Das digitale Klassenzimmer: Wie gelingt die digitale Transformation an Schulen?

I-DIA begleitet ein Pilotprojekt am Beruflichen Schulzentrum in Neuendettelsau

Schulen und Unterricht müssen digitaler werden. Das bezweifelt spätestens nach einem Jahr Distanzunterricht niemand mehr. Viele Schulen nutzen bereits zahlreiche Tools von der Lernsoftware über die Stundenplan-App bis zu Besprechungs- und Konferenztools.

 

 

 

EInsatz digitaler Tools an Schulen
Wie gelingt der sinnvolle Einsatz digitaler Tools an Schulen?



  • Doch wie gelingt es, die unterschiedlichen Werkzeuge sinnvoll und einheitlich einzusetzen? 
  • Wie wird man den unterschiedlichen Bedürfnissen von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrern gerecht?
  • Wie holt man neue Lehrkräfte von Anfang an ins Boot?
  • Wie gestaltet man die Nutzung der digitalen Werkzeuge für die Schülerinnen und Schüler benutzerfreundlich?

Um diese Fragen zu beantworten, führen die fünf Schulen am Beruflichen Schulzentrum (BSZ) von Diakoneo in Neuendettelsau (Berufsfachschule für Diätassistenten, Berufsfachschule für Ergotherapie, Berufsfachschule für Kinderpflege, Berufsfachschule für Sozialpflege und Fachakademie für Sozialpädagogik) seit Herbst 2020 pilothaft ein Digitalisierungsprojekt durch – agil gestaltet und umgesetzt.
Das Projekt findet im Rahmen des Diakoneo-weiten Projektes „I-Dia-Intelligent, Digital, Agil“ statt.

Über I-DIA und das Projekt am BSZ hat sich Maria Mohr mit drei Experten unterhalten:

  • Benjamin Groß ist stellvertretender Schulleiter am BSZ
  • Michael Zirlik ist Projektleiter von I-DIA, Barbara Hörner betreut als Projektmitarbeiterin unter anderem das BSZ


Wie gelingt der sinnvolle Einsatz der verschiedenen digitalen Werkzeuge?

Nennen wir ihn einfach Herrn X. Herr X ist zuständig für den Stundenplan der Diätassistenten am Beruflichen Schulzentrum (BSZ) in Neuendettelsau. Ihm fällt auf, dass er ein Klassenzimmer am Dienstagmorgen versehentlich gleichzeitig mit der Klasse der Kollegin Y und der der Kollegin Z belegt hat.

Um das zu korrigieren, kann Herr X jetzt seinen beiden Kolleginnen einen Zettel ins Fach legen, sie anrufen oder ihnen eine E-Mail schicken. Oder er schreibt beiden ganz einfach eine Nachricht über den Messenger des Stundenplanprogrammes, das alle Lehrkräfte am BSZ nutzen. Und Frau Z, deren Klasse den Raum wechseln muss, informiert ihre Schülerinnen und Schüler ebenfalls über den Messenger.

Ein Beispiel für den sinnvollen Einsatz eines digitalen Tools, in dem Fall eines Planungsprogrammes für den Stundenplan.


digitales Klassenzimmer
Digitale Werkzeuge für den Einsatz an Schulen gibt es viele. Doch wie gelingt eine sinnvolle Verknüpfung der digitalen Möglichkeiten?

„Wir haben am BSZ sehr viele Tools im Einsatz“, sagt Benjamin Groß, der stellvertretende Schulleiter. „Das bedeutet auch sehr viele verschiedene Zugänge und einen entsprechend hohen Aufwand für die Systembetreuer der Schulen. Diese sind wie bei vielen Schulen darüber hinaus Autodidakten und beschäftigen sich im Hauptberuf mit Biologie, Sozialwesen oder Religion."

Irgendwann war klar: „Wir haben zu viele Kanäle. Wir müssen sortieren und klären, welche Informationen über welchen Kanal laufen, so dass sie zielorientiert ankommen“, sagt Benjamin Groß.
Eine komplizierte Aufgabe, die das BSZ aber nicht allein bewältigen musste. Das Digitalisierungsprojekt wurde von Mitarbeitern des Projekts I-DIA begleitet.


I-DIA – Intelligent, Digital, Agil

Das Projekt „I-DIA- Intelligent, Digital, Agil“ wird im Rahmen des Programms „Rückenwind + - für die Beschäftigten und Unternehmen in der Sozialwirtschaft“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert.

„Es geht um Digitalisierung und für uns ist klar, dass Digitalisierung nicht nur eine technologische Frage ist. Vielmehr verändert sich dadurch auch deutlich die Art und Weise, wie wir künftig miteinander arbeiten“, sagt Michael Zirlik, der Projektleiter von I-DIA. „Und umgekehrt gilt auch: Um erfolgreich zu digitalisieren, brauchen wir auch neue, agile Arbeitsformen.“

Um Digitalisierung gut zu machen, braucht es eine neue Form der Zusammenarbeit.

Seit Oktober 2019 und bis März 2022 soll das Projekt einerseits Mitarbeitende im Umgang mit digitalen Werkzeugen ermutigen, qualifizieren und motivieren und andererseits auch neue digitale Möglichkeiten entdecken, welche die Qualität der Arbeit noch erhöhen, die Abläufe vereinfachen und auch die Freude an der Arbeit stärken.

Das Gesamtprojekt umfasst mehrere Teile:

  • „Strategische Digitalisierungsprojekte“: Entwicklung neuer Formen des Lernens (Corporate Learning) und neuer Formen der Zusammenarbeit
  • „Digitales Entdeckerteam“: Erkunden und Teilen aktueller Trends und Entwicklungen zu Digitalisierung und New Work außerhalb und innerhalb der Organisation
  • „Digitale Fitness-Checks“: Erfassung von Potenzialen zur Digitalisierung in einzelnen Einrichtungen
  • „Pilothafte Digitalisierungsprojekte“ innerhalb einzelner Einrichtungen
  • „Wissenstransfer und Wissenskultur“: Multiplizieren des neuen Wissens und Vernetzung innerhalb der Organisation
  • „Öffentlichkeitsarbeit“: Teilen der Erkenntnisse, Erfahrungen und Vorgehensweisen mit der externen Öffentlichkeit
  • „Evaluation“: Wirksamkeit überprüfen

In „digitalen Entdeckerteams“ haben sich Mitarbeitende von Diakoneo zusammengetan, um sich in den Bereichen „Digitalisierung", „neue Technologien“ und „agiles Arbeiten“ auf die Suche nach Neuem zu machen.

Auch Benjamin Groß ist Teil eines digitalen Entdeckerteams. „Benjamin schaut voraus und will Schule aktiv gestalten“, sagt Barbara Hörner. Mit Rückendeckung der Schulleiterin habe er das I-Dia Angebot eines „Digitalen Fitness-Checks“ genutzt und anschließend für die Durchführung des agil gestalteten Digitalisierungsprojektes in der Schulfamilie geworben.
Barbara Hörner begleitet das Projekt am BSZ als Scrum Master. Das heißt, sie ist der Coach, der dem Team die agilen Haltungen und Arbeitsmethoden nahebringt und darauf achtet, dass alle Beteiligten die Regeln der agilen Zusammenarbeit verstehen lernen.

Mehr Informationen über I-DIA


Wie gestaltet man die Nutzung der digitalen Werkzeuge für die Schülerinnen und Schüler benutzerfreundlich?

Als Benjamin Groß das Angebot erhielt, im Rahmen einer I-DIA-Projektauskopplung einen Digitalen Fitness-Check für das BSZ zu machen, hat er sofort zugegriffen. „Wir wollten herausfinden, wie wir uns künftig digital besser aufstellen können.“

„Wir“ ist ein buntes Team aus allen Akteuren der Schulfamilie: Systembetreuer, Lehrer, Verwaltungsmitarbeiter, Schulleitung und natürlich Schüler und Studierende. Unterstützt von I-DIA-Mitarbeiterin Barbara Hörner hat dieses Team eine Vision für die künftige digitale Entwicklung am BSZ entwickelt.
Diese lautet:

Die digitalen Kommunikationswege zwischen Schüler/-innen, Studierenden, Lehrkräften, Verwaltung und Schulleitung des Beruflichen Schulzentrums Neuendettelsau sind eindeutig und verbindlich definiert, nachhaltig implementiert und werden wertebasiert umgesetzt.

Vom eigentlichen Ziel, eine Art „Super-App“ zu entwickeln, die alle Bedürfnisse der BSZ-Schulen abbildet, hat das Team relativ schnell wieder Abstand genommen. „Wir haben ja sehr gute Werkzeuge“, sagt Benjamin Groß. „Es hat sich frühzeitig herauskristallisiert, dass es darum geht, diese Werkzeuge gut zu sortieren und optimal zu nutzen.“


Digitale Kommunikation an Schulen
Wie wäre es, wenn die Kommunikation optimal laufen würde und es keine Begrenzungen gäbe? Beim Digitalen Fitness-Check wurde die Vision entwickelt – anschaulich und greifbar. © Diakoneo/ I-DIA

Die Entscheidung, sich bei der Umsetzung des Projektes ebenfalls durch I-DIA begleiten zu lassen, wurde wieder gemeinsam von der Schulfamilie getroffen. „Unser erstes agiles Projekt“, meint Benjamin Groß lächelnd.

Der Kundennutzen steht bei agilen Projekten stets im Fokus. Es verwundert daher nicht, dass die Etappen des Projektes darauf ausgerichtet sind: 

  • Zunächst überlegte sich das Projektteam die verschiedenen Anwendungsfälle für Kommunikation: Hier ist eine umfangreiche Datensammlung entstanden, die alle Kommunikationsfälle enthält, die im schulischen Alltag am BSZ auftreten.
  • Alle Schülerinnen und Schüler wurden zu ihrer Digitalnutzung befragt und dazu, welche technische Ausstattung sie zu Hause nutzen können: "Wir wollen auch Sorge tragen dafür, dass jeder Schüler ein digitales Endgerät hat“, sagt Schulleiter Groß.
  • Ebenfalls befragt wurden die Lehrer und Lehrerinnen: Welche Tools kommen für welche Zwecke in welchem Umfang zum Einsatz?
  • Auf der Basis dieser Vorarbeiten legte das Projektteam die Kommunikationswege und Kommunikationswerkzeuge fest.
  • Um alle diese Beschlüsse gut in den Schulalltag zu überführen, gibt es ein Schulungskonzept zur Implementierung bei allen Akteuren der Schulfamilie.

Wie wird man den unterschiedlichen Bedürfnissen von Schülern und Lehrern gerecht?

Ein Beispiel: Ein neuer Schüler kommt an eine der Schulen des BSZ. Einer seiner ersten Termine an der Schule ist eine zentrale Schulung für alle digitalen Werkzeuge, mit denen er im Lauf seines Schullebens zu tun haben wird und die er regelmäßig nutzt.
„Das sollen möglichst wenige Tools sein und der Schüler soll auch ganz genau wissen, für welchen Verwendungszweck er welches Tool einsetzt“, beschreibt Benjamin Groß den Idealzustand.

So könnte ein möglicher Mix an digitalen Werkzeugen aussehen:

  • Microsoft Teams für den Distanzunterricht: Hier finden die Videokonferenzen statt, hier liegen alle Arbeitsmaterialien und hierüber reicht er seine Hausaufgaben ein. Der Schüler bekommt für die Dauer seiner Schulzeit eine Microsoft Office Lizenz und weiß, dass er für seine Präsentationen entsprechend PowerPoint nutzt. Die App UNTIS nutzt er, um seinen Stundenplan zu prüfen und Krankmeldungen abzuschicken
  • Zum Austausch mit seinen Mitschülern und Lehrern nutzt er einen Messenger-Dienst.

Auch für die Lehrerinnen und Lehrer, die Schulleitung und das Verwaltungspersonal wurden alle Kommunikationsfälle definiert. Gefragt war:

  • Auf welchem Weg verschicken wir zum Beispiel Einladungen zu Konferenzen und die Protokolle?
  • Wie funktioniert die Notenübermittlung?
  • Wie läuft die Kommunikation mit der Schulleitung, wie zum Beispiel Krankmeldungen und Personalgespräche?

Wir wollen den Präsenzunterricht nicht abschaffen.

Wichtige Fragen waren auch:

  • Was können wir digital abbilden?
  • Was wollen wir digital abbilden?

Denn: „Wir wollen den Präsenzunterricht nicht abschaffen“, sagt Benjamin Groß. „Wir wollen auch künftig eine optimale Verknüpfung." Und auch in der Zusammenarbeit der Lehrer untereinander „gibt es viele Dinge, bei denen die erste Priorität auf dem persönlichen Austausch liegt.“

Doch auch die digitale Kommunikation hat Vorteile. So ist der Austausch von Unterrichtsmaterial unter Kollegen digital sehr viel leichter. Oder die gemeinsame Aktualisierung von Materialien z. B. in einer Fachschaft.

Wie holt man neue Lehrkräfte von Anfang an ins Boot?


Entwicklung hin zum digitalen Klassenzimmer.
Am BSZ unterrichten Lehrerinnen und Lehrer mit unterschiedlicher Berufserfahrung. Um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, hat das Projektteam Personas entwickelt. Das sind verschiedene typische Prototypen innerhalb einer Gruppe.


Am BSZ unterrichten viele verschiedene Lehrerinnen und Lehrer. Um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, hat das Projektteam Personas entwickelt. Das sind verschiedene typische Prototypen innerhalb einer Gruppe.

Derzeit ist man im Projektteam des BSZ dabei, Schulungsmodule für die Lehrkräfte zu planen. So kann sich eine neue Lehrerin schon vor Arbeitsantritt informieren, wenn sie das möchte. „Wir haben dabei alle neuen Lehrkräfte im Blick“, sagt Benjamin Groß. Neben den jungen Quereinsteigern, die vielleicht noch nie unterrichtet haben, sind die Schulungen auch für ältere Kollegen geeignet, die mit Digitalisierung noch nicht viel Erfahrung haben.

Geplant ist zum Beispiel ein Schul-Wiki, in dem alle wichtigen Informationen gesammelt werden und ein „Digital-Paten-System“. Auch selbstgedrehte Lehrvideos sind in Arbeit und werden den neuen Lehrkräften neben den bestehenden Anleitungen zum Beispiel für Microsoft Teams zur Verfügung gestellt.

Agiles Arbeiten und eine gute Projektbegleitung machen die Umsetzung möglich


Agiles Projektmanagement an Schulen
Das Projekt wurde in viele kleine Etappen unterteilt. © Diakoneo/ I-DIA

Ein anspruchsvolles Projekt und das obwohl die Organisation rund um die Pandemie ohnehin viel von den Beteiligten abverlangt. Möglich wurde die Umsetzung durch ein agiles Projektmanagement. „Wir gehen immer kleine Schritte“, beschreibt Benjamin Groß die Arbeitsweise. „Es ist echt klasse, was hier schon alles geschafft wurde“, so Barbara Hörner. Das entspannte Miteinander und die Bereitschaft, sich mit Herzblut einzubringen, beeindrucken sie sehr.

Wir können uns gut vorstellen, uns auch mit anderen Schulen zu vernetzen.

Benjamin Groß lobt die „wahnsinnig gute Projektbegleitung“ durch Barbara Hörner und Michael Zirlik von I-DIA. „Das agile Arbeiten ist für die Schule ein absoluter Zugewinn.“

Der stellvertretende Schulleiter möchte die Projektergebnisse am BSZ auch mit anderen teilen: „Wir können uns gut vorstellen, uns auch mit anderen Schulen zu vernetzen.“


Kontakt BSZ

Das BSZ in Neuendettelsau 
 

Das Berufliche Schulzentrum von Diakoneo in Neuendettelsau besteht aus fünf berufsbildenden Schulen:

  • Diätassistent (m/w/d)
  • Ergotherapeut (m/w/d)
  • Kinderpfleger (m/w/d), auch in Teilzeit
  • Sozialbetreuer und Pflegefachhelfer (m/w/d)
  • Erzieher (m/w/d)

Zur Website

Benjamin Gross, stellvertretender Schulleiter BSZ Neuendettelsau
Benjamin Groß ist stellvertretender Schulleiter am BSZ in Neuendettelsau.
Barbara Hörner, I-DIA Projektmitarbeiterin
Barbara Hörner von I-DIA betreut das Projekt als Scrum-Master.
Michael Zirlik, Projektleiter I-DIA
Michael Zirlik leitet das Projekt I-DIA.
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