Arbeiten für Menschen mit Behinderung: Praktika und Außenarbeitsplätze

Für Menschen mit Behinderung bieten sich außerhalb einer WfbM viele Arbeitsmöglichkeiten

Nicole arbeitet in einem Hotel. Roberto kümmert sich im Klinikum Bad Windsheim um den Patiententransport, Kevin hat auf einem Biobauernhof ins Arbeitsleben hineingeschnuppert: In diesem Artikel geht es darum, warum Menschen mit geistiger Behinderung gerne auch außerhalb einer WfbM arbeiten möchten und welche Möglichkeiten es für sie gibt.

Von Maria Mohr

Was ist was: Außenarbeitsplatz und Arbeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt?

Was ist was?

Arbeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt: Arbeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung bedeutet, dass sie eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben, die nicht in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) oder einer ähnlichen Einrichtung stattfindet.

Außenarbeitsplatz: Ein Außenarbeitsplatz für Menschen mit Behinderung ist ein Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, der für Menschen mit Behinderung zugänglich gemacht und entsprechend angepasst wurde.  Die Beschäftigung auf einem Außenarbeitsplatz erfolgt in der Regel durch eine entsprechende Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM).

Ist ein Außenarbeitsplatz immer das gewünschte Ziel?

Willi Ulm leitet die WfbM in Rothenburg o.d.T.  Er sagt „Wir arbeiten immer sehr stark personenzentriert. Der Blick liegt immer auf dem Wunsch des Menschen mit Behinderung.“

Der Anspruch ist, für jeden Menschen einen passenden Arbeitsplatz zu finden. Dieser kann innerhalb der Werkstatt liegen oder auch außerhalb. „Wenn jemand nicht den Wunsch hat, außerhalb der WfbM zu arbeiten, dann akzeptieren wir das.“, so der Fachmann.

Daneben besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass ein Mensch, die Fähigkeit, außerhalb zu arbeiten nicht oder noch nicht hat.

Unser Anspruch ist es, für jeden Menschen einen passenden Arbeitsplatz zu finden.

Ein Beispiel: Ein Mensch mit Behinderung hat den Wunsch, mit Senior*innen in einem Heim zu arbeiten und dort mit ihnen den Tag zu gestalten. Dann wird die Werkstatt aktiv und begibt sich zunächst auf die Suche nach einem Praktikumsplatz. Der Praktikumsplatzplatz wird zusammen mit dem Heim so genau wie möglich auf den Praktikanten zugeschnitten. Die Anforderungen werden an die Möglichkeiten und Fähigkeiten des Menschen mit Behinderung angepasst.
„Der Praktikant kann beim Servieren unterstützen oder den Menschen beim Kaffee trinken helfen“, beschreibt es Willi Ulm.

Da die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderung auch für die Mitarbeitenden in den Praktikumsbetrieben eine gewisse Umstellung bedeutet, ist die Praktikumsphase relativ lang und wird intensiv begleitet.

Mensch mit Behinderung im Praktikum
Kevin (Mitte) hat bereits mehrere Praktika absolviert. So hat er zum Beispiel auf dem Biobauenhof der Familie Baumann gearbeitet.

Was sind die Aufgaben einer Integrationsbeauftragten?

Diese Begleitung fällt in das Aufgabengebiet von Stefanie Zeller. Sie arbeitet als Integrationsbeauftragte in der Werkstatt Rothenburg und organisiert die Praktika.

„Die Beschäftigten kommen zu mir und äußern ihren Wunsch nach einem Praktikum“ erzählt sie.  Gemeinsam besprechen sie, in welchem Bereich das Praktikum stattfinden soll. In der Regel diskutiert sie dann die Vorstellungen des Beschäftigten mit der zuständigen Gruppenleitung.

Wenn alles feststeht, begibt sich Stefanie Zeller auf die Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz.  Sie greift dabei entweder auf ihr bestehendes Netzwerk an Firmen zurück oder knüpft neue Kontakte.

 

Ich stoße auf große Offenheit

Nahezu immer ist die Resonanz bei den Firmen positiv. „Ich stoße eigentlich immer auf eine sehr große Offenheit“, sagt sie. Nach einem ersten Vorstellungtreffen wird ein Zeitraum für das Praktikum vereinbart. Auch um organisatorische Voraussetzungen wie Sicherheitskleidung oder Hygieneschulung kümmert sich die Integrationsbeauftragte.
Am ersten Tag des Praktikums ist sie zu Beginn dabei. „Doch meistens bin ich nach zehn Minuten vergessen“, schmunzelt sie.

Im Verlauf des Praktikums bleibt sie Ansprechpartnerin bei Fragen und Problemen. Wenn alles gut läuft, mündet das Praktikum in einen Außenarbeitsplatz.

Fallbeispiel Nicole K.

Nicole K. arbeite im Housekeeping im „Hotel Eisenhut“ in Rothenburg. Sie liebt an ihrer Arbeit vor allem die gute Stimmung im Team.
Sie sagt: „Housekeeping ist mein Traumberuf.“
Video: Mehr über Nicole und ihre Arbeit

Praktika und Außenarbeitsplätze: wie funktioniert das?

Der Wunsch nach einem Praktikum oder einem Außenarbeitsplatz geht immer vom Beschäftigten aus. Hier möchte Willi Ulm in der Zukunft etwas offensiver vorgehen. „Wir möchten die Außenarbeitsplätze offiziell in der Werkstatt ausschreiben und bewerben.“ sagt er.
Denn: „Manchmal muss der Mensch mit Behinderung etwas motiviert werden, den nächsten Schritt zu gehen und die gewohnte Umgebung zu verlassen.“
Mögliche Arbeitsgebiete für Außenarbeitsplätze sind zum Beispiel Arbeiten im Lager, im Gastgewerbe oder im Garten- und Landschaftsbau.

Die Gesellschaft ist bereit

Einen Mangel an geeigneten Arbeitsplätzen sieht der Werkstattleiter nicht. „“Die Gesellschaft ist bereit, das spüren wir tagtäglich.“ Auch er hat wie seine Kollegin noch keine Firma erlebt, die der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung ablehnend gegenüber steht.
Die Werkstatt Rothenburg ist in Rothenburg mit Firmen und Schulen entsprechend vernetzt und präsentiert ihre Angebote auch auf Messen, um neue Kontakte zu knüpfen.

Fallbeispiel Roberto K.

Roberto (rechts) hat ein Praktikum im Klinikum Band Windsheim absolviert. Dort begleitete er Patient*innen beispielsweise zu Untersuchungen und zurück auf die Zimmer.
Derzeit wird geklärt, ob Roberto im Klinikum einen Außenarbeitsplatz bekommt.

 

WfbM als Ausbildungsbetrieb in der Berufsvorbereitung: Wie sieht die Zukunft der Werkstätten aus?

Große Stärken der WfbMs sieht Willi Ulm in der Berufsvorbereitung. „Wir sind ja zeitlich nicht unter Druck“ sagt er.  Während eine Ausbildung normalerweise zwei oder drei Jahre dauert, hat ein Mensch in der WfbM auch fünf Jahre Zeit, bis er entsprechende Fähigkeiten erworben hat.

Die Vorbereitung auf das Berufsleben sieht der Experte als eine der Hauptaufgaben der WfbM.

Fallbeispiel Kevin M.

Kevin (Mitte) hat bereits mehrere Praktika absolviert. So hat er zum Beispiel auf dem Biobauenhof der Familie Baumann gearbeitet.

Video: was wünscht sich Kevin für seine berufliche Zukunft?

Wunschziel erster Arbeitsmarkt nach Erfolg auf dem Außenarbeitsplatz?

Wenn die Arbeit auf einem Außenarbeitsplatz sowohl für den Beschäftigten als auch für die Firma gut funktioniert, steht der nächste Schritt an: Ist es möglich, den Außenarbeitsplatz in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis umzuwandeln?
Hier ist derzeit die Quote im Bereich der WfbM Rothenburg noch relativ gering. Das hat laut Willi Ulm verschiedene Gründe:
„Ganz oft möchte der Mensch mit Behinderung das nicht“, berichtet er. Das hat auch wirtschaftliche Gründe: Wer in einem sozialversicherungspflichten Arbeitsverhältnis steht, für den fallen viele andere Unterstützungsleistungen weg.

Auch auf Seiten der Firmen und der öffentlichen Einrichtungen wünscht sich der Werkstattleiter hier noch ein gewisses Umdenken.
Er ist aber zuversichtlich: „Wenn wir erst einmal 70 Prozent unserer Beschäftigten auf einem Außenarbeitsplatz vermittelt haben, können wir verstärkt mit den Firmen wegen eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatzes verhandeln.“

Und was ist, wenn es für einen Beschäftigten eines Tages mit dem Außenarbeitslatz nicht mehr funktioniert? Er hat immer die Möglichkeit und die Sicherheit, in die WfbM zurückzukehren.
Willi Ulm: „Und wir suchen dann für ihn den nächsten Arbeitsplatz, der möglichst passgenau ist.“

Fallbeispiele Nasriyya, Thomas und Fernando

Nasriyya aus Rothenburg hat ein Praktikum bei einem Friseur gemacht.
Video: Was war ihre größte Herausforderung im Praktikum?

Fallbeispiel Thomas

Thomas arbeitet in einem Seniorenheim in Bad Windsheim. Ihm gefällt an seiner Arbeit am meisten, dass sie abwechslungsreich ist.
Video: Mehr über Thomas

 

Fallbeispiel Fernando

Fernando hat einen Außenarbeitsplatz im Garten- und Landschaftsbau.
Video: Warum lohnt es sich, auf einem Außenarbeitsplatz zu arbeiten?

 

Werkstätten und Förderstätten bei Diakoneo

Passgenaue Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung bei Diakoneo:

 

 

Diakoneo-Experten
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Von der Werkstatt auf den Außenarbeitsplatz

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