige Kommentar, dies sei in der aktuellen politischen Situation das falsche Signal an die anderen europäischen Länder. Während die Deutschen in diesem Jahr über 100 Milliarden Euro für Weihnachtsgeschenke ausgeben, vegetieren an den Rändern Europas Kinder und Erwachsene in notdürftigen Behausungen bei Regen und Kälte und mangelnder Versorgung vor sich hin – obwohl 85% der Menschen das Recht auf Asyl haben. Viel klarer kann man nicht deutlich machen, was aktuell in der Politik falsch läuft.

Aber ich will nicht mit einem Negativbeispiel enden. Es gibt auch viele Hoffnungszeichen. Es gibt viele Menschen, die erleben, dass die weihnachtliche Hoffnungsbotschaft Realität werden kann. Da denke ich zum Beispiel an unsere frühere Chefärztin für Orthopädie aus der Cnopfschen Kinderklinik, die schon seit vielen Jahren und auch noch in ihrem Ruhestand immer wieder mit einem Team von Ärzten und Pflegekräften nach Tansania fährt und dort kostenlos Kinder operiert, die durch einen Unfall oder eine Behinderung Fehlbildungen an ihren Gliedmaßen haben. Sie ermöglichen den Kindern mit dieser Hilfe ein Leben, das in der dortigen Gesellschaft sonst nicht möglich gewesen wäre. Diese Kinder können ihre Umgebung aktiv gestalten und aus dieser Dankbarkeit Gutes für andere tun. Für mich ist das ein herausragendes Beispiel dafür, wie Menschen dafür sorgen können, dass Frieden entsteht. Und es gibt noch viele andere Beispiele. Die Weihnachtsbotschaft macht uns darauf aufmerksam: Gott ermöglicht uns, Frieden zu schaffen. Und sie lädt uns dazu ein, das in unserer Umgebung und mit unseren Mitteln zu tun.

Ich wünsche Ihnen heute am Heiligen Abend und an den Weihnachtstagen, dass Sie die Friedensbotschaft des Ezechiel und des Lukas wieder neu hoffnungsvoll macht und dass Sie Ideen dafür bekommen, was Sie und wir alle tun können, damit der Friede zwischen uns keine Sehnsucht bleibt sondern Realität wird. Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich von Herzen ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.



[1] Nürnberger, Christian, Die Weihnachtsgeschichte – echt provozierend, 21.12.2019; www.usinger-anzeiger.de/politik/deutschland/gastkommentar-von-christian-nurnberger-die-weihnachtsgeschichte-echt-provozierend_20924840, abgerufen am 24.12.2019. 

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