Welche Auswirkungen haben die neuen Bereitschaftspraxen auf die Schwabacher Notaufnahme?

Notfallmediziner Andreas Wilhelm zieht Bilanz und erklärt, warum die Patientenzahlen in der Notaufnahme nicht sinken

Die Notaufnahmen in den Krankenhäusern sind voller denn je. Um sie zu entlasten, hat die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns zentrale Bereitschaftspraxen eröffnet. Für den Schwabacher Raum befinden sich die nächsten Notdienstpraxen seit Mitte 2018 in Nürnberg und in Roth. Das Konzept: Patienten, die am Wochenende, an Feiertagen oder abends erkrankt sind, können sich dorthin wenden anstatt eine Notaufnahme aufzusuchen. Andreas Wilhelm, Ärztlicher Leiter der Zentralen Aufnahme der Klinik Schwabach, zieht eine erste Bilanz darüber, welche Auswirkungen die Bereitschaftspraxen auf die Klinik haben.

Die Notaufnahme ist rund um die Uhr besetzt. Im Jahr 2018 verzeichnete die Klinik Schwabach rund 10.000 ambulante Patienten. Hinzukommen noch rund 7.000 Patienten, die stationär aufgenommen wurden. „An manchen Tagen kommen wir so im Schnitt auf bis zu 80 Patienten“, sagt Andreas Wilhelm, Leiter der Zentralen Aufnahme, der seit 25 Jahren für das Diakoneo-Klinikum in Schwabach tätig ist. Diese Patienten werden von einem Team, das pro Schicht aus zwei Pflegekräften und zwei Assistenzärzten besteht, versorgt. Vor eineinhalb Jahren hat sich die Struktur der Notfallversorgung in Bayern verändert, um die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu entlasten. Damals führte die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns flächendeckend Bereitschaftspraxen ein, die abends, an Wochenenden und Feiertagen außerhalb der hausärztlichen Versorgung erreichbar sind. Die nächsten Bereitschaftspraxen für den Raum Schwabach befinden sich in Roth und in Nürnberg. Über den Telefondienst unter der bundesweiten Telefonnummer 116-117 können Informationen zu Öffnungszeiten eingeholt oder Hausbesuchstermine vereinbart werden. So soll ein unnötiger Gang in die Notaufnahme verhindert werden.

Andreas Wilhelm leitet die Zentrale Aufnahme der Klinik Schwabach. © Amanda Marien

„Leider ist diese Möglichkeit bislang nicht ausreichend bekannt und wir haben noch keine spürbare Entlastung bemerkt“, zieht der Notfallmediziner Andreas Wilhelm seine erste Bilanz. Im Gegenteil: „Von 2018 auf 2019 sind die Patientenzahlen sogar um fünf Prozent gestiegen“, sagt er. „Viele haben die Hoffnung, dass sie in der Notaufnahme schneller und gründlicher behandelt werden oder wollen längere Anfahrtswege in Arztpraxen vermeiden. Da Krankenhäuser Patienten ohne ärztliche Untersuchung nicht einfach abweisen können, wird zunächst jeder behandelt – auch Patienten, die eigentlich gar keine Notfälle sind. Das hat zur Folge, dass Patienten, die keine lebensbedrohlichen Beschwerden haben, teilweise auch weiterhin mit längeren Wartezeiten rechnen müssen“, erklärt Wilhelm die Herausforderung, vor der Krankenhäuser verstehen. Er verrät, dass Patienten, die mit grippalen Infekten oder schon seit längerem bestehenden Beschwerden in die Notaufnahme kämen, ein häufiger Grund für die Wartezeiten in der Klinik Schwabach seien. „Da Patienten auf Termine bei Fachärzten oft lange warten müssen, hoffen sie bei uns auf eine schnellere Behandlung, insbesondere wenn die Beschwerden nach einigen Tagen nicht besser werden. Ich kann das verstehen, aber auch wenn die Beschwerden für Patienten belastend sind, gehören sie nicht in eine Notaufnahme“, sagt der Notfallmediziner.

Durch das Triage-System, das das Team der Notaufnahme verwendet, ergibt sich die Reihenfolge der Patientenbehandlung. „Wir legen großen Wert darauf, die medizinische Versorgung nicht nach der Reihenfolge der Ankunft, sondern nach der Dringlichkeit durchzuführen“, so Andreas Wilhelm. Patienten, die selbst in die Notaufnahme kommen, werden durch Pflegefachkräfte befragt und beurteilt. Anhand der überprüften Vitalwerte (Blutdruck, Kreislauf und Atmung) und der standardisierten Ersteinschätzung ergibt sich die medizinisch notwendige Dringlichkeit und damit die Reihenfolge der Patientenbehandlung. „Das bedeutet, dass Menschen, deren Gesundheit akut bedroht ist, sofort behandelt werden“, sagt Wilhelm. Die Wartezeit der Patienten, die keine lebensbedrohlichen Beschwerden haben, verlängert sich so mit jedem dringendem Notfall, der zwischenzeitlich direkt vom Rettungsdienst übernommen wird und vorgezogen werden muss. Aus seiner Erfahrung im Beschwerdemanagement weiß Wilhelm, dass die überwiegende Anzahl der Beschwerden von Patienten kommen, die als primär nicht dringlich eingestuft worden sind.

„Ich hoffe, dass zukünftig mehr Werbung für die Bereitschaftsdienstpraxen gemacht und die notwendige Geduld mitgebracht wird, damit die Menschen zuerst behandelt werden, die es am dringendsten notwendig haben“, sagt Andreas Wilhelm.

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