Wie wir heute und in Zukunft lernen werden: Digitalisierung auf dem Löhe-Campus
Digitale Medien im Unterricht am Beispiel der Laurentius-Realschule Neuendettelsau
Zweiter Teil der Serie „Digitalisierung an Schulen“
Erfahren Sie in Teil 2 der Serie „Digitalisierung an Schulen" mehr über das Medienkonzept der Laurentius-Realschule und wie die Digitalisierung unsere Art zu lernen und unsere Schulen verändern wird.
Der erste Teil dreht sich um die Digitalisierung an Förderzentren.
Medienbildung ist zu einem wesentlichen Bestandteil der Allgemeinbildung geworden. Schülerinnen und Schüler benötigen Kenntnisse über die Funktionsweise digitaler Medien und die Fähigkeit zu einem selbstbestimmten Umgang mit ihnen, um sich in einer zunehmend digitaler werdenden Welt zurechtzufinden. Die Entwicklung von Medienkompetenz gehört daher zu den fachlichen und fachübergreifenden Bildungszielen aller Schularten von Diakoneo.
Ziel des Neuendettelsauer Bildungsträgers ist es zudem, den Schulen eine zukunftsfähige und stabile IT-Umgebung zur Verfügung zu stellen, den Support-Aufwand zu minimieren und damit die Lehrkräfte zu ermutigen und zu motivieren, neue Medien auf vielfältige Weise im Unterricht einzusetzen und gemeinsame didaktische Konzepte zu entwickeln.
Dezentrale Medienkompetenzteams in allen Schulen des Trägers gestalten den digitalen Wandel aktiv mit. Die Teams entwickeln Medienkonzepte, die zum Beispiel Fragen klären, wie
- „Welche technische Ausstattung benötigen wir an unserer Schule?“,
- „In welcher Form können wir unseren Schülerinnen und Schülern einen verantwortungsvollen Umgang mit den neuen Medien vermitteln?“,
- „Wie können digitale Medien unseren Unterricht sinnvoll unterstützen“ oder auch
- „Welche Fortbildungen brauchen unsere Lehrkräfte hierfür?“.
Im Zentralschulhaus auf dem Löhe-Campus sind die Laurentius-Realschule und das Laurentius-Gymnasium unter einem Dach beheimatet und nutzen eine gemeinsame IT-Infrastruktur mit eigenem Schulserver. An beiden Schulen werden digitale Medien in vielfältiger Weise im Unterricht eingesetzt. Die Laurentius-Realschule hat vor kurzem ihr Medienkonzept fertiggestellt. Um Einblicke in Medienarbeit der Schule zu erhalten, hat unsere Autorin Sabine Holfelder mit der Schulleiterin Heike Geßner und der Digitalisierungsbeauftragten Christine Hauser gesprochen.
Frage: Was ist ein Medienkonzept und wieso sollte jede Schule eines erstellen?
Heike Geßner: Ein Medienkonzept – auch Medienentwicklungsplan genannt – systematisiert die Medienarbeit einer Schule aus pädagogischer, organisatorischer und technischer Sicht. Das Konzept besteht aus den Komponenten Mediencurriculum, Fortbildungsplanung und Ausstattungsplan. Alle öffentlichen Schulen in Bayern sind vom bayerischen Kultusministerium dazu aufgefordert, ihre Medienarbeit in dieser Form zu systematisieren. Dies ist ein Bestandteil des Förderprogramms „Masterplan Bayern Digital II“.
Die privaten evangelischen Schulen von Diakoneo haben sich an dieses Vorgehen angeschlossen. Um den digitalen Wandel an unserer Schule aktiv zu gestalten und zu planen brauchen wir ein Konzept, in dem strategische Überlegungen beschrieben, Qualitätsziele definiert und konkrete Maßnehmen festgelegt werden.
Frage: Wie ist das Medienkonzept an der Realschule Neuendettelsau entstanden?
Heike Geßner: An unserer Schule und am Laurentius-Gymnasium werden bereits seit 2016 Tablets im Unterricht genutzt. Dafür gab es bereits ein „Tablet-Konzept“. An allen Schulen von Diakoneo gibt es Arbeitsgruppen, die das individuelle Medienkonzept der jeweiligen Schule ausarbeiten. Im Medienkompetenzteam der Realschule waren fünf Lehrkräfte und ich als Schulleiterin an der Entwicklung des Medienkonzepts aktiv beteiligt.
Frage: Welche Ziele sind in diesem Konzept definiert?
Heike Geßner: Ein strategisches Ziel der Diakonie Neuendettelsau ist die Digitalisierung. Heruntergebrochen auf uns bedeutet das, die Schule mit einer zukunftsfähigen Ausstattung zu versorgen und eine funktionierende technische Infrastruktur bereitzustellen. Das ist die Basis.
Darüber hinaus soll der Einsatz digitaler Medien immer zielgerichtet und geplant erfolgen. Ein wichtiges Qualitätsziel ist es daher, dass Medien didaktisch gut überlegt und sinnvoll als unterstützender Bestandteil des Unterrichts in alle Jahrgangsstufen eingesetzt werden. Online-Angebote sollen außerdem auch über den Unterricht hinaus für alle Beteiligten verfügbar sein, z. B. über unsere Moodle-Lernplattform, die von allen Schulen auf dem Löhe-Campus genutzt wird. Ein weiteres Ziel ist es, die Lesekompetenz zu fördern – als notwendige Voraussetzung für den selbstbestimmten und kompetenten Gebrauch aller Medien. Schülerinnen und Schüler müssen in der Lage sein, Informationen online zielgerichtet zu recherchieren und die Verlässlichkeit der Quellen zu beurteilen. Nicht zuletzt ist es unser Ziel, die Zusammenarbeit mit den Eltern im Hinblick auf die Medienerziehung zu stärken.
Frage: Welche digitale Medien und Hilfsmittel werden in der Schule eingesetzt und welche Vorteile bietet das?
Christine Hauser: Statt der klassischen Tafeln setzen wir an der Laurentius-Realschule und am Laurentius-Gymnasium in den Klassenzimmern Whiteboards ein. Diese digitalen Tafeln funktionieren im Prinzip wie ein großer Touch-PC. Hierüber können wir als Lehrkräfte während des Unterrichts etwas im Internet zeigen oder Dateien, die wir für den Unterricht vorbereitet haben, mit einem Stick aufspielen. Im Zusammenspiel mit Dokumentenkameras können auch Schriftstücke von Schülerinnen und Schülern eingelesen und gezeigt werden, um sie mit der gesamten Klasse zu besprechen. Grundsätzlich erleichtern die digitalen Tafeln die Visualisierung von Inhalten erheblich. Wir können auch mit interaktiven Lernelementen arbeiten oder Videos zeigen. Das ermöglicht in der Klasse eine viel intensivere Auseinandersetzung mit den Inhalten. Mit der ganzen Klasse können wir ein Thema so gemeinsam erarbeiten.
Die Realschule und das Gymnasium verfügen außerdem über zahlreiche Windows-Tablets und iPads zu Unterrichtszwecken. Schülerinnen und Schüler können in Einzelfällen auch ihre eigenen Geräte im Unterricht verwenden. Um damit gut arbeiten zu können, wird im Zuge der Generalsanierung des Schulhauses überall W-LAN vorhanden sein.
Digitale Medieninhalte sind auch im bayerischen Lehrplan vorgesehen. In den Unterrichtsbüchern werden die Inhalte auch immer mehr mit digitalen Anteilen verknüpft, wie zum Beispiel kann man mittels Code oder Link auf ergänzende Videos oder digitale Tests zugreifen. Hier sind wir an einem Testprojekt beteiligt.
Nicht nur im Unterricht, sondern auch zur Schulorganisation arbeiten wir digital. Moodle wird z. B. als Lernplattform genutzt aber auch, um Termine mit der Klasse abzustimmen oder Umfragen durchzuführen. Den Bedarf für einen sinnvollen Förderunterricht ermitteln wir beispielsweise per Online-Diagnose. Zur Kommunikation mit den Eltern nutzen wir ESIS. Hierüber versenden wir z. B. digitale Elternbriefe. Auch Zeitfenster bei Elternsprechtagen können hier gebucht werden. Erziehungsberechtigte können über die dazugehörige App auch Entschuldigungen einreichen, die gleich durch die Verknüpfung mit unserem Absenzenprogramm digital erfasst werden.
Frage: In welchen Unterrichtsfächern werden digitale Medien eingesetzt?
Heike Geßner: Bei uns gibt es keine speziellen Tablet-Klassen. Sondern der Einsatz von digitalen Medien wird in unterschiedlichen Fächern integriert. Ziel ist, dass digitale Medien fächerübergreifend eingesetzt werden.
Zum Beispiel nutzen alle Lehrkräfte der Fachschaft Mathematik den sog. „Mathematik-Stick“ am Whiteboard. Berechnete Ergebnisse können damit nicht nur schriftlich dargestellt, sondern visualisiert werden. Damit entstehen Formen und Kurven vor den Augen der Schülerinnen und Schüler und Rechenerfolge werden besser sichtbar und begreifbar. Das sorgt für einen ganz anderen Umgang mit den Lerninhalten. In den Klassen wird über Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Diese werden gemeinsam und explorativ gefunden. Damit werden gleichzeitig wichtige Fähigkeiten trainiert, wie die Fähigkeit zur Kollaboration und Problemlösungskompetenz.
Ein anderes Beispiel: Im Musikunterricht werden die digitalen Tafeln genutzt, um Filme zu zeigen, z. B. über einen Komponisten oder von Konzerten. Oder wir nutzen auf den iPads eine App als virtuelle Klaviertastatur. Immer ist auch die Verknüpfung der digitalen und realen Welt Thema. Schülerinnen und Schüler spielen reale Instrumente anhand der Noten, die auf dem Whiteboard gezeigt werden. Wenn die Noten über Farben dargestellt werden, die auch auf der Instrumententastatur markiert sind, kann jeder mitmachen – auch wenn er noch keine Noten lesen kann. Generell bietet die Digitalisierung auch große Chancen für Menschen mit Handicaps, denen das Lernen erleichtert wird.
Frage: Wie lernen die Schülerinnen und Schüler, wie man mit den Chancen und Risiken der neuen Medien richtig umgeht?
Christine Hauser: Dies erfolgt fächerübergreifend. In allen Unterrichtsfächern werden Inhalte zu Technik, Sicherheit und Ethik thematisiert, sobald wir im Unterricht digitale Medien einsetzen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten eine grundsätzliche Einweisung in die Geräte oder lernen, wie man z. B. Benutzerkonten anlegt, sichere Passwörter vergibt, wie man Inhalte zielgerichtet recherchiert und die Glaubwürdigkeit von Quellen beurteilt. Die Kinder und Jugendlichen sind zwar alle „digital natives“ aber oft haben wir festgestellt, dass viele gerade hierbei Unterstützung und Orientierung benötigen.
Zum anderen sind im Lehrplan auch feste Module im Deutsch- oder IT-Unterricht vorgesehen. Teil des IT-Unterrichts ab der sechsten Klasse ist zum Beispiel der Medienführerschein Bayern. Hier geht es vertieft um oben erwähnte Themen, wie Handhabung, Technik und Sicherheit im Netz.
Im sozialen Kompetenztraining für die fünften Klassen wird darüber hinaus thematisiert, „was man im Internet darf und was nicht“. Auch Themen wie „Cybermobbing“ und „Persönlichkeitsrechte“ werden hier behandelt. Hier ist auch stark unsere psychologische Beratungsstelle eingebunden.
Auch die Eltern spielen in Bezug auf die Medienerziehung eine große Rolle. Eine intensive Zusammenarbeit ist uns ganz wichtig. Erst kürzlich haben wir einen digitalen Elternbrief verschickt, der Empfehlungen zum Verhalten in WhatsApp-Gruppen beinhaltet. Bereits mehrmals wurden Elternabende mit den Themen „Gefahren der Handynutzung“ durchgeführt.
Frage: Wie unterstützen Sie die Lehrkräfte dabei, die Digitalisierung sinnvoll zu nutzen?
Christine Hauser: Hierzu sind einige Maßnahmen im Medienkonzept definiert. Es werden regelmäßig schulinterne Fortbildungen fürs Kollegium angeboten (z. B. zu Themen wie Moodle, Whiteboards, Windows Tablets und iPads). Interessierte Lehrkräfte treffen sich im „Café Digital“. Nach dem Motto „Lehrer helfen Lehrern“ werden sie hier von spezialisierten Kolleginnen und Kollegen geschult. Auch bei zentralen Veranstaltungen wie Lehrerkonferenzen und Fachsitzungen steht das Thema oft auf der Agenda.
Frage: Welche Fähigkeiten werden in einer zunehmend digitaler werdenden Welt wichtiger? Wie sieht die Schule der Zukunft aus?
Heike Geßner: Es gibt nach dem sog. „4K-Modell“ vier zentrale Fähigkeiten, die für Lernende im 21. Jahrhundert von herausragender Bedeutung sind: Kommunikation, Kritisches Denken, Kreativität und Kollaboration. Der Unterricht hat sich diesbezüglich in den letzten Jahren schon grundlegend verändert – hin zum kompetenzorientierten, selbsterarbeiteten Lernen und Entwickeln von eigenständiger Problemlösungskompetenz. Zukünftig werden digitale Medien noch viel mehr als sinnvolle Ergänzung im Unterricht eingesetzt werden. Doch die Medien allein machen noch keinen guten Unterreicht. Gute Lehrkräfte werden auch in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen –verstärkt als Moderator und Richtungsweiser.