Predigt von Fronleichnam, 20.06.2019

Predigt über 2. Korinther 13, 11-13; Trinitatis, 16. Juni 2019, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Pfarrer Dr. Hermann Vorländer

Begrüßung

Im Namen des einen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Wir feiern heute das Trinitatisfest, das Fest der Heiligen Dreifaltigkeit oder Dreieinigkeit. Das Evangelium dieses Sonntags aus Johannes 3 blickt vor allem auf den Neuanfang, der aus Gottes Geist kommt. Gleichzeitig leitet das Trinitatisfest die sogenannte „festlose“ Hälfte des Kirchenjahrs ein. Die nächsten Sonntage bis Mitte November werden schlicht als erster bis zwanzigster Sonntag nach Trinitatis gezählt. In der ersten Hälfte des Kirchenjahrs besinnen wir uns auf die Geschichte Gottes mit den Menschen, beginnend mit der Geburt Jesu, Passion, Ostern, Himmelfahrt bis Pfingsten. Sie endet mit dem heutigen Trinitatisfest. Wir wollen heute über seine Bedeutung nachdenken und bitten Gott um seinen Segen.

Liebe Gemeinde,

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen

Die meisten von Ihnen, liebe Gemeinde, haben im Konfirmandenunterricht wohl den sogenannten Tauf- oder Missionsbefehl aus Matthäus 28 auswendig gelernt, wo der Auferstandene seinen Jüngern den Auftrag gibt: „Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker. Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes…“ Hier ist also von Vater, Sohn und Heiligem Geist die Rede, aber noch nicht davon, dass es sich um die drei Personen der einen Gottheit im Sinne der Trinitätslehre handelt. Die Trinitätslehre kommt in der Bibel nicht explizit vor, sondern wurde erst Jahrhunderte später formuliert. Sie verknüpft das Handeln von Gott als dem Schöpfer mit Christus als dem Erlöser und dem Heiligen Geist als Kraft Gottes. Deshalb wurde auf einem Konzil formuliert, dass der eine Gott in drei Seinsweisen wirkt.

Das Bekenntnis zu dem dreieinen Gott ist aus der Glaubenserfahrung der ersten Christen in ihrem Nachdenken über die Bedeutung Christi erwachsen. Die Jünger haben Jesus nicht nur als einen großen Menschen, gewaltigen Prediger oder geduldigen Märtyrer erlebt. Sie haben vielmehr gespürt, dass in ihm Gott in einzigartiger Weise selbst gegenwärtig ist. Sie haben begriffen, dass Jesus mehr ist als alle Propheten des Alten Bundes, nämlich Sohn Gottes. Nun entstand die Frage: Wie verhält sich Gottvater zu Gottsohn? Sind das nicht zwei Götter? Aber das konnte ja nicht sein. Der eine Gott, der die Welt erschaffen hat und ihre Geschichte bestimmt, handelt auch in Jesus Christus. Deshalb wurde in der Alten Kirche zunächst festgelegt: Christus ist Gott und Mensch zugleich. Christus ist der „Gott für uns“, die uns zugewandte Seite Gottes. Von diesem einen Gott in Christus geht eine geheimnisvolle Kraft aus. Wir nennen sie den Geist Gottes. Durch diesen Geist hat Gott Menschen geschaffen. Ohne ihn gibt es keinen Glauben und kein Leben. Sein Geist verändert den Menschen auf erstaunliche Weise. So wurden die Jünger vom Geist Gottes erfasst, aus Feiglingen und Verleugnern wurden mutige Zeugen Jesu. Der Geist Gottes packte die Jünger, als sie hinter ihren ängstlich verschlossen Türen saßen, und ermutigte sie, hinauszugehen und die Botschaft Christi zu verkünden. An Pfingsten erlebten sie, dass der Geist Menschen ganz unterschiedlicher Sprache und Herkunft miteinander verbindet. Auch dieser Geist ist ein Stück von Gott selbst. Er ist der „Gott im Menschen“, die Kraft Gottes, die uns zum Glauben treibt.

Die Trinität wird in vielen Kirchen als ein Dreieck dargestellt. In der Mitte findet sich das Auge Gottes als Zeichen der Gegenwart Gottes. So, wie ein Dreieck aus drei Seiten besteht und doch eine einzige Figur bildet, so hat auch Gott drei Seiten und ist doch einer. Er wirkt als „Gott über uns“ in der ganzen Welt. Er wirkt als „Gott für uns“ in Jesus Christus zum Heil der Menschen durch sein Leben, Sterben und Auferstehen. Er wirkt als „Gott in uns“, indem er uns durch alle Zweifel und Widrigkeiten des Lebens zum Glauben befähigt.

Der Kirchenvater Augustin hat im vierten Jahrhundert viel über das Geheimnis der Trinität nachgedacht und Bücher geschrieben, die bis heute das theologische Denken Europas beeinflussen. Eines Nachts hatte er einen Traum. Er sah am Meer einen Knaben sitzen, der ein Loch in den Sand gemacht hatte und mit einer Muschel Wasser hinein schöpfte. Augustin fragte: „Was tust du da?“ Der Knabe antwortete: „Ich will das Meer in diese Grube hinein schöpfen.“ „ Das wird dir nicht gelingen“, entgegnete Augustin mit überlegenem Lächeln. Da schaute ihn der Knabe an und meinte: „Und du willst mit deiner menschlichen Vernunft das Geheimnis der göttlichen Dreieinigkeit ergründen?“

Der berühmte Tiefenpsychologe C. G. Jung wuchs in einem Schweizer Pfarrhaus auf und erzählt, dass er in seiner Jugend immer nicht verstanden habe, was die Trinität eigentlich bedeutet. Im Konfirmandenunterricht wartete er sehnsüchtig darauf, dass dieses Thema verhandelt werde. Aber als es schließlich dran kommen sollte, sagte sein Vater: „Dies wollen wir übergehen, denn ich selber verstehe die Trinität auch nicht.“ Dies hat den kleinen C. G. Jung sehr enttäuscht. Gewiss bleibt die Trinität ein Geheimnis, aber wir können uns ihr gedanklich annähern.

Unser heutiger Predigttext bildet den Schluss des 2. Korintherbriefs. In ihm ringt Paulus leidenschaftlich mit der Gemeinde in Korinth. Er hatte sie gegründet, doch bald kamen fremde Apostel, die ein anderes Evangelium verkündigten. Sie warfen Paulus vor, er könne zwar gewaltige Briefe schreiben, sei aber schwach im Auftreten. Seine Autorität als Apostel wurde in Frage gestellt. Paulus polemisiert gegen die Über- und Lügenapostel und ringt um seine Anerkennung. Er betont, dass er keinerlei finanzielle Interessen verfolgt habe und für seine Mission vielerlei Strapazen, Folterungen und Gefahren für Leib und Leben auf sich genommen habe. Zudem litt er offensichtlich unter einer Behinderung, die er als Pfahl im Fleisch bezeichnet. Als er seinen Herrn um Linderung seiner Leiden bat, antwortete dieser: „Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit.“ (früher: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“). Während sich seine Gegner ihrer Stärken rühmen, will er sich seiner Schwachheiten rühmen. Um nicht Öl ins Feuer zu gießen, verzichtete er auf einen weiteren Besuch in Korinth.

Vor diesem Hintergrund müssen wir die letzten Verse dieses dramatischen Briefes verstehen. Paulus ermahnt die Gemeinde zu Einigkeit und Frieden. Er fordert sie auf, dies mit einem Kuss zu bekräftigen und schließt mit den Worten „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“

Hier wird Christus mit Gott und dem Heiligen Geist verknüpft zu einer Dreiheit. Die Dreizahl kommt bereits im AT immer wieder vor: Drei Männer(=Engel) besuchen Abraham nach 1. Mose 18. In der Berufungsvision des Propheten Jesaja rufen die Seraphen Gott ein dreifaches Heilig zu. Im 1. Korinther 13 fasst Paulus sein berühmtes Hohes Lied der Liebe mit der Dreiheit von Glaube, Hoffnung und Liebe zusammen. „Aller guten Dinge sind drei“, sagt der Volksmund.

Die Trinitätslehre bringt die allumfassende Größe Gottes zum Ausdruck, seinen Reichtum, seine Tiefe und Weisheit. Er ist der Schöpfer von Himmel und Erde, ja des gesamten Alls. „Komme, was mag! Gott ist mächtig! Wenn unsere Tage verdunkelt sind und unsere Nächte finsterer als tausend Mitternächte, so wollen wir stets daran denken, dass es in der Welt eine große segnende Kraft gibt, die Gott heißt. Gott kann Wege aus der Ausweglosigkeit weisen. Er will das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln, zuletzt in den leuchtenden Morgen der Ewigkeit. (Martin Luther King)

Vor Jahren umkreiste der sowjetische Astronaut Titow die Erde und verkündete stolz: „Es gibt Leute, die sagen, da oben gebe es einen Gott. Aber auf meinen Flügen rund um die Erde habe ich den ganzen Tag danach ausgeschaut und ihn nicht gesehen, ich sah weder Gott noch Engel. Und ich glaube nicht an einen Gott. Ich glaube an den Menschen, seine Stärke, seine Möglichkeiten und seinen Verstand.“

Titow ist das Opfer einer primitiven atheistischen Propaganda. Als ob unser Gott in dem Bereich wohnte, der mit Raketen und Weltraumkapseln zu erreichen wäre! Auch ich glaube an den Menschen, seine Stärke, seine Möglichkeiten und seinen Verstand. Aber der christliche Glaube zeigt mir auch die Grenzen des Menschen, seine Überheblichkeit und seinen Hang zum Bösen. Ich wünschte, er würde seinen Verstand nicht zur Entwicklung von noch scheußlicheren Waffen und die Unterdrückung von Menschen benutzen, sondern zur Bekämpfung der Armut und Schaffung einer friedlicheren Welt.

Gerade große Denker und Wissenschaftler fanden immer wieder den Weg zum Glauben. Der französische Skeptiker Voltaire schrieb einmal: „Wenn kein Gott existierte, müsste man ihn erfinden, doch er existiert. Die ganze Natur ruft es uns zu.“ Der berühmte Chemiker Louis Pasteur, der sich große Verdienste durch die Erforschung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten durch die Entwicklung von Impfstoffen erworben hat, bekannte: „Die Welt wird einmal lachen über die Dummheit unserer heutigen modernen materialistischen Philosophie. Je mehr ich die Natur studiere, desto mehr stehe ich staunend und bewundernd vor den Werken des Schöpfers. Ich bete während meiner Arbeit im Laboratorium.“ Selbst Charles Darwin, der mit seiner Evolutionstheorie die Christenheit im 19. Jh. schockierte, schrieb einmal: „In den äußersten Zuständen des Schwankens bin ich niemals ein Atheist in dem Sinne geworden, dass ich die Existenz Gottes geleugnet hätte.“ So führt die Erkenntnis der Natur als Schöpfung zum Glauben an Gott den Schöpfer.

Man kann die Trinität nicht logisch begründen. Man kann sie mit dem Verstand weder beweisen noch widerlegen. Alle menschlichen Kategorien lassen sich auf Gott nicht anwenden. Er ist und bleibt ein Geheimnis, von dem bereits Goethe sagte: „Das höchste Glück des denkenden Menschen ist es, das Erforschliche erforscht zu haben und das Unerforschliche ruhig zu verehren.“ Wir können uns Gott letztlich nur im Lobpreis nahen wie Paulus.

Der Glaube steht nicht gegen die Vernunft, vielmehr geht er über die Vernunft und den Verstand hinaus. Deshalb beenden wir die Predigt gewöhnlich mit dem Wunsch „Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft (nicht gegen alle Vernunft!), bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ Unser Verstand ist ein großartiges Geschenk Gottes, das wir verantwortungsvoll gebrauchen sollen in allen Bereichen des Lebens. Aber er hat seine Grenze und wird oft sehr unvernünftig eingesetzt.

Im Lobpreis des dreieinigen Gottes beantwortet sich auch letztlich die Theodizeefrage: Warum lässt Gott das Böse zu? Wir wissen es nicht. Gottes Wege sind nicht unsere Wege, sagte der zweite Jesaja bereits vor 2500 Jahren. Wir können ihm nicht in die Karten schauen. Wir müssen uns den unendlichen Abstand zwischen ihm und uns immer wieder klar machen. Aber wir können uns für ihn öffnen. Wir können ihn preisen, weil er ein Gott der Liebe und des Friedens ist, der uns in seinem Sohn Jesus Christus seine Gnade schenkt, die uns im Heiligen Geist zu einer Gemeinschaft verbindet inmitten aller Unterschiede und Spannungen.

Meine leider vor gut einem Jahr verstorbene Frau Dorothea, die oft und gern auf dieser Kanzel gestanden ist, hielt einmal eine Predigt zum Trinitatisfest. Zum Schluss wies sie auf den uns persönlich bekannten Karikaturisten Tiki Küstenmacher hin, dessen Kalender sie sehr liebte. Er hat eine Zeichnung zum heutigen Sonntag gemacht, die die Unterschrift trägt: „Happy Trinitatis“ – „Fröhliches Dreieinigkeitsfest“. So lasst uns heute fröhlich die Dreieinigkeit Gottes feiern, der einer ist, aber auf dreierlei Weise in der Welt wirkt. Lasst uns feiern die unbegreifliche Liebe und geheimnisvolle Größe unseres Gottes, der uns als Vater, Sohn und Heiliger Geist begegnet und unser Leben und das der ganzen Welt erfüllt. „Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit. Amen.“

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