Predigt vom Sonntag, 27.01.2019

Predigt über Exodus 3, 1-14 (Reihe III), Letzter Sonntag nach Epiphanias, 27. Januar 2019, 9.30 Uhr, St. Laurentius, Neuendettelsau, Pfr. Peter Schwarz

Gott offenbart sich im Licht und im Feuer. Es ist ein Licht, das von Gott kommt und die Jünger auf dem Berg der Verklärung sehen lässt, wer Jesus wirklich ist. Es ist ein Feuer, das von Gott kommt und die Aufmerksamkeit des Mose auf sich zieht, weil es den Dornbusch nicht verbrennt. Weil er dieses Feuer sieht, wird alles anders für ihn, und sein Leben wird sich radikal verändern: Gott schenkt ihm einen Anfang und einen neuen Auftrag. Viele Jahre trägt er ein schreckliches Geheimnis mit sich herum, nämlich den Mord an dem ägyptischen Aufseher. Aus Angst vor den Folgen dieser Tat ist er einst in die Wüste geflohen, hat hier gelebt und sich eine neue Existenz aufgebaut. Auf der Flucht vor den Folgen seiner Tat hat er Zippora gefunden, seine Frau, die ihm einen Sohn geboren hat: Gerschom hat er ihn genannt, und dieser Name ist ein Bekenntnis des Mose: „Ich bin ein Fremdling geworden im fremden Land“. Jetzt aber begegnet ihm, dem Fremdling und Flüchtenden, Gott. Dabei spricht er ihn nicht auf das Vergangene an, sondern holt ihn ganz in die Gegenwart, in seine - Gottes - Gegenwart.

Ziehe diene Schuhe aus, denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land“. Das ist der Schritt in die Gegenwart Gottes. Aus dem vor der drohenden Strafe geflohenen Mose wird im Angesicht dieses Feuers im Dornbusch der Mann Gottes. Nach der Flucht aus Ägypten, wo er den Aufseher erschlagen hatte, war er heimatlos geworden, nun soll er in Gottes Namen in eben dieses Land zurückkehren, soll vor den Pharao treten und sein Volk in die Freiheit führen. Zu Gott finden und zur Freiheit finden, das gehört zusammen. Die Schuhe ausziehen, ist ein Zeichen der Ehrfurcht vor Gott, und die macht den Menschen nicht klein, sondern frei. Wo Gott aus der Verborgenheit hervortritt, bringt er Zukunft und führt in die Freiheit.

Das Feuer im Dornbusch wie das Licht auf dem Berg der Verklärung - sie sind nicht Produkt der Phantasie oder orientalischer Erzählkunst. Dieses Feuer und dieses Licht kommen aus einer anderen Dimension, von Gott selbst. Vom unstofflichen Feuer und dem unerschaffenen Licht der Gottheit werden später die Väter der östlichen Theologie reden. Gott tritt aus seiner Verborgenheit hervor, und damit beginnt eine neue Geschichte. Erstmals tritt Israel als Volk in die Geschichte. Es wird zu dem Volk, mit dem Gott Geschichte schreiben wird. Dabei spielt auch Mose und seine Lebensgeschichte eine entscheidende Rolle. Er tritt vor Gott, und Gott will durch ihn in die Geschichte hineintreten und eingreifen.

„Ziehe deine Schuhe aus, denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land“, so das erste und entscheidende Wort. Das heilige Land ist nicht erst dort, wohin Mose die Israeliten führen soll. Dort, wo Gott hervortritt und zu ihm spricht, ist schon heiliges Land. Da werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Manchmal fühlt es sich so an, als hätte es der Glaube vor allem und hauptsächlich mit den großen Gestalten der Vergangenheit zu tun: Mose, Propheten, Apostel, heilige Frauen und Männer. Gott aber ruft uns in die Gegenwart, in seine Gegenwart. „Ziehe deine Schuhe aus, denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land“. Mit diesem Wort führt uns Gott ins Hier und Heute, führt mich zu ihm und zu mir selbst. So beginnt der Weg in die Freiheit.

Ich habe das Leid meines Volkes gesehen und sein Schreien gehört und bin herniedergefahren, dass ich sie errette und herausführe“. Ich bin herniedergefahren, sagt Gott, ich komme zu euch, weil der Weg zur Freiheit so unsäglich mühsam ist. Ich bin herniedergefahren und komme zu euch, gerade dann, wenn euer Herz leer und mutlos ist. Der geheimnisvolle Gottesname, mit dem Gott sich offenbart, enthält sein ganzes Programm mit uns: „Ich werde sein, der ich sein werde“. Ich bin bei euch, werde unter euch und mit euch sein. So stellt Gott die Weichen für die Zukunft. Das ist der Weg zur Freiheit.

Nötiger denn je, dass wir das heute hören. Denn wir sind dabei, unsere Zukunft aufs Spiel setzen: Durch unverantwortlichen Umgang mit der Schöpfung, durch naiven Glauben an grenzenloses Wachstum und die Kraft der Waffen, durch leichtfertiges Spiel mit den Bausteinen des Lebens. Wie kann es da Zukunft geben, Freiheit? Die Frage, ob und wie es um unsere Zukunft und unsere Freiheit bestellt ist, lässt uns oft ratlos zurück.

Die Antwort darauf kommt von außerhalb, von Gott her. Der brennende Busch ist das Zeichen, die Wegmarkierung dafür. Im Wort, das Mose dort hört, finden auch wir die entscheidende Antwort: Ich bin herabgestiegen und will retten und befreien. Ich werde sein, der ich sein werde. „Ich bin - ich werde sein“. Damit sind unsere Fragen noch nicht beantwortet oder erledigt. Aber eines leuchtet doch klar hervor aus dem Dornbusch: Die Antworten, nach denen wir suchen, sie sollen geboren werden aus dem ehrfürchtigen Staunen darüber, dass Gott selbst herabgestiegen ist. Nur so haben sie Zukunft. „Ziehe deine Schuhe aus, der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land“. Nicht zufällig erinnert das an ein Wort aus der indianischen Weisheit: „Jeder Teil dieser Erde sei deinem Volk heilig“. Ehrfurcht vor Gott und Ehrfurcht vor dem Leben, daran hängen Freiheit und Zukunft. Solche Ehrfurcht kommt uns und dieser Welt zugute.

Die Verheißung von Freiheit und Zukunft aber liegen in Gottes Zusage: Ich bin herabgestiegen und will retten und befreien. Ich werde sein, der ich sein werde. Diese Zusage kommt jetzt neu zu uns: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist“. Wenn wir das Heilige Abendmahl feiern, dann erleben wir sie als neue und befreiende Wirklichkeit. Dass Christus zu uns herabsteigt und zu uns kommt, das schenkt Freiheit und Zukunft.

Pfr. Peter Schwarz

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