Wenn das Hirn tot ist, das Herz aber noch schlägt
In Deutschland reicht die Zahl der Spender-Organe bei Weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken. Im Januar dieses Jahres scheiterte im Bundestag die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eingereichte Widerspruchslösung zur Organspende. Der vorgelegte Gesetzentwurf hatte vorgesehen, dass künftig jeder als Organspender gilt, es sei denn er spricht sich zu Lebzeiten dagegen aus. Doch auch künftig braucht es nun zur Organspende die bewusste Einwilligung der Spender.
Bereits vor dem Entwurf des Gesundheitsministers machte sich die Fachkraft für Intensivpflege und Anästhesie am Diakoneo Diak Klinikum, Angelina Sebek, Gedanken zum Thema: wenn der Tod Leben rettet. Ihre Ausarbeitung widmet sie der Pflegesituation von Patienten nach einer Hirntoddiagnostik, im Übergang zu einer möglichen Organspende.
Die Diagnose Hirntot wird auch im Schwäbisch Haller Klinikum nicht oft gestellt. Im Durchschnitt kommen pro Jahr vier Patienten für eine Organtransplantation in Frage. Dr. Wolfgang Ullrich, Oberarzt in der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin und Transplantationsbeauftragter am Diak, weißt darauf hin, dass es in den letzten beiden Jahren in keinem Fall zu einer tatsächlichen Spende kam.
Organspende in der Intensivpflege: nachhaltig sprachfähig für die Angehörigen
Angelina Sebek beschäftigte sich im Rahmen ihrer zweijährigen Weiterbildung zur Intensivpflege an der Diakademie mit dem Thema Organspende aus der Sicht der Pflege, die intensive Betrachtung ethischer Aspekte aber auch der Umgang und die Gespräche mit den Angehörigen, waren Teil ihrer Ausarbeitung. Sebek möchte Pflegekräfte sensibilisieren, ermutigen und zum Thema Organspende nachhaltig sprachfähig machen. Dieses außergewöhnliche Engagement nahm auch die Deutsche Stiftung für Organtransplantation (DSO) wahr. Die Baden-Württembergische Koordinatorin Martina Schimmer ist Dozentin an der Schwäbisch Haller Diakademie für Fort- und Weiterbildung und ermutigte die 29-jährige zusammen mit Weiterbildungsleiter Rainer Wagner, ihre Arbeit einzureichen.
Es ist wichtig, sich persönlich mit der Frage auseinanderzusetzen, sie nicht auf eine unbestimmte Zeit später zu verschieben.
„Durch die Diskussion um die Widerspruchslösung ist die Organspende wieder in der öffentlichen Wahrnehmung, selbst in der gegenwärtigen Corona Pandemie verliert das Thema nicht an Bedeutung. Es ist wichtig, sich persönlich mit der Frage auseinanderzusetzen, sie nicht auf eine unbestimmte Zeit später zu verschieben, eine Diskussion in der Familie anzustoßen, Freunde einzubeziehen. So werden unsere Angehörigen in einer schweren Phase der Trauer und in einer extremen Ausnahmesituation nicht noch zusätzlich belastet.“ Davon ist die Intensivpflegerin überzeugt. Auch Dr. Ullrich teilt diese Auffassung: „Ich hätte mir einen anderen Ausgang für den Gesetzesentwurf gewünscht, der positive Aspekt der Debatte aber ist, das mittlerweile die Bereitschaft einen Organspendeausweis auszufüllen deutlich gestiegen ist und die Kontakte der Kliniken mit der DSO ansteigt, was aber noch nichts über eine steigende Zahl der Spender aussagt.“ Oft kommt es auch darauf an, welches Organ gespendet wird. Grundsätzlich ist die Bereitschaft ein Organ wie Niere oder Leber zu spenden höher, als zum Beispiel das Herz zur Transplantation zur Verfügung zu stellen, erklärt der Mediziner.
Ausgezeichnet: Einsatz für ein sensibles Thema
Angelina Sebek arbeitet im Schwäbisch Haller Diak Klinikum nachhaltig daran, das Bewusstsein für dieses sensible Thema zu schärfen und stellt ihre Arbeit in den verschiedenen Stationen, beim medizinisch-ethischen Gesprächsabend oder bei anderen Veranstaltungen im Klinikum vor. Die Ausarbeitung versteht sie als Handreichung und Unterstützung und zusammen mit dem Transplantationsbeauftragten und der Diakademie setzen sie sich weiter für das Thema Organtransplantation ein.
Lesen Sie hier fünf Fakten zum Thema Organspende.
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