Predigt vom Sonntag Trinitatis, 30. Mai 2021

Predigt zu Johannes 3, 1-8 (9-13); Sonntag Trinitatis, 30. Mai 2021, 9.30 Uhr; St. Laurentius, Neuendettelsau; Lektorin Christiane Schuh

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Lasst uns in der Stille um seinen Segen bitten.

Liebe Gemeinde an den Übertragungsanlagen,

was muss eigentlich passieren, damit ich ein Christ werde? Wie kommt der Mensch zum Glauben? Wie geht das zu? - Als Kind habe ich gedacht, Christ sei man ganz automatisch. Aber mittlerweile weiß ich natürlich, das ist nicht so!

Aber wenn man nicht automatisch Christ ist, wie kommt es zum Glauben? Um diese große und wichtige Frage geht es im heutigen Predigtwort. Wir hören aus dem Johannesevangelium im 3. Kapitel:

1 Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus, einer von den Oberen der Juden.2 Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm: Meister, wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm. 3 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. 4 Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden? 5 Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. 6 Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren ist, das ist Geist. 7 Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von neuem geboren werden. 8 Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.

Diese Szene spielt spät in der Nacht. Nachts ist es dunkel, nachts wird man nicht gesehen, da kann man sich anschleichen. Man könnte aus unserer heutigen Sicht denken, der Mann mit Namen Nikodemus sei heimlich unterwegs. Aber dazu muss man wissen: Man hat sich zu dieser Zeit nachts getroffen, um über den Glauben zu sprechen. Die Nacht galt als „gesegnete Zeit“. Nikodemus machte sich auf den Weg zu Jesus. Die Wunder von Jesus hatten ihn nachdenklich gemacht, und er suchte nun den Segen. Jetzt will er aus erster Hand etwas von Jesus erfahren. Er möchte mehr herausfinden über ihn – über Jesus Bescheid wissen, wie man auch über das Kochen oder über die Politik oder über andere Themen Bescheid wissen kann.

Oft gehen Menschen so an etwas für sie Neues heran – auch wenn sie Gott suchen: Sie wollen zuerst einmal mehr wissen, dann wären sie bereit zu glauben. Also: Erst klarsehen und hinter das Geheimnis von Jesus kommen. Dann wäre es vielleicht leichter zu glauben. Manchmal kenne ich das auch von mir selber. Bevor ich zum Beispiel in den Urlaub fahre, möchte ich erst genau wissen, was mich dort erwartet.

Nur zum Glauben zu finden, das geht anders! Hier geht es nicht einfach nur darum, „Bescheid zu wissen“. Natürlich ist es wichtig, etwas über Jesus zu lernen, ihn besser kennenzulernen. Denn dadurch wird man neugierig. Und man möchte immer mehr über ihn hören, und man beginnt sogar, ihn zu bewundern. So weit war auch Nikodemus.

Um zum Glauben zu finden, geht der Weg aber noch viel weiter. Es muss etwas geschehen, das unsere irdischen Möglichkeiten übersteigt. Gottes überirdische Welt muss in unser Leben hineinkommen. Wie geht das? Was macht Gott, damit wir glauben können, wenn wir glauben wollen? - Die Antwort, die Nikodemus von Jesus bekommt, ist nicht leicht zu verstehen. Wir hören, man kann nicht allein über besseres Bescheidwissen zu Gott kommen. Auch nicht, indem wir uns moralisch verbessern würden. Uns so zu verbessern in unserm Charakter und Verhalten, dass es tauglich wäre für das Reich Gottes, das schaffen wir alleine nicht.

Wir können und wir sollen gute Taten tun, aber immer bleiben wir dabei der Mensch, der wir sind – mit unseren Fehlern und Schwächen. Aber was machen wir dann? Wir begreifen, kein Mensch hat aus sich heraus das „Zeug“ zum Reich Gottes, hat von sich aus das „Zeug zum Christsein“ – weder mit seinem Verstand noch mit seinem Verhalten.

Was kann das für uns bedeuten? Sollen wir uns gar nicht erst auf die Suche machen, wenn wir es sowieso nicht schaffen können? Wenn wir es nicht hinbekommen können? - Jesus spricht davon, dass sich grundsätzlich etwas ändern muss! Dass an uns erst eine drastische Veränderung geschehen muss! Etwas Überirdisches, das erneuert, das neues Leben gibt, um uns mit dem heiligen Gott zu verbinden. Es geht darum, „neu geboren zu werden“.

Es sei denn, sagt Jesus, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. Mit anderen Worten: Um wirklich glauben zu können, braucht es eine neue Geburt. Es muss einen Neuanfang geben, damit wir Glaubende, Glaubender werden können. Und zwar eine Neugeburt durch den Heiligen Geist, durch das Wirken des dreieinigen Gottes an uns.

Vielleicht überlegen Sie gerade, wie sich das anfühlt: Neugeburt, Wiedergeburt. Vielleicht auch taucht eine Erinnerung auf, an einen Menschen, der sich als wiedergeborener Christ bezeichnet hat, und das erschreckt Sie eher. Und Sie denken dann: „Das brauche ich wirklich nicht.“ Es kann aber auch sein, dass Sie im Gegensatz dazu denken: „Großartig! Toll! Ich muss es gar nicht selber hinkriegen, das mit dem Glauben. Ich weiß nun, dass ich darauf vertrauen darf, dass Gott an mir wirkt. Ich darf mich öffnen, und Gott macht mich neu, ER füllt mich mit Glauben. Ich muss das nicht alleine schaffen. Martin Luther erkannte das auch. Er schreibt es als sein Glaubensbekenntnis: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann.“ Ich bekomme das Entscheidende geschenkt, es widerfährt mir. Gott ist der, der an mir handelt.

Aber wie können wir uns diese neue Geburt vorstellen? Das war auch die Frage des Nikodemus: „Jesus, wie meinst du denn das? Muss dann der Mensch wieder in den Bauch der Mutter zurück, damit er noch einmal geboren wird?“

Das Wort, das in der Lutherbibel mit „von neuem“ wiedergegeben wird, kann auch mit „von oben“ übersetzt werden: Es sei denn, dass jemand von oben geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. Das weist auf den dreieinigen Gott. Diese neue Geburt ist Gottes Werk „von oben“, Werk des Geistes Gottes in uns. Und der Geist weht, wo er will. Er lässt sich nicht festlegen, nicht von uns einfangen. Wie der Wind wird er nie unser Besitz, über den wir verfügen könnten. Er ist und bleibt ein Geschenk.

So geschieht, dass wir glauben können. Er bringt uns in das Reich Gottes.

Wir alle wissen – keine Geburt geschieht einfach von heute auf morgen. So ist es auch hier nicht. Vor einer Geburt steht ein langer Weg des Wachsens, so wie bei einer Schwangerschaft: Zuerst wird das Ei befruchtet, dann nistet es sich ein und wächst. Erst sieht man es noch gar nicht von außen, aber mit der Zeit ist zu erkennen, neues Leben ist unterwegs.

Und so ähnlich geschieht es manchmal auch mit dem Glauben. Irgendwann trifft uns das Wort, die Botschaft von Gott, ein Wort der Bibel, das tröstet, das uns Gutes zusagt, das uns herausfordert. Dann vielleicht nehme ich dieses Wort an, gebe ihm einen Platz in mir, vielleicht tief im Herzen verborgen. Dort wächst es, wird stärker und lebensfähig, bis mir der Geist Gottes sagt: „Du gehörst jetzt zu mir! Ja, es ist wahr, ich liebe dich - so, wie du bist!“

Paulus schreibt im Römerbrief: Gottes Geist gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind.[1] Und in dem Moment weiß ein Mensch: „Ja, es ist wahr, Jesus, du liebst mich wirklich und du bist mein Herr, und ich darf zu dir gehören.“ Glaube, Vertrauen stellt sich ein. Gott schafft durch seinen Geist eine Transformation, eine drastische Veränderung, eine Neugeburt von oben.

Und das ist unendlich viel mehr, als Jesus und sein Leben, wie zu Beginn, nur neugierig zu bewundern. Das ist wirklich ein ganz anderes Leben. Natürlich gehört aber auch weiterhin das bisherige Leben dazu. Gute und schlechte Erfahrungen haben uns geprägt. Und die nehmen wir selbstverständlich mit. Und trotzdem darf ich spüren, ich bin neu geboren. Meine Lebensmitte, meine Lebensgrundlage hat sich verändert. Nun kann ich erkennen: Jesus ist der Offenbarer Gottes für die Menschen. Ich kann verstehen und glauben, weil ich jetzt nicht mehr nur „Fleisch“ bin, wie Johannes sagt, ein in sich begrenzter Mensch. Ich bin jetzt auch „Geist“, weil Gottes Geist in mir wohnt. Ich lebe nun aus Gott und mit Gott.

Vielleicht fragen Sie sich an dieser Stelle: „Bin ich überhaupt so ein neu geborener, von oben geborener Mensch? Habe ich den Geist Gottes?“ - An der Stelle können wir dankbar sein, dass Johannes die Taufe erwähnt. In Vers 5 heißt es: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Mit dem Wasser ist hier die Taufe gemeint. Wir dürfen uns daran festhalten: In der Taufe hat Gott es uns sichtbar gezeigt und uns fest zugesagt.

Bildhaft können wir uns das so vorstellen: Gott selbst hat uns bei der Taufe zugesagt: „Du gehörst zu mir! Du bist neu geboren aus Wasser und Geist. Ich habe dich dazu gerufen! Mit dir verbinde ich mich. Ich habe mich für dich entschieden. Darauf kannst du dich immer verlassen!“

Gott macht uns nicht nur vage Hoffnungen. Er sagt nicht: Vielleicht wird das mal was mit dir und mir. Nein, seine Zusage ist ein festes Versprechen!

Die Zusage Gottes zu unserer neuen Geburt steht. Im Vertrauen auf diese Zusage, im Glauben an unsere Taufe, da ist der Heilige Geist an uns am Werk. Von oben her legt er sie uns ins Herz.

Paulus sagt es im 1. Korintherbrief so: „(…) niemand kann sagen: Jesus ist der Herr, außer durch den Heiligen Geist.“ [2] So wissen wir: Ja, ich bin ein neugeborener Mensch, ein Christ - mit Zugang zum Reich Gottes.

Amen

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

(nach der Lesepredigt von Pfarrer Armin Kübler, Riedenburger Str. 25, 93309 Kelheim, armin.kuebler@gmx.de)



[1] Röm 8,16

[2] 1.Kor 12,3

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