Predigt vom 12. Sonntag nach Trinitatis, 08.09.2019

Predigt über Apostelgeschichte 3, 1-10; 12. Sonntag nach Trinitatis, 8. September 2019, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Dr. Peter Munzert

Liebe Schwestern und Brüder,

wir begegnen ihnen vor allem in den Innenstädten, bevorzugt in den Fußgängerzonen rund um die großen Kaufhäuser und Kirchen.

Bettelnde Männer und Frauen, manchmal mit einem Hund an ihrer Seite, manchmal auch Kinder neben sich.

Es sind oft Einheimische oder Menschen in Not aus Osteuropa. Sie sind geschickt postiert, so dass man sie kaum übersehen kann.

Was machen Sie, wenn Sie an diesen Menschen vorbeikommen? Legen Sie ihnen etwas in ihre Plastikbecher? Gehen Sie vorbei? Mit Blickkontakt oder ohne? Was geht Ihnen durch den Kopf?

Unsere biblische Geschichte heute erzählt genau von so einer Situation.

Ein gelähmter Bettler, der vor dem Tempel sitzt und um Almosen bettelt. Die Menschen müssen an ihm vorbei, wenn sie in den Tempel zum Beten und zum Gottesdienst wollen.

Petrus und Johannes, zwei Jünger Jesu, sind genau auf dem Weg dorthin, in den Tempel, um dort zu beten:

Apg 3,1-10

1 Einmal gingen Petrus und Johannes zum Tempel hinauf.

Es war um die neunte Stunde, die Zeit für das Nachmittagsgebet.

2 Da wurde ein Mann herbeigetragen, der von Geburt an gelähmt war. Tag für Tag setzte man ihn an das Tor zum Tempelvorhof, das die »Schöne Pforte« genannt wird. Dort sollte er bei den Tempelbesuchern um eine Gabe betteln.

3 Der Mann sah Petrus und Johannes, die gerade in den Tempel gehen wollten. Und er bat sie um eine Gabe.

4 Petrus und Johannes schauten zu ihm hin, und Petrus sagte: »Sieh uns an!«

5 Der Gelähmte blickte zu ihnen auf und erwartete, etwas von ihnen zu bekommen.

6 Doch Petrus sagte: »Gold und Silber habe ich nicht. Aber was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen von Jesus Christus aus Nazareth: Steh auf und geh umher!«

7 Petrus fasste den Mann bei der rechten Hand und zog ihn hoch. Im selben Augenblick kam Kraft in seine Füße und Gelenke.

8 Mit einem Sprung war er auf den Beinen und machte ein paar Schritte. Er folgte Petrus und Johannes in den Tempel. Dort lief er umher, sprang vor Freude und lobte Gott.

9 Das ganze Volk sah, wie er umherlief und Gott lobte.

10 Sie erkannten in ihm den Bettler, der immer an der Schönen Pforte des Tempels gesessen hatte. Sie staunten und konnten nicht fassen, was mit ihm geschehen war.

Lukas erzählt diese Geschichte in seiner Apostelgeschichte gleich als allererste Geschichte. Gerade erst hatten die Jünger und Jüngerinnen das Pfingstwunder erlebt. Der Heilige Geist wurde mit Feuerflammen und einem Brausen ausgesandt. Sie begannen, gemeinsam im Geist Christi zu leben. Die junge Gemeinde erwachte. Sie machten erste Gehversuche als Gemeinde. Sie teilten ihre Habe und ihren Glauben miteinander. Dies war die Geburtsstunde der Kirche.

Petrus und Johannes waren auf dem Weg zum Tempel, zum Gebet, als sie dem Gelähmten begegnen. Er sitzt vor der Pforte des Tempels und bittet um Gaben. Das ist seine einzige Möglichkeit, zum Lebensunterhalt seiner Familie beizutragen.

Ein paar Münzen im Vorübergehen, mehr erwartet er im Grunde wohl nicht mehr vom Leben – mehr erwartet er nicht vom Leben. Auch nicht von Petrus und Johannes.

Doch als der Gelähmte sie um Almosen bittet, bleiben die beiden auf ihrem Weg zum Beten stehen. Ja, sie bleiben nicht nur stehen, sie schauen ihn – wie es wörtlich heißt – „fest an“.

Petrus fordert ihn auf: „Sieh uns an!“ Der Bettler sieht sie an. Noch immer wartet er auf Almosen.

Er wartet. Aber er erwartet nicht, dass ihn wirklich jemand anblickt. Petrus und Johannes nehmen Blickkontakt auf. Vielleicht ist das noch kein Wunder. Aber es ist wunderbar. Denn sie geben damit dem Gelähmten ein Gesicht. Aus einem Hindernis am Tor wird ein Mensch.

Vielleicht der Anfang des anschließenden Wunders. Sicher aber der Beginn des Gottesdienstes, zu dem Petrus und Johannes unterwegs sind. Manche Gottesdienste geschehen vor der Kirchentür.

„Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth, steh auf und geh umher“, sagt Petrus.

Der Gelähmte erhofft sich Silber und Gold, ein paar Münzen, damit alles so weitergehen kann wie bisher. Er hatte sich wohl damit abgefunden. Und mit seiner Situation seinen Frieden gemacht.

Im Namen Jesu Christi - das sollte heute anders werden. Petrus und Johannes sehen das anders. Sie sehen den Gelähmten mit den Augen Jesu. Sie erkennen, dass es Jesu Wille ist, dass Menschen auf ihren eigenen Füßen stehen können.

Das griechische Wort für „Füße“ heißt „Basis“. Der Gelähmte soll im Namen Christi auf einer neuen „Basis“ stehen. Er soll nicht mehr auf das Betteln angewiesen sein. Was mag in dem Gelähmten vor sich gehen? Plötzlich will ihn jemand auf eigene Füße stellen. Schaut ihn an, sieht ihn als Mensch und nicht als Krüppel. Traut ihm etwas zu. Reicht ihm die Hand.

Petrus fasste den Mann bei der rechten Hand und zog ihn hoch. Im selben Augenblick kam Kraft in seine Füße und Gelenke.

Petrus und Johannes blicken dabei nicht auf das, was sie nicht haben, sondern auf das, was sie geben können.

»Gold und Silber habe ich nicht. Aber was ich habe, das gebe ich dir:«

Lukas beschreibt in seiner Apostelgeschichte, was Kirche hat und wie sie bewegen kann:

- Eine Kirche, die einem Menschen Ansehen schenken kann.

- Eine Kirche, die Menschen in Not hilft.

- Eine Kirche, die Menschen die Hand reicht, um sie aufzurichten, damit sie auf eigenen Füßen stehen und eine feste Basis haben.

- Eine Kirche, die einen Namen hat, aus dem sie ihre Kraft bezieht: Jesus Christus von Nazareth.

Dieser hat gesagt:

Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern und Schwestern, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25,40)

Dort, wo das geschieht und wir dem Wunder Raum geben, begegnen wir dem, der diesen Namen trägt: Jesus Christus von Nazareth.

Wen wundert´s, dass der Gelähmte aus seiner Lähmung aufspringt und Gott aus tiefem Herzen lobt. Und dass die Umherstehenden – wie es bei Lukas wörtlich heißt – in Ekstase geraten: Sie staunten und konnten nicht fassen, was mit ihm geschehen war.

Amen.

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