Nutzerzentrierte Gestaltung von digitalen Medien für Menschen mit kognitiven Einschränkungen

Ein Projekt in der Diakoneo Werkstatt Bruckberg


Jan Schierreich arbeitet seit Dezember 2018 in der Diakoneo Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in Bruckberg und begleitet die Entwicklung und Einführung des diBAss-Forschungsprojekts in der Werkstatt von Anfang an. „Die Digitalisierung kann gerade für Menschen mit Behinderung eine wertvolle Hilfe im Alltag sein. Leider gibt es bislang nur wenige Anwendungen, die den Alltag von Menschen mit kognitiven Einschränkungen erleichtern. Das Assistenzsystem diBAss ändert das endlich. In unserer Werkstatt ist Digitalisierung direkt erlebbar“, so der Sozialpädagoge.

Worum geht es bei dem Projekt? Ulrike Englmann hat mit der Projektleitung Jan Schierreich in Bruckberg gesprochen.

diBAss steht für digital Blended Assistance. Übersetzt bedeutet das „technisches Hilfsmittel, welches in den Lebensalltag eingemischt ist“. Damit ermöglicht diBAss den ergänzenden Einsatz von digitalen Lernmedien zur Unterstützung bei der beruflichen Qualifizierung von Menschen mit kognitiven Einschränkungen. Digitale Lernmedien sollen das Erlernen einer beruflichen Tätigkeit erleichtern. Die dafür entwickelte diBAss-App erklärt die durchzuführenden Aufgaben verständlich und Schritt für Schritt. Genutzt werden dafür Tablets, die die Beschäftigten selbst bedienen. Damit das möglich ist, ist die App besonders einfach zu bedienen und kann individuell auf die Bedürfnisse der Beschäftigten angepasst werden.


Wer ist an dem Projekt beteiligt?

Hinter dem Projekt stehen insgesamt vier Unternehmen: Diakoneo mit der Werkstatt Bruckberg, in der die Umsetzung mit der Zielgruppe stattfindet. Hier liegt die Projektkoordination. Weiterhin sind beteiligt die Technische Universität Ilmenau, die sich mit der Benutzerfreundlichkeit und der wissenschaftlichen Grundlage befasst, die Firma M.I.T e-Solutions GmbH, welche sich mit der Programmierung der App beschäftigt, und die Firma Livingsolids GmbH, die sich im Projekt mit den Themen Objekterkennung und Virtual Reality beschäftigt.
Gefördert wird das Projekt bis Ende Mai 2021 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF); der Europäischen Union (EU) und den Europäischen Sozialfonds für Deutschland (ESF). „Danach werden wir eine funktionierende und fehlerfreie App präsentieren können, die vielen Menschen zu mehr Selbstständigkeit verhelfen kann“, erklärt Jan Schierreich.

Welche Ziele werden mit der App verfolgt und wie funktioniert sie?

Ziel der App ist es, Menschen mit kognitiven Einschränkungen – unabhängig vom Alter, Fähigkeiten oder Vorerfahrungen – darin zu unterstützen, ihre beruflichen Aufgaben in den Bereichen Hauswirtschaft, in der Werkstatt oder auf Außenarbeitsplätzen selbständig zu bewältigen. Hierfür wird als technisches Hilfsmittel ein Tablet genutzt, auf dem die App installiert ist. Mit Hilfe von Anweisungen, die aus Fotos, Videos, Tonbausteinen und oder Texten bestehen können, können die Nutzer und Nutzerinnen Arbeitsabläufe genau nachvollziehen und bei Bedarf jederzeit wiederholen. So können sie Handlungsabläufe, die sie bereits kennen, nach einer Unterbrechung wieder aufnehmen oder vollkommen neue Situationen nachvollziehen und selbstständig umsetzen. Neben der Unterstützung im beruflichen Umfeld, ermöglicht es die App auch, einen verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien zu erlernen.

Bei dem Assistenzsystem handelt es sich nicht um ein standardisiertes Programm, das einfach abläuft, sondern die Anleitungen in der App werden vom Betreuer oder der Betreuerin in mehreren Arbeitsschritten individuell für die Nutzer erstellt und auf sie abgestimmt. Die Vorgehensweise richtet sich danach, ob der oder die Anwender/-in lesen kann, Tonbausteine oder Leichte Sprache benötigt oder ob Bilder oder Videos besser geeignet sind. Auch die jeweiligen Vorlieben der Anwender/-innen können bei der Erstellung berücksichtigt werden.
Wenn bei der Nutzung des Assistenzsystems im praktischen Arbeitsablauf Fragen oder Schwierigkeiten entstehen, kann aus der Aufgabe heraus der Betreuer oder die Betreuerin angerufen werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, nach jedem Einzelschritt oder auch nach Erledigung der gesamten Aufgabe, durch die Nutzung der mitgelieferten Objekterkennung zu kontrollieren, ob sich Fehler eingeschlichen haben und wie diese behoben werden können.

Besonders macht die App vor allem die hohe Individualisierbarkeit. So kann das ganze System farblich angepasst werden und verschiedene Helfer (Tiere, Menschen, Gegenstände…) je nach Vorliebe ausgewählt werden, die mit den Beschäftigten interagieren. Elemente wie Vorlesefunktion, Fortschrittsanzeige und Anruffunktion erweitern die Möglichkeiten, das System individuell anzupassen.


So sieht die App aus (bitte klicken Sie auf das erste Bild):

Anwendung von diBAss in der Diakoneo Werkstatt Bruckberg

„Inzwischen ist das Projekt in der Diakoneo Werkstatt in Bruckberg soweit fortgeschritten, dass wir einen funktionsfähigen Prototypen vorliegen haben und diesen testen können“, berichtet Jan Schierreich. „Aus der Werkstatt hatten sich circa 60 Beschäftigte gemeldet, die sich am Projekt beteiligen wollten. Aus dieser Gruppe haben wir dann 34 Beschäftigte ausgesucht, um eine möglichst bunte Testgruppe bilden zu können. Für diese Gruppe haben wir die App dann auch entwickelt, damit sie später möglichst viele Beschäftigte nutzen können. Mittlerweile konnten wir zahlreiche Testläufe mit 30 Mitarbeitenden (Leitungen, Gruppenleitern, Pflege- und Hauswirtschaftskräften) durchführen und haben die App im Anschluss auch mit unserer 34-köpfigen Beschäftigtengruppe getestet. Das Feedback und die Anregungen der Kollegen fließen in die Weiterentwicklung der App ein, denn alle sollen die App ohne Probleme benutzen können. Betreuer und Betreuerinnen sollen so einfach wie möglich Anleitungen für ihre Beschäftigten erstellen können. Wir haben unglaublich viel positives Feedback erhalten. Das freut uns natürlich aber spornt uns auch weiter an eine sinnvolle App zu entwickeln.“

Wenn alle Testläufe abgeschlossen sind, wird das Assistenzsystem endgültig in der Werkstatt implementiert. Vorab finden bereits regelmäßig Mitarbeiterschulungen statt. Die Technikaffinität unserer Werkstattbeschäftigten ist sehr hoch, so dass wir davon ausgehen, dass die Einführung reibungslos verläuft und ein großer Erfolg wird.“

Bei Interesse am Assistenzsystem diBAss können Sie sich direkt an die Projektleitung Herrn Jan Schierreich wenden. Für weitere Informationen besuchen Sie die Website des Projektes diBAss. Dort finden Sie auch einen Flyer und nähere Informationen zu den Partnerfirmen und der Zielgruppe.


Das Projekt diBAss wird im Rahmen des Programms „Inklusion durch digitale Medien in der beruflichen Bildung“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert. Neben der Werkstatt Bruckberg arbeiten die technische Universität Ilmenau sowie M.I.T e-Solutions GmbH und LIVINGSOLIDS GmbH an der Umsetzung des Projektes. 


Kontakt Projekt diBass

Jan Schierreich

Projektleitung diBAss

DIAKONEO KdöR

Werkstatt Bruckberg
An der Steinleiten 7
91590 Bruckberg

Telefon: +49 9824 58-605
E-Mail schreiben

Projektwebsite

DiBass im Video - Medientechnologie TU Ilmenau

Das Forschungsprojekt diBAss - "Digitales Assistenzsystems für kognitiv eingeschränkte Menschen im sozialen Berufsumfeld" wird vom 01. Oktober 2018 bis zum 31. März 2021 am Fachgebiet Medienproduktion der Technischen Universität Ilmenau in Kooperation mit weiteren Projektpartnern durchgeführt.
Mehr dazu im Video:

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Das Projekt wird gefördert durch:
Jan Schierreich koordiniert das Projekt diBass in der Werkstatt Bruckberg.
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