Individuelle Seelsorge und lebendiges geistliches Leben
Seit nunmehr vier Wochen herrschen in Deutschland strenge Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Unser aller öffentliches Lebens wurde dadurch stark beschränkt. So auch das Grundrecht der Religionsfreiheit – in den Kirchen dürfen keine gemeinschaftlichen Gottesdienste mehr gefeiert werden. Die aktuelle Situation zeigt, welch ein hohes und unbezahlbares Gut unsere Gesundheit und Freiheit sind.
Nun sind auch die Osterfeiertage von der Corona-Pandemie betroffen. Ein Familienfest, das man gemeinsam begeht und bei dem man viel Zeit miteinander verbringt. Insbesondere Christinnen und Christen fällt es dabei besonders schwer, keine Gemeinschaft im Gottesdienst und dem Heiligen Abendmahl zu feiern.
Aber wie kann man seinen Glauben dieser Tage ausleben? Und gibt es nicht auch Zweifler, die die Corona-Pandemie gar als Strafe Gottes sehen?
Diese und einige weitere Fragen hat Manuela Renner Pfarrer Dr. Peter Munzert gestellt, die er aus theologischer und auch ganz persönlicher Sicht beantwortet:
Welche Hilfen bietet der Glaube, um die derzeitigen Herausforderungen durchzuhalten?
Pfarrer Peter Munzert: Ich erleben im Augenblick Menschen, die mit dieser schwierigen Situation halbwegs klar kommen, die Familie haben und eine ausfüllende Arbeit. Sie sind nicht allein und haben eine Beschäftigung. Das hilft, um mit dieser neuen Situation klar zu kommen, auch wenn es nicht leicht ist. Viele andere Menschen sehen sich im Moment in ihrer Existenz bedroht. Eine Gaststätte ohne Gäste ist bitter. Miete muss trotzdem gezahlt und Geld für den Lebensunterhalt erwirtschaftet werden. Oft hängen Mitarbeitende mit dran und vielleicht auch eine Familie, die versorgt werden muss. Und dann gibt es eine große Gruppe von Menschen, die vorher schon einsam waren und es jetzt vielleicht noch mehr sind. Viele Ältere, die allein leben. Sei es zuhause oder in einer Pflegeinrichtung. Sie trauen sich kaum aus dem Haus und vereinsamen noch mehr. Ich denke, der Glaube kann gegen Einsamkeit helfen. Das Gefühl, dass es da noch jemanden gibt, eine himmlische Kraft, die uns trägt und aufhilft. Einen Gott, zu dem man sprechen kann, dem man sagen kann, was einen bedrückt, oder auch klagen und anschimpfen kann, wenn man verzweifelt ist. Vielleicht hilft das ein wenig gegen die Einsamkeit.
Viele Menschen lesen in stillen Stunden im Gesangbuch oder in einem Gebetbuch. Das gibt das Gefühl, Teil eines größeren, göttlichen Ganzen zu sein. Schließlich sind Christinnen und Christen, wie auch die Mitglieder anderer Religionen, Teil einer großen Bewegung von vielen Menschen. Das mag trösten, wir alle gehören dazu und keiner ist davon ausgeschlossen.
In Niederbayern habe ich viele “Herrgottswinkel“ in den Häusern gesehen. Eine Ecke, in der ein Kreuz hing, vielleicht auch eine Marienstatue, ein Buxzweig und anderes mehr. Das ist für viele von uns in Franken vielleicht fremd. Aber es hilft, wenn man etwas zum Anschauen oder Anfassen hat. Ein Bild, eine Statue, ein Handschmeichlerkreuz oder eine Muschel von einer Pilgerfahrt. All das sind Symbole, die auf Gott hinweisen, auf die Kraft Gottes in dieser Welt. Wir können uns daran festhalten und Halt gewinnen.
Was kann man gerade als Christ tun, um derzeit die Gemeinschaft zu unterstützen?
Pfarrer Peter Munzert: Es ist momentan beinahe absurd das zu sagen. Aber um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, ist es besser wenn wir keine körperliche Gemeinschaft pflegen, also uns nicht sehen und nicht in die Arme nehmen. Darum bitten uns die Ärztinnen und Ärzte eindringlich. Wir sollten auf sie hören.
Aber es gibt viele andere Möglichkeiten füreinander da zu sein: wir können telefonieren, Postkarten und Briefe schreiben, mit social media in Kontakt bleiben oder auch einfach aneinander denken. Manche musizieren laut von ihrem Balkon, andere verbinden sich im Gebet, immer zur gleichen Zeit, zum Beispiel abends um 18.00 Uhr oder zünden eine Kerze an und stellen diese ins Fenster. Wieder andere üben praktische Hilfsbereitschaft und kaufen füreinander ein oder führen den Hund der Nachbarin Gassi. Wieder andere tun schlicht ihre Arbeit: die Verkäuferin im Supermarkt, der Postbote, die Altenpflegerin, der Arzt, die Polizistin und der Lokführer. Ohne sie wären wir „aufgeschmissen.“ Wir verdanken ihnen, ihrem Pflichtgefühl und ihrer Gewissenhaftigkeit sehr viel.
Nichtstun als Chance oder als Last. Gibt es spirituelle Impulse dafür?
Pfarrer Peter Munzert: Nichtstun ist schwer. Die meisten von uns sind es nicht gewohnt. Wir leben in einer hochtourigen Gesellschaft. Viele sehnen sich nach einer Entschleunigung. Normalerweise macht man das im Urlaub oder geht ins Kloster zum Meditieren. Momentan überwiegt aber die Angst vor Ansteckung oder vor dem Verlust der beruflichen Existenz. Viele Firmen stehen vor der Insolvenz. Das Familieneinkommen bricht weg. Hier braucht es wirtschaftliche Unterstützung und sichere Perspektiven für die Zukunft.
In einigen Berichterstattungen zum Coronavirus konnte man auch die Frage lesen, ob diese Pandemie eine Strafe Gottes wäre. Darauf gibt es sicherlich keine einfache Antwort. Aber würde man Sie fragen, welche könnten Sie geben?
Pfarrer Peter Munzert: Ich persönlich habe Krankheiten nie als eine Strafe Gottes verstanden. Ich weiß, dass manche Menschen das so deuten. Das gleiche gilt ja auch für Naturkatastrophen oder Unglücke. Warum sollte Gott das wollen? Ich verstehe unseren Gott als einen liebenden Gott. Das ist für mich der tragende Gedanke. Gott liebt diese Welt und uns als einen Teil dieser Welt.
Für mich ist der christliche Glaube eine tragende und bergende Kraft, die mir hilft auch mit den dunklen Seiten des Lebens fertig zu werden. Ich habe ein großes Urvertrauen, dass mich Gottes Hand durchs Leben führt. Ich weiß aber auch, dass ich nicht automatisch von allem Leid verschont werde, nur weil ich an Gott glaube. Es ist vielmehr so, dass mir mein Glaube hilft, mit Leid fertig zu werden.
Sind Krankheiten naturwissenschaftlich begründet und haben nichts mit dem Glauben zu tun?
Pfarrer Peter Munzert: Krankheiten sind Teil unseres Lebens. In Bergamo in Italien sind in wenigen Tagen viele hundert Menschen gestorben. Vielleicht hätte man mehr zur Eindämmung tun können, aber die einzelnen Menschen sind nicht verantwortlich für diesen Virus. Sie sind Opfer. Sicher haben vielen an ihrem Glauben gezweifelt, manche vielleicht auch Trost im Glauben gefunden. Andere haben sich in ihrer Not vielleicht an anderen Dingen orientiert. In so einer Situation brauchen wir alle etwas, woran wir uns festhalten können.
Sind die Kirchen bzw. die Andachtsräume in den Einrichtungen von Diakoneo weiterhin zugänglich?
Pfarrer Peter Munzert: In fast allen unserer Einrichtungen haben wir Kapellen oder Gebetsräume. Leider sind im Moment nicht alle zugänglich. Es gibt im Moment Zugangsbeschränkungen zu unseren Einrichtungen, um die Bewohnerinnen und Bewohner vor Ansteckung zu schützen. Die großen Kirchen wie St. Laurentius in Neuendettelsau und an anderen Orten sind in der Regel geöffnet.
Wir haben einen Gebetsflyer gestaltet mit einem Psalm, einem Fürbittgebet und einem Segenslied. Manchmal fehlen einem die Worte, da ist ein vorformuliertes Gebet hilfreich.
Kirche sind Orte der Ruhe und der Besinnung. Sie bieten einen geschützten Raum der Stille. Hier kann man mit sich selbst ins Gespräch kommen, beten oder einfach abschalten. Man muss ja nicht immer an Corona denken. Wo es geht, haben wir eine Gebetsecke eingerichtet, in der man eine Kerze anzünden kann und dabei vielleicht an einen Menschen denkt, der einem wichtig ist. Auch dabei muss auf genügend Abstand zwischen Menschen geachtet werden.
In den Diakoneo Einrichtungen gelten derzeit strenge Besuchsregelungen. Dies schließt auch die Besuche der Pfarrerinnen und Pfarrer, Diakoneo Mitarbeitenden und Ehrenamtliche mit ein, die aktiv in der Seelsorge tätig sind. Aber gerade in der aktuellen Situation wünschte sich der ein oder andere einen spirituellen Beistand. Was können Sie diesen Menschen mitgeben?
Pfarrer Peter Munzert: Reguläre Besuche mussten wir einschränken. Öffentliche Gottesdienste und Andachten dürfen momentan nicht gefeiert werden. Das wird aber irgendwann wieder möglich sein. Bis dahin bieten wir in unseren Einrichtungen Radio- und Fernsehgottesdienste an, zum Teil direkt aus der Diakoniekirche St. Laurentius. Wo es möglich ist, kommen Seelsorgende zum Einzelbesuch oder sie telefonieren mit den Bewohnern und ihren Angehörigen. Wenn jemand im Sterben liegt, wird der Besuch von Seelsorgern, die Krankensalbung und das letzte Abendmahl in der Regel ermöglicht. Auch Seelsorger brauchen natürlich die notwendige Schutzkleidung. Außerdem vertraue ich auf die Kraft des Gebets. Wir beten in diesen Tagen viel füreinander. Auch das ist ein Trost.
Seelsorge in Zeiten von Corona
Seelsorgenotruf St. Laurentius
Für besondere seelsorgerliche Anliegen wenden Sie sich bitte telefonisch an das Kirchenbüro St. Laurentius +49 9874 8-2291 oder an die Pforte des Mutterhauses +49 9874 8-2215.
Am Wochenende steht Ihnen der Seelsorgenotruf St. Laurentius zu Verfügung: +49 151 73 00 77 24.
Alternativ auch an Telefonseelsorge +49 800 111 01 11.
In Zeiten des Corona-Virus bietet das evangelische Dekanat Windsbach eine zusätzliche Telefonseelsorge an:
Ansprechpartnerin:
Pfarrerin Dörte Knoch
Telefon: 09872/ 7504
Handy: 0176/ 410 875 79
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