Predigt vom 17. Sonntag nach Trinitatis, 13.10.2019

Predigt über 2. Timotheus 1, 6-11; 17. Sonntag nach Trinitatis, 13.10.2019, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Regionalbischöfin Gisela Bornowski

Liebe festliche Gemeinde, liebe Angehörige und Freunde von Oliver Georg Hartmann, lieber Herr Hartmann,

in diesem Gottesdienst werden Sie zum geistlichen Amt ordiniert und feierlich in den Dienst der Kirche berufen. Für diese Aufgabe haben Sie sich gründlich vorbereitet. Es war ein langer Weg bis hierher, ein entschiedener Weg. Sie studierten zuerst Religionspädagogik und Gemeindediakonie an der Evangelischen Hochschule in Moritzburg. Danach begannen Sie das Theologiestudium an der Augustana. Neuendettelsau und seine Diakonie sind Ihnen also auch nicht fremd. An der Universität Heidelberg studierten Sie neben der Theologie auch Diakoniewissenschaften und schlossen diese mit einem Master ab. Ihr Thema: „Führungsverantwortung in christlich-sozialer Praxis“. Sie haben drei Examina mit jeweils sehr guten Leistungen abgelegt. Dass Sie nun auch forschen und promovieren, und zwar über das Amt der Oberin in Neuendettelsau, wundert nicht. Sie sind ein versierter Theologe, wissenschaftlich interessiert und bewandert, reflektieren die Praxis und bringen als Religionspädagoge kommunikative und didaktische Fähigkeiten mit. Ich würde sagen, für Diakoneo ein Glücksgriff. Und Sie sind nach wenigen Wochen auch schon mitten drin in Ihrem neuen Aufgabenfeld!

Sie sind mit Leidenschaft Theologe, die kognitive, wissenschaftliche Herangehensweise an den christlichen Glauben ist für Sie wichtig. Gleichzeitig wissen und ringen Sie darum, dass Kirche in unserer Welt noch Relevanz hat. Die Diakonie ist dort, wo die Menschen sind, wo sie Hilfe und Unterstützung brauchen. Wo die Liebe Gottes konkret erfahrbar sein soll – in tätiger Nächstenliebe. Diese Verbindung von Diakonie und Theologie passt gut zu Ihnen!

Heute werden Sie nun ordiniert. Sie dürfen sich darüber freuen, dass Sie den langen Weg der Ausbildung erfolgreich bewältigt haben. Es ist ein Festtag, nicht nur für Sie, sondern auch für Ihre Familie und Ihre Gemeinde im Diakoneo. Und ich hoffe, dass Sie sich an diesen Tag immer wieder gerne erinnern werden. Als Regionalbischöfin empfinde ich es als großes Privileg, bei den Ordinationen immer auch selber an meine Ordination erinnert zu werden. Wir sind berufen, gesegnet und gesendet in den Dienst der Kirche und in die Weitergabe des Evangeliums von der bedingungslosen Liebe Gottes. Das ist eine wunderbare Berufung und ein wunderbarer Beruf. Ich möchte keinen anderen.

In dem Abschnitt aus dem zweiten Timotheusbrief, der Grundlage der Predigt ist, wird Timotheus vom Apostel Paulus an seine eigene Beauftragung zum Dienst in der Gemeinde, sozusagen an seine Ordination, erinnert.

Hören wir, was das - bei allen Unterschieden - auch uns noch zu sagen hat:

6 Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, dass du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände.

7 Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.

8 Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes.

9 Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt,

10 jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium,

11 für das ich eingesetzt bin als Prediger und Apostel und Lehrer.

Lieber Herr Hartmann, wie damals schon Timotheus bekommen auch Sie nicht einfach eine Dienstanweisung für Ihre Aufgabe als Pfarrer. Wobei die Verkündigung des Evangeliums bei Gottesdiensten, im Unterricht, in der Kita, in der Seelsorge, im öffentlichen Raum und die Leitung und Durchführung von Taufen und Abendmahlsfeiern sicher den Kern der Arbeit eines Pfarrers markieren. Es ist aber nicht nur eine Dienstanweisung. Sie werden nicht nur beauftragt, sondern wie Timotheus werden Ihnen die Hände aufgelegt und Ihnen wird für Ihren Dienst der Segen Gottes zugesprochen. Dadurch soll deutlich werden: Sie sind nicht in eigener Sache unterwegs, auch nicht einfach im Auftrag ihrer „Firma“, Diakoneo oder der ELKB, sondern es ist Gott, der Sie sendet und segnet.

In unserem Bibelwort wird Timotheus gesagt, worauf es in seinem Dienst ankommt: „Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes.“

Dem ersten werden wir gerne zustimmen. Wir haben keinen Grund, uns wegen des Evangeliums zu schämen. Mit dieser Botschaft, dass sich uns Gott in Jesu Leben, Sterben und Auferstehen freundlich zuwendet und uns neues Leben ermöglicht, mit dieser Botschaft brauchen wir uns nicht zu verstecken. Auch wenn ich natürlich weiß, dass man dafür manches Mal belächelt wird. Als Pfarrerinnen und Pfarrer ist es unsere vornehmlichste Aufgabe, dass die beste Botschaft der Welt immer wieder öffentlich hörbar und sichtbar wird. Ich bin überzeugt, dass viele Menschen eine große Sehnsucht nach Gott und seiner Liebe in sich tragen, dass sie ihn spüren und erfahren wollen in ihrem Leben. Nur sie suchen Gott nicht mehr unbedingt bei uns in der Kirche.

Deshalb ist es wichtig, dass wir alle uns immer wieder erinnern: Schäme dich des Evangeliums nicht, du brauchst dich nicht damit zu verstecken. Ganz im Gegenteil:

Zeig dich! Rede darüber, ohne aufdringlich zu sein. Stell Dich und Deinen Glauben auch zur Diskussion. Sage, was Dich trägt und hält und Dir die Richtung für Dein Leben weist! Geh dorthin, wo sich das Leben der Menschen ereignet und rede davon, wie der Glaube an Christus dein Leben bereichert! Wir dürfen mutig und freudig das Evangelium in die Welt tragen.

Doch es geht noch weiter. Da heißt es: Schäme dich nicht für mich, für Paulus, der ich im Gefängnis sitze. Offensichtlich gab es Leute, die sich für Paulus fremdgeschämt haben. Vielleicht, weil er sich selbst in diese missliche Lage im Gefängnis gebracht hat. Diplomatie war nie seine große Begabung. Oder, weil man seine Gefangenschaft als Zeichen seiner Kraftlosigkeit, seiner Unfähigkeit deutete.

Vielleicht kann man das auf unsere heutige Situation übertragen, auch wenn das ungleich schwieriger ist: Dann könnte diese Aufforderung so lauten: Schäme dich nicht für deine Kirche!

Sie versprechen heute, das Evangelium zu verkündigen, wie es in der Heiligen Schrift und im Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche bezeugt ist. Sie sollen in der Gemeinschaft aller Mitarbeitenden der Kirche Dienst tun. Sie sind also an die Kirche gewiesen, in Gestalt der ELKB. Im Laufe Ihres Berufslebens wird es sicher immer wieder Dinge und Anlässe geben, bei denen Sie sich über Ihre Kirche ärgern und Kritik üben. Das ist nicht verboten. „Kirchen-Bashing“, wie man heute so schön sagt, also die Verunglimpfung und Beschimpfung von Kirche, geht nicht, finde ich.

„Leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes“, empfiehlt Paulus. Mit meinen Worten heißt das: "Schäme dich nicht für deine Kirche, so unvollkommen sie auch in ihrer Gestalt als ELKB sein mag. Sondern nimm die Last und die Mühe, die dir vielleicht daraus erwächst, auf dich - nicht aus Respekt vor Paulus oder aus Respekt vor der Kirche, sondern um des Evangeliums willen." Denn das Evangelium hören wir immer nur von begrenzten und unvollkommen Menschen, die die Kirche aber ausmachen. Wir alle sind Kirche, nicht nur „die da oben“ oder „die in München“, wie es immer so schön heißt. Schäme dich nicht und hilf mit, damit das Evangelium die Menschen besser erreichen kann." Wenngleich ich einfügen muss: Wenn Kirche oder ihre Diakonie den ihnen anvertrauten Menschen Schaden zufügen, indem sie ihre Macht missbrauchen und eigene Begierden befriedigen, dann ist Scham berechtigt und ein wichtiger Schritt zur Heilung und zum Frieden.

In Kirche und Diakonie sind Menschen am Werk. Menschen sind fehlbar, Menschen machen nie alles richtig, und können es vor allem nie allen recht machen. Kann das gut gehen? Mit uns?

Wie gut, dass Paulus uns an dieser Stelle zusagt: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ - Gründe zur Furcht und zur Verzagtheit gibt es genug. Privat und ganz persönlich, in der Sorge um liebe Menschen, im Blick auf den Zustand unserer verwundeten Erde. Und die prognostizierten Entwicklungen der Kirchen in den nächsten Jahrzehnten können durchaus verzagt machen: Was wird aus der Kirche, wenn immer mehr Menschen ihr den Rücken kehren?

Weder gegenseitige Schuldzuweisungen noch blinder Aktivismus helfen weiter. Ehrlich wäre, sich einzugestehen, dass niemand den Königsweg weiß. Wir werden wohl viel probieren müssen, dann auch wieder lassen und Neues beginnen. Wir können immer neu erspüren, was jetzt dran ist, was die Menschen von uns als Kirche brauchen, wie wir sie in ihrer Situation mit dem Evangelium erreichen können. Und wir werden wohl auch aushalten müssen, dass nicht alles zum Erfolg führt und unsere Gemeinden nicht gegen den Trend wachsen. Das ist eine geistliche Herausforderung, die wir nur gemeinsam, als glaubende Gemeinschaft, in der Kraft Gottes bewältigen können.

Lieber Herr Hartmann, all ihr Können, das Sie bisher für den Pfarrberuf erworben haben, all ihre besonderen Begabungen dürfen Ihnen für Ihre Arbeit Sicherheit geben. All Ihre Begabungen und Ihre Kompetenz werden gebraucht. Sie werden gebraucht. Und ich bin mir sicher, Sie werden in Bereichen, die Sie bisher noch gar nicht im Blick haben, über sich hinauswachsen. Was Sie aber vor allem wissen dürfen, ist: Die Kraft, die für Ihren Dienst nötig ist, muss nicht von Ihnen selbst kommen. Gott schenkt sie Ihnen durch seinen Heiligen Geist. Das darf Ihnen immer wieder neuen Schwung geben, gerade wenn Sie selbst an Ihre Grenzen kommen. Sie dürfen sich nach seiner Kraft ausstrecken. Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig – auch das erlebten Paulus und andere mit ihm.

Sie folgen Jesus nach. Jesus selbst zeichnete aus, dass er Menschen voller Aufmerksamkeit und Liebe begegnete. Ein älterer Pfarrer sagte mir einmal: „Das entscheidende bei deiner Arbeit als Pfarrer bzw. Pfarrerin ist, dass die Leute merken, du magst sie.“ Im Hohen Lied der Liebe sagt Paulus eindrucksvoll: „All unser Können ist nichts, wenn die Liebe fehlt.“ Das ist bei unserem Tun als Pfarrerin und Pfarrer genauso. Wir dürfen Gottes Menschenfreundlichkeit weitergeben. Der Geist Gottes ist ein Geist der Liebe. Um ihn dürfen wir immer wieder bitten. Gott beschenkt und verändert uns mit seinem Geist der Liebe.

Und neben Kraft und Liebe schenkt Gott uns durch seinen Geist auch Besonnenheit. Die Besonnenheit kommt – glaube ich – aus der Besinnung. Es ist gut für uns, nicht besinnungslos durch unsere Tage zu hetzen, sondern immer wieder innezuhalten, bewusst zu atmen, zu beten, zu hören - aufeinander und auf Gott. Im geschäftigen Alltag geht das leicht unter. Wie schön, dass hier in Neuendettelsau treue Beterinnen im Hintergrund sind, die Schwestern, die sich regelmäßig treffen, um zu beten – auch für Sie. Es ist ein so wichtiger Dienst! Damit wir besonnen entscheiden und handeln können. Was wird unserer Kirche auch fehlen, wenn die treuen Beterinnen der geistlichen Gemeinschaften immer weniger werden!? An diesem Wochenende finden die Diakonissentage statt mit dem Thema: „Die Zukunft beginnt jetzt!“ Es ist auch für sie eine Zeit des Umbruchs und des Aufbruchs.

In aller Veränderung, hier in Neuendettelsau, in unserer Kirche, in jedem Leben, gilt dieses wunderbare Wort der Verheißung: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ Es ist alles für uns da, Kraft, Liebe und Besonnenheit. Gott ist für uns da. Wir dürfen uns für IHN öffnen. IHM unsere Sehnsucht hinhalten. Sein Geist ist uns ja schon geschenkt! Er wird seine Wirkung tun.

So möge Sie, lieber Herr Hartmann, uns alle und Gottes ganze Kirche dieser Geist stärken und bewahren, heute und alle Tage.

Amen.

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