Delegation sucht Ideen für bessere Inklusion von Menschen mit Behinderung.
Neuenmarkt – Zwölf Fachleute aus Rumänien haben sich eine Woche lang über die Arbeit mit Menschen mit Behinderung in Oberfranken informiert. Die Experten aus dem Kreis Salaj pflegen eine viele Jahre dauernde Partnerschaft mit der Diakoneo Fachakademie in Hof. In der Außenwohngruppe von Diakoneo in Neuenmarkt haben sie Inspirationen für ihre Aufgaben in Rumänien gesammelt. Dort muss bis 2030 Inklusion massiv vorangetrieben werden.
„In Rumänien ist nun gesetzlich verankert, dass bis 2030 über 30 Prozent der Menschen mit Behinderung, die heute in großen Komplexeinheiten leben, extern untergebracht sein müssen“, erklärt Achim Schäfer, Regionalleiter Oberfranken mit Schwerpunkt Berufliche Schulen bei Diakoneo. In Deutschland wird bereits seit vielen Jahren an der Konversion solcher Einheiten gearbeitet. Das Schloss in Himmelkron ist dafür ein Beispiel – und die neue Außenstelle von Diakoneo in Neuenmarkt ein besonders beeindruckendes. 24 Menschen mit Behinderung leben hier und arbeiten in der naheliegenden Werkstatt. So sollen sie besser in den Gemeinden integriert werden und ein möglichst selbstständiges Leben führen können.
In Deutschland jedenfalls sind die Möglichkeiten zwischen stationärer Betreuung in einem großen Heim, kleinen Einheiten oder gar Betreuung in einer eigenen Wohnung breit gefächert. „Das hat mich am meisten beeindruckt“, sagt Violeta Milas, Direktorin der Sozialbehörde Zalau in Kreis Salaj. Derzeit gibt es in Rumänien für Menschen mit Behinderung solche Möglichkeiten nicht. Selbst Werkstätten, in denen sie betreut arbeiten können, sind dort unbekannt, die Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt deshalb und angesichts der wirtschaftlichen Situation überhaupt schwierig. Und dass Mitarbeiter der „Offenen Hilfen“ drei Stunden pro Woche Menschen in deren eigener Wohnung unterstützen hätte Frau Milas auch gern.
Und so haben die zwölf Experten auf ihrer fünftägigen Reise durch Oberfranken vor allem Ideen mitgenommen: In der Fachakademie in Hof vor allem theoretische Grundlagen, wie Inklusion vorbereitet und erfolgreich sein kann, vor Ort Eindrücke, wie die Betreuung in kleineren Einheiten baulich und inhaltlich organisiert werden kann. Ähnlich soll sich ja auch die Betreuung in Rumänien entwickeln. Und ähnlich sind auch die Diskussionen. „Wir haben zwar ein Gesetz, aber weder detaillierte Vorschriften noch eine gesicherte Finanzierung“, erklärt Direktorin Milas. Und nur willkommen ist die Idee, Menschen mit Behinderung möglichst umfassend in die Gesellschaft zu integrieren auch noch nicht. „Da wird sich mancher Bürgermeister noch daran gewöhnen müssen“, sagt Mona Oros, Leiterin zweier Heime in Badacin und Nusfalau.
Doch auch in Deutschland kann man etwas lernen. „Dass jedes Heim einen Psychologen ganztätig beschäftigt, das könnten wir uns ruhig abschauen“, sagt Dr. Lothar Franz, der sich in Rumänien engagiert und die Gruppe begleitet hat. „Das können wir uns in Deutschland nicht leisten.“ Das gilt übrigens auch für die hausärztliche Versorgung. Während in Rumänien Ärzte ganze Heime betreuen, ist es Sache der Bewohner, einen Hausarzt auszusuchen. Doch auch für sie wird es immer schwerer, einen Arzt zu finden.
Und genau dafür ist das Hilfsprojekt für Erwachsene Menschen mit Behinderung in Badacin/Rumänien seit 30 Jahren da: Voneinander lernen, Lösungen finden und sich gegenseitig unterstützen. Der Besuch der rumänischen Delegation ist eine Antwort auf die Abordnung aus Oberfranken, die im Frühjahr in Rumänien zur Feier des Jubiläums zu Gast war.