Impulsgeber und Alltagscoach: Wie sieht der Arbeitsalltag im Ambulant Begleiteten Wohnen aus?

Für die Mitarbeiter im Begleiteten Wohnen stehen die Ziele der Kunden im Mittelpunkt

Das Ambulant Begleitete Wohnen ist ein Arbeitsbereich der Offenen Hilfen Bayreuth-Kulmbach und richtet sich an Menschen mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung, die selbständig in ihrer eigenen Wohnung leben können und möchten.

Dabei werden sie von Heilerziehungspflegern und Erziehern begleitet und unterstützt. Diese erfahrenen Fachkräfte machen es möglich, dass die Kunden ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen können.

Wie sieht der Arbeitsalltag dieser Fachkräfte im Ambulant Begleiteten Wohnen (ABW) aus? Welche Aufgaben erfüllen Sie? Wie wichtig ist die Arbeit im Team?

Günter Binger leitet bei Diakoneo die Offenen Hilfen Bayreuth-Kulmbach.
Maria Mohr hat ihn mit seinen Kolleginnen Lisa Sollik und Sandra Beck zu drei Kunden begleitet. 



Selbständigkeit geht durch den Magen: Ein Besuch bei Jörg H. in Neuenmarkt


Kunde im Ambulant Betreuten Wohnen
Beim Kochen macht Jörg H. so schnell keiner etwas vor. Der 54jährige lebt selbstständig in einer eigenen Wohnung in Neuenmarkt und wird von den Fachkräften des Ambulant Begleiteten Wohnens in Himmelkron unterstützt. © Diakoneo


Sauerbraten, Schwammerlsoßen oder Rinderbraten: In der sauberen und penibel aufgeräumten Küche von Jörg. H. in Neuenmarkt sind schon viele Köstlichkeiten entstanden. Aktuell köchelt auf dem Herd Schweinebauch mit Rührei vor sich hin.
Nach dem Tod seiner Mutter, mit der Jörg H. früher zusammen gewohnt hat, stellte sich die Frage, wo und wie er zukünftig leben sollte. Inzwischen ist der 54-jährige in eine Zwei-Zimmer-Wohnung in einer ehemaligen Eisenbahner-Wohnanlage gezogen. 

Die Ziele der Kunden stehen im Ambulant Begleiteten Wohnen im Mittelpunkt

„Wir unterstützen die Kunden dabei, ihre Ziele zu erreichen.“, sagt Günter Binger. Wichtig ist ihm dabei: „Es muss klar sein: Es sind die Ziele des Kunden, nicht unsere Ziele.“ Diese Ziele sind zwischen dem Kunden, dem Kostenträger und den Offenen Hilfen als Grundlage der Zusammenarbeit vereinbart. Für Jörg H. steht die Unterstützung bei der Organisation seines Alltags im Mittelpunkt.
Dabei steht ihm die ABW-Mitarbeiterin der Offenen Hilfen Lisa Sollik zur Seite. Sie unterstützt ihn beim Einkaufen und hat zusammen mit ihm seine Finanzen im Blick. Auf gemeinsamen Spaziergängen besprechen sie, was für Jörg H. im Alltag gut läuft und wo es Probleme gibt. Auch seine sozialen Kontakte behält Lisa Sollik im Auge.

Wobei sich Jörg H. über zu wenige Kontakte nicht beklagen kann: „In der Nachbarschaft bin ich bekannt wie ein bunter Hund“, sagt er. Schließlich ist er sehr hilfsbereit und hilft zum Beispiel beim Holzschlichten.
Für die Zukunft hat Jörg H. für sich zwei große Ziele: Er möchte Lesen und Schreiben lernen und den Führerschein machen.


Kunde im Ambulant Betreuten Wohnen
Wie lange reichen die Vorräte noch? Lisa Sollik unterstützt Jörg H. bei der Planung seiner Einkäufe. © Diakoneo / Günter Binger

Benny H. hat den Sprung aus der Wohngruppe in die Selbstständigkeit geschafft

Kunde im Ambulant Betreuten Wohnen
Die Couch steht, die Schrankwand fehlt noch: Benny H. in seiner Wohnung. © Diakoneo/ Günter Binger

Bevor Benny H. im April aus der Wohngruppe im gemeinschaftlichen Wohnen in Himmelkron in seine eigene Wohnung ziehen konnte, war viel zu tun. In der Wohnung gab es viel zu renovieren. Günter Binger und sein Team sind noch dabei, zusammen mit Benny H. Möbel zu besorgen und besprechen den Transport einer Schrankwand an diesem Nachmittag. Doch der 34jährige hat schon viel geschafft. Stolz präsentiert er den neuen Herd und neue Elektrogeräte in der Küche.

Benny H. arbeitet in der Schreinerei in der Werkstatt Himmelkron. Er berichtet von seinem „Sprung in die Selbständigkeit“, den er aus der Wohngruppe in Himmelkron gewagt hat.
Auch Benny H. wird von Lisa Sollik begleitet. Für ihn steht das Ziel, Kontakte am neuen Wohnort zu knüpfen, zurzeit an oberstes Stelle. Der Kontakt zur Freiwilligen Feuerwehr konnte schon hergestellt werden.

Einfühlungsvermögen ist wichtig für die Arbeit

Gemeinsame Arbeit mit dem Kunden
Sandra Beck (links) unterstützt Verena A. beim Kampf gegen die Papierflut: Sie sortieren offizielle Briefe, beantworten sie und heften die Dokumente ab. © Diakoneo/ Maria Mohr

Verena A. wohnt bereits seit einigen Jahren in einer gemütlichen Zwei-Zimmer-Wohnung in Bayreuth. Ständige Hausgenossen sind mehrere Katzen. Die junge Frau arbeitetet in einem inklusiven Café in Bayreuth.
Sie wird seit Februar 2021 vom Team des Ambulant Begleiteten Wohnens der Offenen Hilfen Bayreuth Kulmbach unterstützt. „Vorher wurde sie von einem anderen Dienst begleitet und dann gab es eine längere Lücke in der Betreuung.“, erzählt Sandra Beck. „Deswegen ist im Haushalt und auch bei ihren Unterlagen einiges liegen geblieben.“
Bei Verena A. ging es zunächst darum, ihr Vertrauen zu gewinnen und sie zu überzeugen, sich helfen zu lassen. Schließlich lässt man nicht gerne fremde Menschen in seine Wohnung.
Mittlerweile klappt die Zusammenarbeit gut. Verena A. und Sandra Beck pflegen als Strukturierungshilfe einen gemeinsamen Kalender, in den die junge Frau alle wichtigen Termine einträgt, die sie nicht vergessen darf.
Bei Verena A. ist Sandra Beck auch Ratgeberin in Sachen Partnerschaft und Beziehung. Inhalte ihrer Gespräche sind dann Fragen wie „Was ist Ok in einer Beziehung? Was nicht? Wann muss ich Nein sagen? Was sind meine Rechte?“

Wie viele Mitarbeitende sind im Ambulant Begleiteten Wohnen für einen Kunden zuständig?

Die Kunden bekommen in der Regel zwischen zwei und acht Stunden Betreuung in der Woche. Je nach Stundenzahl sind einem Kunden ein bis drei Begleiter zugeteilt. Ein Mitarbeiter übernimmt die Koordination und die Terminplanung und hält den Kontakt zur gesetzlichen Betreuerin oder dem Betreuer des Kunden.
Darüber hinaus sind in dem Kleinteam alle Mitarbeitenden gleichberechtig.
Die Fachkräfte im Ambulant Begleiteten Wohnen unterstützen ihre Kunden auch bei Herausforderungen. „Unsere Kunden können ihre Probleme und Konflikte sehr gut formulieren. Wir versuchen sie dabei auch zu unterstützen, dass die Kunden genau benennen, wann und wo sie Unterstützungsbedarf haben.“, sagt Günter Binger.
Dass die Kunden ihre Ziele und Wünsche gut benennen können, ist im Ambulant Begleiteten Wohnen wichtig. Denn die Mitarbeitenden müssen für den Kostenträger jährlich neu bewerten, ob sich die Ziele und damit auch der Begleitungsbedarf geändert haben. Das machen sie gemeinsam mit den Kunden.

Wie sieht der Arbeitsalltag im Ambulant Begleiteten Wohnen aus?

Arbeitszeiten:

  • In der Regel Teilzeitarbeit mit flexibel angepasster Stundenzahl

  • Hauptarbeitszeit ist am Nachmittag und Abend, da die Kunden tagsüber meist in einer Werkstatt oder einem Außenarbeitsplatz beschäftigt sind
  • Arbeit am Wochenende ist die Ausnahme

Arbeitsorganisation:


  • Die Mitarbeitenden sind in der Regel in Kleinteams für einen Kunden zuständig.
  • Selbständiges Arbeiten aus der eigenen Fachlichkeit heraus.


Welche Kompetenzen braucht ein Mitarbeitender im Ambulant Begleiteten Wohnen?

  • (Heil-)pädagogische Fach Kompetenzen
  • Selbstständigkeit
  • Persönliche Kompetenzen, wie zum Beispiel:
    • Selbstsicherheit
    • Fähigkeit zur (Selbst-)Reflexion
    • Fähigkeit, sich abzugrenzen bzw. die eigenen Grenzen wahrzunehmen


Welche Unterstützung gibt es für Mitarbeitende?


  • Monatliche Teambesprechungen
  • Supervision
  • Jahresgespräche
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Günter Binger leitet die Offenen Hilfen Bayreuth-Kulmbach von Diakoneo.
Günter Binger leitet die Offenen Hilfen Bayreuth-Kulmbach von Diakoneo.
Arbeiten mit Menschen mit Behinderung in Himmelkron
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