Schauspielerische Begegnung auf Augenhöhe
Seit 23 Jahren gibt es die Bruckberger Theatergruppe Rampenlicht. In dieser Zeit hat die Truppe mit weit über 100 Auftritten in verschiedenen Produktionen ihr Publikum verzaubert.
Aktuell stehen die Rampenlichter mit "Robin Hood" auf der Bühne.
Doch wie kam es zur Gründung von Rampenlicht, wie entsteht ein Stück bei ihnen, wer ist für Kulissen und Kostüme zuständig und wie läuft eine Probe bei Rampenlicht ab?
Ulrike Englmann hat sich darüber mit einigen Rampenlichtern unterhalten:
- René Heidel spielt seit 2004 bei Rampenlicht; 2019 ist er Robin Hood.
- Enrico Kellner hat 2019 gleich zwei Rollen.
- Martin Piereth hat Rampenlicht 1996 mit gegründet.
- Stella Schmidt ist seit 2011 dabei und geht in diesem Jahr auf in ihrer Rolle als Lady Marianne.
- Diana Walbert ist neu im Team und in diesem Jahr zufrieden damit, nur zwei Sätze zu sprechen.
Wie ist Rampenlicht entstanden?
Martin Piereth: Entstanden ist die Theatergruppe als Freizeitangebot für Menschen mit geistigen Behinderungen. Unsere Bewohnerinnen und Bewohner und die Mitarbeitenden der Einrichtungen sollten sich auf Augenhöhe begegnen und miteinander Freude haben können an gemeinsamer, spielerischer Aktion. Inzwischen sind es 18 Akteure, die sich bei uns engagieren – alle in ihrer Freizeit.
Als ich mit zwei Kolleginnen 1996 die Theatergruppe Rampenlicht in Bruckberg gegründet habe, hätte ich mir nie gedacht, dass das Projekt so lange laufen würde
Das Projekt fing ganz klein an – zunächst mit einem Krippenspiel. Dann kamen die „Bremer Stadtmusikanten“ dazu und schließlich spielten wir in vielen Gemeinden und Seniorenheimen in der näheren Umgebung.
Im Jahr 2007 erhielten wir dann ein Angebot des Theaters in Ansbach und spielten zum ersten Mal auf einer großen Bühne mit mehreren hundert Zuschauern. 2008 folgten dann Auftritte in den Feuchtwanger Kreuzgangspielen, 2010 im Nürnberger Theater Pfütze und 2014 spielten wir auch in der Komödie in Fürth.
Woher kam der Name „Rampenlicht“?
Martin Piereth: Im allerersten Jahr hatte die Gruppe noch gar keinen Namen. Da war vieles noch unsicher und man wusste nicht, ob sich das Projekt längerfristig durchsetzen würde. Aber dann kamen Vorschläge für einen Namen aus der Gruppe selbst. Einfach sollte er sein und nachvollziehbar für die Akteure, aber natürlich auch für das Publikum. Über die verschiedenen Vorschläge wurde abgestimmt und heraus kam die „Theatergruppe Rampenlicht“! Das passt.
Die Theatergruppe hat schon viele Stücke gespielt, darunter den „Michel aus Lönneberga“, „Meister Eder und sein Pumuckl“ oder „Pippi Langstrumpf“. Aber auch der „Zauberer von Oz“ und „Momo“ wurden schon realisiert. Wie entsteht so ein Stück?
Martin Piereth: Zunächst einmal müssen alle Akteure die Geschichte erfassen. Wir besprechen, was überhaupt auf der Bühne geschehen soll. Wir brauchen zuerst ein Gesamtverständnis für das Stück, bevor wir an die einzelnen Rollen gehen. Das ist die Basis für alles weitere. Dann schreibe ich ein erstes Regiebuch und überlege mir eine Rollenverteilung.
Aber man muss sich das bei uns ein bisschen anders vorstellen als in einem professionellen Theater. Wir haben keine fertigen Rollen. Wir passen die Rollen ein Stück weit an unsere Akteure an. Die Frage ist immer, wer in welche Rolle passt, aber dazu kommt noch, ob sich derjenige auch selbst gut spielen kann, den eigenen Charakter darstellen und authentisch sein kann. Dann wird es ein rundes Stück. Ich schreibe das Regiebuch letztlich mehrfach um und erweitere und entwickle es, bis Akteure, Rollen und Handlungen zusammenpassen.
Im Moment proben Sie für den „Robin Hood“. Wie läuft so eine Probe ab?
Martin Piereth: Die Probenzeit läuft jeweils von September bis April und die Spielzeit von Mai bis August. Wir treffen uns jeweils dienstags um 17:30 Uhr nach der Arbeit im Probensaal. Da haben wir alle schon einen langen Arbeitstag hinter uns. Aber wenn wir bei den Proben sind, sind alle doch gern bei der Sache.
Wir steigen nicht sofort in die Proben ein, sondern jeder kann erst einmal erzählen, wo er gerade steht. Wenn jemand Geburtstag hatte, singen wir ein Geburtstagsständchen und manchmal gibt es auch Krisen oder Stresssituationen, über die man erst einmal sprechen muss, bis wir alle den Kopf frei haben für die Probe.
Ich selbst kann dann überlegen, ob ich meinen Plan so umsetzen kann, wie ich ihn mir vorgenommen hatte und ob die Gruppe aufnahmebereit ist. Dann bauen wir alles auf, was wir brauchen und stellen die Situation nach, wie sie auf der realen Bühne sein wird und beginnen mit den Proben. Manchmal ist jemand nicht da, dann müssen wir improvisieren, aber das macht nichts. Vieles entsteht erst bei den Proben. An der Reaktion derer, die gerade nicht spielen, sehe ich immer gut, ob es die Leute anspricht. Wenn sie voll und ganz dabei sind und mitgehen, entwickle ich an dieser Stelle weiter.
Seit 2008 besteht außerdem eine erfreuliche Kooperation mit den Kreuzgangspielen Feuchtwangen: Bei jeder Aufführung spielt einer der professionellen Schauspieler von dort bei uns mit. Das ist für alle Beteiligten eine große Bereicherung. Für die Schauspieler aus Feuchtwangen ist es eine Herausforderung, wenn sie bei uns nicht eine festgezurrte Rolle vorfinden, sondern mitten im Stück improvisieren müssen. Manchmal ändert sich das Stück eben, je nachdem, was auf der Bühne gerade geschieht und darauf muss man reagieren können.
Und was sagen die Theaterspielerinnen und Theaterspieler selbst dazu?
René Heidel ist 33 Jahre alt und berichtet von seiner Rolle als Robin Hood: „Bei der allerersten Premiere war ich sehr aufgeregt, aber beim nächsten Mal war ich es schon nicht mehr. Ich bin seit 2004 dabei und habe schon viele Rollen gespielt. Die schönste war der König bei den Musketieren, aber auch bei Momo als Gigi Fremdenführer war es schön. Das ist ein tolles Engagement, für das ich gerne meine Zeit hergebe“, freut er sich.
Die 26-jährige Stella Schmidt geht in ihrer Rolle als Lady Marianne auf: „Das ist eine Traumrolle, weil ich eine schöne Frau spiele! Und ich habe zwei Seiten, auf der einen Seite bin ich laut und aufmüpfig und richtig frech und auf der anderen ganz freundlich und lieb zu Robin Hood. So bin ich auch wirklich“, erklärt sie.
„Bei der Vorstellung in Ansbach war ich aufgeregt, aber es war spannend und das Publikum fand uns toll. 2011 war ich zum ersten Mal dabei. Da war ich eine Zofe und hielt ein Tablett und habe mich gar nicht getraut, nach oben zu schauen. Aber jetzt ist es nicht mehr so.“
Auch Diana Walbert (35 Jahre) ist begeistert. Sie ist neu ins Team gekommen und spielt eine der Ladies, die von Robin Hood ausgeraubt werden. „Ich muss zwei Sätze sagen, das ist erst mal genug! Aber ich habe bei den Proben zugeschaut und dann wollte ich auch mitspielen. In Ansbach war ich zum ersten Mal auf der Bühne vor den Menschen, aber ich war nur ganz wenig aufgeregt. Gerne würde ich einmal eine Polizistin spielen.“
Enrico Kellner (36 Jahre) ist nun im dritten Jahr dabei. 2019 übernimmt er gleich zwei Rollen: Er spielt den Grafen, der von Robin Hood und dessen Räubern überfallen wird und später den Diener der Königin. Das Besondere an seiner Diener-Rolle: Er muss mit dem Rücken zum Publikum stehen und so tun, als ob er an einen Baum pinkeln würde. Aus dem Off ertönt dabei ein Wasserplätschern. „Das macht mir nichts aus, das zu spielen“, erklärt er. „Ich bin auch nicht aufgeregt.“ Und das vor einem Publikum mit 500 Personen!
Woher haben Sie die Kulisse und die Kostüme?
Martin Piereth: Ab Januar oder Februar des jeweiligen Jahres beginnen wir mit der Herstellung der Kulisse und der Kostüme. Adrian Cosman baut im Rahmen der Beschäftigungstherapie mit den Bewohnerinnen und Bewohnern die Kulissen und dann werden auch die Kostüme besorgt und die Requisiten zusammengetragen und dann kann es richtig losgehen und es folgt eine Zeit mit intensiven Proben.
Der Text muss richtig gelernt werden, die Akteure müssen lernen, sich richtig zu stellen - nicht etwa mit dem Popo zum Publikum. Das ist dann schon eine Herausforderung, aber es klappt immer!
Die Theatergruppe hat im Lauf der Jahre mehrere Auszeichnungen erhalten, hatten Sie mit so etwas gerechnet?
Martin Piereth: Nein überhaupt nicht, da waren wir wirklich überrascht! Das ging los mit dem Behindertenpreis der Stadt Nürnberg im Jahr 2002, dann erhielten wir 2009 den Georg-Ehnes-Gedächtnispreis und schließlich „In Anerkennung förderungswürdiger kultureller Leistungen“ den Förderpreis des Bezirks Mittelfranken im Oktober 2011.
Wo kann man Rampenlicht sehen?
Kontakt zur Theatergruppe Rampenlicht:
Martin Piereth, Telefon 09824/ 58108, E-Mail: martin.piereth@diakoneo.de
Website Rampenlicht