Predigt vom Reformationsfest, 3. November 2019

Predigt zu 5. Mose 6, 4-9; Reformationsfest, 3.November 2019, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrerin KarinLefèvre

 

Die Gnadeunseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft desHeiligen Geistes sei mit euch allen.

 

5. Mose 6, 4-9

4 Höre Israel! Der Ewige, unser Gott, ist ein einigesewiges Wesen. 5 Und du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieben von ganzemHerzen, ganzer Seele und mit all deiner Kraft. 6 Diese Worte, die ich dir heutegebiete, sollen dir stets im Herzen bleiben. 7 Du sollst sie deine Kindersorgfältig lehren und immer davon reden, wenn du zu Hause sitzt oder unterwegsbist, wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst. 8 Binde sie zum Zeichenan deine Hand. Trage sie als Stirnbinde zwischen deinen Augen. 9 Und schreibesie auf die Pfosten deines Hauses und an deine Tore.

 

 

LiebeGemeinde,

das sind doppeltungewöhnliche Worte. Denn sie bilden zum einen das Glaubensbekenntnis derjüdischen Religion. Dort sind sie so vertraut wie bei uns die Worte desVaterunsers.

 

Und diese Worte wurden vonunserer EKD ausgewählt, als Predigttext für den diesjährigen Reformationstag.Das jüdische Glaubensbekenntnis am Reformationstag der evangelisch-lutherischenKirche. Das ist wahrlich außergewöhnlich. Und kann und soll damit einwunderbares Zeichen für unsere Verbundenheit mit den jüdischen Geschwisternsein, die jetzt nicht mehr nur Lippenbekenntnisse von uns brauchen, sondernechtes Eintreten für ihren Schutz und ihre Sicherheit.

 

Das ist das eine. Dasandere ist die Inbrunst, mit der die Bedeutung, die Gott für Erwachsene und fürKinder haben soll, regelrecht beschworen wird. Nein, es geht um mehr als umBedeutung! Es geht um eine große und umfassende Liebe, wie sie größer undumfassender nicht sein kann. Alles an äußerlichen und innerlichen Zeichen wirdda aufgeboten, um dies deutlich zu machen.

 

Was aber hatdie Erfahrung von großer, alles umfassender Liebe mit der Reformation zu tun?

 

Damals, vor etwas mehr als500 Jahren, da war ein junger Mann am Zerbrechen. Der Gott, der damalsverkündigt, gepredigt und gelehrt wurde, war ein Folterer, war ein wahresMonster. Die Qualen, die Verstorbene im Fegefeuer angeblich erdulden mussten,wurden mit abscheulicher Lust in grellsten Farben ausgemalt. Was in DantesInferno (1302) beschrieben und was Bußprediger zur Zeit Martin Luthersverbreitet haben, lässt das, was die allabendlichen Krimis heutzutage an Gewaltpräsentieren, fast blass aussehen!

 

Gott, wie er imMittelalter gepredigt wurde, konnte man nicht lieben, sondern nur fürchten. Undder junge Martin Luther ging ins Kloster, weil ihn die Angst vor diesem„Monster-Gott“ fast in den Wahnsinn trieb. Diese Angst, ja Verzweiflung, führtedazu, dass er sich selbst verletzte und fast zu Tode hungerte, trieb ihn aber auchin das Studium der alten Sprachen, um die Bibel im Urtext lesen zu können. Und da wird es für unsinteressant!

 

Denn anfangs sah es soaus, als würde all das Lesen und Studieren der Heiligen Schrift alles nur nochschlimmer machen. Martin Luther las aus der Bibel heraus, was er an Vorurteilenund Ängsten mitbrachte und in sie hinein trug. Was ihm half, war ein Mensch,der in sich die Liebe und die Geduld verkörperte, die es bei Gott zu entdeckengalt. Johannes Staupitz, der Generalvikar seines Ordens, wurde sein Beichtvaterund sein spiritueller Lehrer, der Luther den Weg heraus aus der Angst und hinzu Christus, der offenbaren Liebe Gottes, wies. So, wie wir es gerade mitWorten Luthers gesungen haben:

 

            Die Angst mich zu verzweifeln trieb… zur Hölle musst ich sinken. (EG 341,3)

            Da jammert Gott in Ewigkeit meinElend übermaßen; er dacht an sein Barmherzigkeit,er wollt                mir helfen lassen. Er wandt zu mir das Vaterherz  …  Erließ’s sein Bestes kosten. (EG 341,4)

 

Wir alle hier spüren jetzthoffentlich, wie schlimm sich damals vieles ver-formthatte und dringend einer Re-Formationbedurfte. Allerdings gibt es nicht nur eine Reformation, wie wir die Zeitnennen, die Martin Luther geprägt hat, sondern die ganze Geschichte Gottes mituns ist geprägt von solchen Reformationen. Um nur auf eine hinzuweisen, nenneich für viele andere die, die der alttestamentliche König Josia in Angriffgenommen hatte, als bei Renovierungsarbeiten am Tempel das Gesetzbuchwiedergefunden wurde, was wir im 2. Buch der Chronik, Vers 34f nachlesenkönnen. Allerdings beschränkten sich die Reformen auf Äußerlichkeiten wie denRitus und drangen nicht in die Herzen der Menschen vor. Das erfahren wir vomPropheten Jeremia, der genau dies in seinem Buch beklagt. Aber das ist ja immerdie Gefahr, dass wir bei Äußerlichkeiten stehen bleiben, wenn wir wichtigeÄnderungen anstreben müssen. Die sind halt auch viel leichter messbar.


Und machen wir uns nichtsvor. Als die Worte unseres heutigen Predigtabschnitts vor einigen tausendJahren formuliert wurden, war jedem halbwegs lebenserfahrenen Menschen schonklar, dass Liebe sich nicht befehlen lässt. Deshalb wird ja auch betont, dasssie eine Sache des Herzens, der Seele und aller Anstrengung ist.

 

Wer schon einmal bis überbeide Ohren verliebt war, weiß, dass uns die Liebe in dieser Phase der Verliebtheit totalausfüllt. Unser Denken, Fühlen, Planen, Handeln, alles ist durchdrungen vondieser Liebe. Und dann, wenn diese relativ kurz andauernde Zeit vorüber ist,dann kommt entweder eine schmerzliche Ernüchterung, oder es beginnt die „Arbeitan der Beziehung“. Nur wer bereit ist, sich dem auszusetzen, wird erleben, wiedie Liebe auch im Alltag an Tiefe und Tragfähigkeit gewinnt.

Auch in menschlichenBeziehungen kommt es zu De-Formationen,die re-formiert werden müssen.Arbeiten werden neu aufgeteilt, gemeinsame Mahlzeiten und gemeinsame Freizeitneu in Angriff genommen, Besserung gelobt, neu um Vertrauen gerungen, weil üblebeziehungsschädigende Angewohnheiten sich eingeschlichen haben. All das, wasfür menschliche Beziehungen gilt, trifft auch auf das geistliche Leben zu.

 

Da gibt es nur eineneinzigen - allerdings eklatanten - Unterschied: nämlich, dass Gottes Liebe zu unsunwandelbar ist. Selbst da, wo wir treulos werden, bleibt Gott treu, weil TreueTeil seines Wesens ist. (2. Tim. 2,13)

 

Eine kleine Geschichte,soll uns das zum Abschluss anschaulich machen: Eine Frau wird wegen Ehebruchsvor den Richter geschleppt und zum Tod verurteilt. Der Richter setzt denHinrichtungstermin auf den folgenden Morgen fest und fragt die Frau, ob sie vorihrem Tod noch einen Wunsch habe. "Ja, ich möchte meinen Mann noch einmalsehen!", bat die Frau. Überall ließ der Richter nach dem Mann suchen. DerMann war nicht zu finden. Die Hinrichtung habe trotzdem stattzufinden,entschied der Richter. So wurde die Frau am kommenden Morgen einen Berghinaufgeführt. Dieser Berg fiel auf der anderen Seite steil ab in die Klippendes Meeres. Niemand hatte den Sturz an diesem steilen Abgrund hinab überlebt.Die Soldaten banden ihr die Augen zu und stießen sie den Abgrund hinab. WenigeStunden später kommt der Ehemann durch die Straßen der Stadt. Die Menschenwaren fassungslos, denn der Mann hatte seinen Arm um seine Frau gelegt, dieneben ihm herging. Was war geschehen? Während ihn alle suchten, hatte der Mannunter die Hinrichtungsstätte - unterhalb des Abgrundes - sein Netz gespannt undin diesem Netz seine Frau aufgefangen.

 

So lässt sich dieGeschichte Gottes mit uns Menschen auch nacherzählen. Höre Gemeinde, der Ewige,unser Gott, ist ein einziges ewiges Wesen. Und du sollst, darfst, kannst ihnlieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. Amen

 

 

Und der Friede Gottes,welcher höher ist, als alles, was unsere Vernunft denken und sagen kann,bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

 

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